Horb · Kabeldefekt

Stromausfall schluckt Bankkarte

Für knapp eine Stunde gab es am gestrigen Montag keine Elektrizität in der Horber Innenstadt und einigen Teilorten.

12.05.2020

Von Benjamin Breitmaier und Dagmar Stepper

Stromausfall schluckt Bankkarte

Es ist 14.26 Uhr, der gestrige Montag. Mairegen tränkt die Horber Innenstadt. Eine Isenburgerin steht vor dem Geldautomaten in der Filiale der VR-Bank Dornstetten-Horb neben der Avia-Tankstelle.

Menschen mit Gesichtsmasken laufen auf der Dammstraße draußen vorbei. Die Frau will eigentlich nur Geld holen. Sie steckt die Karte in den Automaten. Das Display erlischt vor ihren Augen. Stromausfall. Die Karte hängt in den Eingeweiden des Automaten fest. Gleichzeitig gehen die Lichter um sie
herum aus, genau wie in der Horber Innenstadt, in Nordstetten, in Ahldorf.

In Sekunden verändert sich das Leben auf den Straßen Horbs. An der großen Kreuzung gegenüber der Kreissparkasse und Rewe kommt es teils zu brenzligen Situationen, ein
Ford kann gerade noch zurücksetzen, als ein 40-Tonner bedrohlich nah an ihm um die Kurve fährt – hupen.

Wenige Meter weiter stehen die Schiebetüren von Rewe weit offen – ähnlich wie bei den anderen Geschäften der Activ-Arkaden. Dahinter breitet sich Dunkelheit aus. In den Verkaufsräumen ist niemand mehr, dafür hat der Sicherheitsdienst gesorgt. Mit einer ausladenden Geste signalisiert der Mann in gelber Warnweste, dass gerade keine Kunden in die Verkaufsräume dürfen. Einige von ihnen stehen im Eingangsbereich, Masken im Gesicht. Ihre Augen scheinen zu fragen, was jetzt zu tun sei.

Einzig die Kunden von Kaufland registrieren zunächst keine Veränderung, bis auf das wummernde Dröhnen des Notstromaggregats.

Polizeisirenen – ein Streifenwagen fährt die Dammstraße mit Blaulicht Richtung Bosch Rexroth entlang. Der Beamte muss schnell sein. Die Baustellenampel auf der Brücke ist ausgefallen, keiner weiß, wann er fahren darf und wann nicht. Der Polizeibeamte hat die Situation schnell unter Kontrolle. Per Handzeichen signalisiert er den Autofahrern, wann sie die Baustelle passieren dürfen.

Probleme an drei Stellen

In der Schlange vor der toten Ampel steht auch ein Kleinbus der „Netze BW“. „Die Kollegen sind schon draußen“, meint der Fahrer. Näheres zum Stromausfall kann er nicht berichten. Berichte gehen auf der Facebook-Seite der SÜDWEST PRESSE ein – in kurzer Zeit mehr als 20. Leser aus Ahldorf, Nordstetten und Mühlen berichten über Stromausfälle. Betra und Talheim blieben verschont, schreiben andere, genaue wie Teile der Horber Innenstadt. „Bei mir in der Neckarstraße war der Strom gar nicht weg“, schreibt eine Facebook-Nutzerin.

15.18 Uhr – die Lichter der Horber Innenstadt erwachen surrend zum Leben, Nordstetten muss sich noch etwas gedulden.

Doch was war los? Auf Anfrage teilt „Netze BW“-Sprecherin Dagmar Jordan mit, dass defekte Erdkabel an drei Stellen Schuld für den Stromausfall waren. Die Ausfälle betrafen nach Aussage der Unternehmenssprecherin nicht nur die Horber Kernstadt, Nordstetten, Dettensee und Ahldorf, sondern reichten bis nach Weitingen und Börstingen. Die defekten Kabel wurden nicht durch einen Baggerbiss verursacht, solche Schäden kommen laut Jordan hin und wieder vor.

Sobald ein Stromausfall auftritt, wird durch Umschaltungen im Mittelspannungsnetz die Stromversorgung wieder gesichert und gleichzeitig die Störungsstellen lokalisiert. Kabelmesswagen fahren dann die letzten Meter zwischen den Umspannwerken ab, um die defekten Stellen zu lokalisieren und die Schäden zu beheben.

Jordan hat Verständnis, wenn sich die Leute über Stromausfälle aufregen. Sie gibt aber auch eines zu bedenken: „Im Durchschnitt haben die Haushalte jährlich einen Stromausfall von 15 Minuten, im Vergleich liegen wir da ganz gut da.“ Mit den 52 Minuten ohne Strom können die Horber wenigstens rein statistisch darauf hoffen, dass die Birnen jetzt auf Jahre hinweg ohne Probleme leuchten.

Odyssee am Automaten

Bleibt die Frage, was aus der Isenburgerin und ihrer Bankkarte geworden ist. Für sie war der Spuk noch nicht vorbei. Denn nach der einstündigen Wartezeit wollte der Mann am Schalter die Karte nicht mehr herausrücken. Als Grund gab er an, die Karte gehöre zu der Filiale in Bisingen und könne deshalb nur dort abgeholt werden. Da die Isenburgerin neben dem Bisinger Konto auch eines bei der VR-Bank in Horb führt, hatte sie wenig Verständnis für dieses Vorgehen, vor allem, da sie nach dem Stromausfall weder im Besitz der Karte noch Bargeld war. Geholfen hat es wenig. Im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE erklärt die Isenburgerin, dass sie sich am heutigen Dienstag erneut zur Bank aufmachen muss, um für die Karte zu streiten. Ihre Laune dürfte dabei wenig besser als das Wetter am gestrigen Montag sein.
Stromausfall schluckt Bankkarte
Stromausfall schluckt Bankkarte
Stromausfall schluckt Bankkarte