Horb · Ritterspiele

Stockbrot und Ritterspiele

Mit dem Horber Abend und dem obligatorischen Fassanstich begann gestern Abend Horbs großes traditionelles Mittelalter-Fest.

15.06.2019

Von Manuel Fuchs

Wo Rauch ist, ist auch Feuer, weiß ein altes Sprichwort. Beide Elemente sind charakteristisch für Mittelaltermärkte und dort leicht wahrzunehmen. Gestern Nachmittag, ungefähr gegen 16.21 Uhr, wandelte sich das Geruchsbild in der Horber Schiller- und Neckarstraße: Die dieselnden Kleintransporter, welche die Stände und ihre Waren über Tag an Ort und Stelle gebracht hatten, verließen einer nach dem anderen die Szenerie. Holz- und andere Feuer wurden entfacht, ihre Hitze zum Garen verschiedenster Köstlichkeiten genutzt.

Vom Duft und den Probeklängen der Bühne an der Inselspitze angelockt, sickerten immer mehr Besucher auf die Straßen und den Flößerwasen, um die einladende Atmosphäre zu genießen. Am Ende waren es nicht einige hundert, sondern weit über Tausend.

„Fürs leibliche Wohl ist bestens gesorgt“ – der Horber Abend füllte dieses Versprechen mit Leben: von Knackig bis Sahnig, von Deftig bis Zuckrig, von Kräuterlimonade bis Schnaps ließen sich alle Geschmäcker an den Ständen zwischen den Christophorusbrücken und der Inselspitze bedienen.

Leder und Fell, Keramik und Holz

Die Handwerker dazwischen fertigten und verkauften allerlei Waren aus Leder und Fell, Seide und Jute, Keramik und Holz, Papier und Metall. Leichte und schwere Rüstungen nebst Waffen, farbenfrohe Dekoration fürs traute Heim oder die traute Gattin, Kannen, Bürsten, Körbe, Musikinstrumente – es mangelte an nahezu nichts. Einzig ein Kesselflicker, von dem man das Fluchen hätte lernen können, war nicht zu sehen.

Die Frage, ob man irgendwas davon braucht, grenzt an Ketzerei: Natürlich kann man sich auch selbst eine preiswerte Portion Kartoffeln zubereiten, und Gegenstände des täglichen Bedarfs gibt anderswo für weniger Geld. Da aber hier der Begriff „Brauchtum“ bemüht wird: Das Leben besteht nicht nur aus „Brauchen“, sondern auch aus „Wollen“ – und dafür ist ein Fest wie die Horber Ritterspiele wie geschaffen.

Fantasievolle Namen für Stände, Speisen und Getränke unterfütterten die Atmosphäre, welche die Gäste um Jahrhunderte in die Vergangenheit versetzen sollte. Sie ließ sich weder von den mächtigen Verkehrsabsperrungen am Rand der Veranstaltung schmälern, noch von der Bundesstraße und der Bahnlinie in Hörweite des Flößerwasens, noch von den Dixi-Klos, deren leuchtendes Blau sie deutlich aus den mittelalterüblichen Farben heraushob.

Beglückwünschen kann man die Stadt Horb, Veranstalter und Ausrichter, zur Idee, das Lagerleben kompakter zu gestalten. Zog es sich einst am südlichen Neckarufer weit entlang der „Unteren Au“, endet es in diesem Jahr am Turnierplatz. Dafür finden weitere Zelte, vor allem für die Kinderritterspiele, nördlich des Mühlkanals zwischen Uferweg und Fürstabt-Gerbert-Straße Platz.

Nach etwa drei Stunden legerer Einstimmung und fröhlichen Durcheinanders wurde es offiziell: Ein Umzug marschierte die Schillerstraße entlang zur Bühne, wo die Marktrechte verlesen wurden. Danach stach Oberbürgermeister Peter Rosenberger nach einer kurzen Rede und viel Applaus gegen 20 Uhr symbolisch das Freibier-Fass an und eröffnete die Horber Ritterspiele 2019.

Etwas später übernahmen die Musikanten die Bühne und heizten dem Publikum ein; zunächst „Die Streuner“, zu späterer Stunde „Metusa“. Beide orientierten sich klanglich leicht an weit zurückliegenden Zeiten, vertrauten gleichwohl auf moderne Methoden zur Schallverstärkung. Zum Glück, darf man anfügen – so hatten alle etwas davon.

Der Umzug zum Fassanstich galt als zeremonielle Eröffnung – doch da war der Horber Abend schon lang in vollem Gange. Bild: Karl-Heinz Kuball

Der Umzug zum Fassanstich galt als zeremonielle Eröffnung – doch da war der Horber Abend schon lang in vollem Gange. Bild: Karl-Heinz Kuball