Nur Tobey Maguire überzeugt in der ideologisch überfrachteten Comic-Verfilmung.

Spider Man

Nur Tobey Maguire überzeugt in der ideologisch überfrachteten Comic-Verfilmung.

24.11.2015

Von che

Spider Man

Nach Super- und Batman hat sich Hollywood nun den dritten der vermummten Comic-Helden vorgeknöpft. Dass Spider Man den schon immensen kommerziellen Erfolg seiner Überflieger-Kollegen nochmals übertrumpfen konnte, hat gute Gründe. Im Gegensatz zu dem faschistoiden Schnösel Bruce Wayne (Batman) und dem Spießer Clark Kent (Superman) ist Peter Parker nämlich ein Mensch wie du und ich. Genauer: Ein Bilderbuch-Loser mit dickrandiger Brille, den die Jungs aus seiner Klasse hänseln und die Mädels auslachen.

Als ihm der Biss einer genmanipulierten Spinne übermenschliche Fähigkeiten verleiht, nutzt er das folgerichtig erst mal dazu, dem kraftmeiernden Ekelpaket aus der Schule eins überzubraten. Und auch sein späterer Kampf gegen den verbrecherischen Abschaum New Yorks dient in Wahrheit dem höheren Zweck, der holden Mary Jane (Kirsten Dunst) zu imponieren, die ihn ohne Spinnenhaut für einen bemitleidenswerten Tölpel hält.

Solange sich Regisseur Sam Raimi auf das Spiel mit dieser pubertären Allmachts-Phantasie konzentriert, ist der Film eine recht vergnügliche Sache. Doch nach dem 11.September konnten es sich die Macher offenbar nicht verkneifen, das Bild vom gedemütigten, doch wehrhaften Amerikaner ideologisch zu strapazieren.

Nur so ist zum Beispiel das humorfreie Pathos zu erklären, mit dem Peters Alltag - die schäbige Reihenhaussiedlung, die aufopferungsvollen Großeltern - skizziert wird. Auch Spider Mans Gegenspieler, der Grüne Kobold (Willem Dafoe), ist so abgrundtief böse und vernichtungswütig, dass man sich manchmal eher in einem Kriegsfilm als in einem naiven Wunschtraum wähnt. Am Ende steht dann Peters heroischer Verzicht auf sein ihm nunmehr ergebenes Mädel, weil im Kampf gegen das Böse der ganze Kerl gefordert ist. Denn merke: „Große Macht erfordert große Verantwortung?. Dass Sam Raimi, der mit schrägen Horrorkomödien wie „Evil Dead? berühmt wurde, einmal Hollywoods Ironiker vom Dienst war, schimmert nur in Details durch - etwa bei Spider Mans lachhaft lumpigem Erstkostüm.

Weil auch die Actionszenen mehr eine eitle Technikshow sind als kreativ der Story dienen, ist „Spider Man? alles in allem eine Enttäuschung. Es fehlt ihm die verspielte Leichtigkeit der thematisch verwandten „Zurück in die Zukunft?-Serie. Der temporär aufblitzende Charme ist vor allem den Darstellern zu verdanken. Tobey Maguire spielt seinen Part so treuherzig unheldisch, dass man die Verirrungen der Geschichte oft vergisst, und Kirsten Dunst gewinnt ihrer charakterfreien Rolle immerhin ein perfekt patentes Nachbarsmädel ab. Sie sind zwei gute Voraussetzungen, dass „Spider Man 2?, wenn sich 2004 der ideologische Pulverdampf hoffentlich verzogen hat, ein ungetrübter Kinospaß wird.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 16sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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