65. Vierschanzentournee

Stoch triumphiert im Herzschlagfinale

Der Pole gewinnt zum ersten Mal die begehrte Trophäe und tritt in die Fußstapfen von Adam Malysz. Der Norweger Tande stürzt im letzten Sprung ab.

07.01.2017

Von SID

Mit seinem typisch verschmitzen Lächeln nahm Kamil Stoch die Trophäe für den Gewinn der 65. Vierschanzentournee entgegen. Foto: Eibner

Mit seinem typisch verschmitzen Lächeln nahm Kamil Stoch die Trophäe für den Gewinn der 65. Vierschanzentournee entgegen. Foto: Eibner

Bischofshofen. Kamil Stoch konnte den mächtigen Goldadler mit seinem verletzten Arm kaum stemmen, der zuvor untröstliche Daniel Andre Tande hatte sein Lachen wiedergefunden und klatschte herzlich Beifall: In einem dramatischen Finale der 65. Vierschanzentournee hat sich Polens Skisprung-Held Stoch zum König der Lüfte gekrönt und mit dem Sieg in Bischofshofen den bis dahin führenden Norweger Tande abgefangen. Dieser musste sich gar mit Gesamtplatz drei begnügen, blieb aber nach einem Beinahe-Sturz immerhin gesund.

„Das ist eine unglaubliche Geschichte für mich, ein Traum. Für Daniel tut es mir aber unglaublich leid“, sagte Stoch. Der 29-Jährige lag nach acht Wertungsdurchgängen mit 997,8 Punkten vor seinem Landsmann Piotr Zyla (962,5). Markus Eisenbichler beendete die Tournee als bester Deutscher auf Platz sieben (924,4). Tande, der mit hauchdünnem Vorsprung in den letzten Wettbewerb gestartet war, ging im finalen Sprung die Bindung auf, er vermied mit Mühe einen Sturz und kam nur auf Tagesplatz 26. Im Auslauf weinte der coole Skandinavier bittere Tränen.

Eisenbichler war nach Platz 13 in Bischofshofen zunächst bedient, freundete sich dann aber dennoch mit seiner Tournee an. „Ich hatte heute Kopfweh, Rückenschmerzen, Halsweh. Dafür war es okay, ich kann zufrieden nach Hause fahren“, sagte der Oberbayer. Stephan Leyhe wurde sehr ordentlicher Gesamt-Achter (911,1). „Das hätte ich mir vorher nie erträumt“, sagte der Wahl-Schwarzwälder.

Titelsammlung komplettiert

Kamil Stoch erfüllte sich mit dem Tournee-Sieg den letzten sportlichen Traum. In Zakopane geboren, dem polnischen Skisprung-Mekka, ist mit dem Triumph bei der Vierschanzentournee der Olympiasieger, Weltmeister und Weltcup-Gesamtsieger nun endgültig zu einem Sport-Idol in seiner Heimat geworden.

Stoch ist damit in die Fußstapfen des legendären Adam Malysz getreten. Und das mit 29 Jahren – einem schon gesegneten Skisprungalter. Umso erstaunlicher ist es, dass sich Stoch nach zwei Jahren im sportlichen Tief zu einem solchen Comeback aufschwingen konnte. Einen kleinen Anteil daran hat sogar Malysz selbst, der als Sportdirektor Stefan Horngacher vor der Saison als Nationaltrainer einstellte.

Der Coach änderte die Vorbereitung und die Technik. Noch wichtiger aber: Horngacher hat seinen beinahe krankhaft ehrgeizigen Musterschüler dazu bewegt, nicht ständig mit sich zu hadern. „Ich muss nicht immer der Sieger sein. Es reicht, einer der Besten zu sein“, lautet nun Stochs Credo. Horngacher habe ihm beigebracht, nicht darüber nachzudenken, was er nicht geschafft habe, sondern das zu genießen, was er erreicht habe.

Nach dem ersten Weltcupsieg 2011 ging Stochs Karriere steil durch die Decke. Zwei Jahre später gewann er bei der Weltmeisterschaft in Val di Fiemme Einzel-Gold und zweimal Team-Bronze. 2014 folgte in Sotschi die Krönung mit dem Doppel-Olympiasieg auf der Groß- und Normalschanze sowie dem Gewinn des Gesamt-Weltcups.

Doch dann kam der Absturz. Kurz vor dem Beginn der Saison 2014/15 musste sich Stoch einer Knöcheloperation unterziehen. „Da bist du so gut wie erledigt, da kannst du keine überragende Leistung mehr bringen“, sagte Horngacher im Rückblick. Auch in der vergangenen Saison schaffte Stoch nicht den Anschluss und sprang meistens frustriert hinterher. Doch das ist längst vergessen, denn Kamil Stoch ist wieder ganz oben. sid/dpa