Das Casino als Philharmonie?

Stadtrat Ulf Siebert hat eine neue Idee für die Kulturszene: Das Casino könnte umgebaut werden

Nur noch wenige Tage ist das „Casino am Neckar“ das Restaurant von Hans-Peter Horn. Der langjährige Pächter löste seinen Vertrag mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig auf. Die GWG schrieb das geräumige Lokal samt Saal bereits aus, noch in diesem Jahr soll die Konzession neu vergeben werden.

02.12.2016

Von Sabine Lohr

Das Restaurant „Casino am Neckar“ soll eigentlich neu verpachtet werden. Doch es gibt auch andere Begehrlichkeiten: Hier könnten Konzerte beglücken, findet Stadtrat Ulf Siebert. Bild: Metz

Das Restaurant „Casino am Neckar“ soll eigentlich neu verpachtet werden. Doch es gibt auch andere Begehrlichkeiten: Hier könnten Konzerte beglücken, findet Stadtrat Ulf Siebert. Bild: Metz

Doch nun gibt es eine ganz neue Idee für das idyllisch an der Mündung der Steinlach in den Neckar gelegene ehemalige Offizierskasino der Franzosen. Ulf Siebert, Stadtrat der Tübinger Liste, findet, es könnte sich hervorragend als Kultursaal eignen. „Wenn man den Saal in Richtung Parkhaus erweitert, so dass dort Platz für eine Bühne ist, wäre das ein ganz wunderbarer Ort für Konzerte“, sagte er dem TAGBLATT. Zudem gehöre das Gebäude ja bereits der Stadt.

Siebert, der ebenfalls Gastronom ist, hält das Casino als Restaurant „logistisch für eine Katastrophe“ – die Küche sei riesig, die Wege zu den Gästen seien sehr lang. Dazu komme, dass im Saal samstags bis in die frühen Morgenstunden Feste wie etwa Hochzeiten gefeiert würden, das Restaurant aber schon am Sonntag wieder geöffnet habe. Und im Sommer komme auch noch der Biergarten dazu. „Ich verstehe, dass das kaum zu bewältigen ist“, sagt er und winkt auch selber ab: „Niemals würde ich das Casino wollen.“

Kommt das Gebäude als Kultursaal in Frage? „Die Lage ist genial“, sagt dazu die Erste Bürgermeisterin Christine Arbogast, die für Kultur zuständig ist. „Wenn es gehen würde, wäre es phantastisch, direkt am Wasser – es wäre unsere Philharmonie.“ Allerdings hat sie Zweifel wegen der Größe, denn ihrer Schätzung nach passen „höchstens 200 Leute“ in den Saal. „Wenn wir unsere Machbarkeitsstudie ernst nehmen, ist der Saal auch mit Anbau zu klein.“ Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Tübingen einen Kultursaal brauche, in dem 800 bis 1000 Besucher Platz finden.

„Wir wollen das prüfen“, sagt Arbogast. Wenn das Ergebnis dieser Prüfung sei, dass ein Veranstaltungssaal möglich sei, er aber Platz für wesentlich weniger Publikum bieten würde, „dann müssen wir den Bedarf dafür nochmal abfragen.“ Ein Umbau, räumt sie zudem ein, sei zudem immer eine besondere Herausforderung, allein schon wegen der Akustik.

Bisher bringt Pächter Horn rund 180 Gäste in dem 180 Quadratmeter großen Saal unter, wenn er Stuhlreihen aufstellt. Würde eine Bühne angebaut, könnten es ein paar Stuhlreihen mehr sein. Der Raum dahinter ist 58 Quadratmeter groß.

Oberbürgermeister Boris Palmer fasst sich kurz. „Ich unternehme nur dann etwas, wenn die, die sich als Lobby verstehen, das von der Stadt verlangen. Das ist bisher nicht geschehen. Es ist die Initiative eines einzelnen Stadtrats.“ Mit „Lobby“ meint Palmer den Verein „Ein Saal für Tübingen“, der der Machbarkeitsstudie folgt und einen Saal für 600 bis 1000 Gäste will.

In dessen Vorstand ist neben dem ehemaligen Ersten Bürgermeister Michael Lucke und Uni-Kanzler Andreas Rothfuß auch der ehemalige CDU-Stadtrat Albrecht Kühn. „Unser primärer Wunsch ist ein Saal für mindestens 600 Gäste“, sagt er. Der Vorstand freue sich, dass eine Gemeinderatsfraktion ihm helfen wolle, zu einem Saal zu kommen, „denn der OB will das dezidiert nicht“. Die Stadt scheue die jährlichen laufenden Ausgaben für einen derartigen Saal, weshalb Kühn davon ausgeht, dass, „solange Palmer OB ist, aus dem Konzertsaal nichts wird.“

Gleichwohl begrüße es der Verein, dass Sieberts Idee geprüft werde. „Wenn etwa 400 Besucher Platz haben, braucht Tübingen das vielleicht durchaus – aber es ist nicht das, was die Musikszene braucht.“ Eine Konkurrenz zum neuen Sudhaussaal, der in etwa diese Größe haben wird, sieht Kühn nicht: „Das ist eine ganz andere Szene. In einem Casino-Saal könnte es auch Kongresse und Vorträge geben, nicht nur Musik.“ Der Verein aber werde wegen des Casinos nichts forcieren.