Pause in der Pampa

Stellwerkstörung führt zu Bahnzwangshalt

Alle Achtung – auch als langjähriger Bahnkunde erlebt man noch Überraschungen. Am Dienstagabend bin ich mit der Regionalbahn von Reutlingen nach Tübingen gefahren und dachte: 20.44 Uhr, gleich sind wir am Hauptbahnhof, vielleicht kriege ich den Bus noch.

21.04.2016

Von Matthias Reichert

Symbolbild: lagom - Fotolia.com

Symbolbild: lagom - Fotolia.com

Plötzlich bleibt die Bahn stehen, zwischen Schrebergärten und Güterbahnhof. Die Fahrgäste denken nichts Böses, vielleicht steht am Bahnhof noch ein anderer Zug. Eine Durchsage, die wegen des brummenden Motors kaum zu verstehen ist: Irgendwas mit Störung am Stellwerk – und dass es dauern kann.

Der Motor geht aus. Schweigen. Der Waggon ist ziemlich leer, vielleicht sieben Leute. Der junge Mann rechts vorne telefoniert in einer fremden Sprache. Er wirkt gefasst, seine Ruhe überträgt sich auf die Mitreisenden. Ein Psychiatrie-Patient ruft in der Klinik an, dass er es nicht rechtzeitig zurückschafft. Schön, dass jemand auf ihn wartet. Der Motor geht wieder an und nach fünf Minuten wieder aus. Nach 20 Minuten wieder eine Durchsage: „Wir wissen nicht, wie lange die Störung noch dauert.“ So ein Zufall, wir auch nicht. „Wir halten Sie auf jeden Fall auf dem Laufenden.“

Dann tut sich eine halbe Stunde lang gar nichts. Ein weiterer junger Mann gibt mit dem Handy daheim bescheid. Draußen fahren Busse vorbei: „Betriebsfahrt“, steht auf den Anzeigeschildern. Könnte uns auch einer mitnehmen. Ich beschließe, wenn ich das nächste Mal zwischen Tübingen und Reutlingen unterwegs bin, belegte Brote mitzunehmen. Und was zu trinken – langsam kriege ich Durst.

Nach 53 Minuten die gute Nachricht: „Die Stellwerkstechniker sind vor Ort und tun ihr Bestes, die Störung schnellstmöglich zu bewältigen.“ Was, schon? Ich werde langsam nervös. Die anderen auch. Inzwischen war jede/r im Waggon mindestens einmal auf der Toilette.

Um 21.46 Uhr geht der Motor wieder an, der Zug fährt los. „So, verehrte Fahrgäste. Die Störung ist beseitigt“, frohlockt der Fahrer und entschuldigt sich mehrfach. Besonders bei den Fahrgästen, die Richtung Herrenberg wollen – denn der Zug endet heute leider in Tübingen.

Keine Minute, und wir sind am Bahnhof. Erleichterte Wortwechsel. An den Bahnsteigen stehen Dutzende Leute, deren Züge ausgefallen oder verspätet sind. Ich gehe zum Busbahnhof. Offenbar hat sich die allgemeine Verwirrung auf die Natur übertragen. Am Steig Richtung Waldhäuser trippeln ein Schwan und eine Ente, die sich verlaufen haben. Vielleicht war auch am Anlagensee ein Stellwerk kaputt.