Suburra

Suburra

Noir-Thriller um einen italienischen Politiker, der sich immer tiefer in mafiöse Machenschaften verstrickt.

30.09.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Suburra

In Ostia, Roms Außenposten am Mittelmeer, will die Mafia ein zweites Las Vegas aus dem Boden stampfen, und eigentlich läuft alles wie am Schnürchen. Die zur Not mit dem Vorschlaghammer weichgeklopften Grundbesitzer sind verkaufswillig, der Vatikan hat sein Okay gegeben und im Parlament ist der gut geschmierte Abgeordnete Malgradi (Pierfrancesco Favinoim) auf bestem Weg, ein entsprechendes Gesetz durchzupeitschen.

Doch dann unterläuft dem korrupten Politiker ein folgenschweres Missgeschick. Bei einer Orgie, die er sich nach getaner Arbeit gönnt, stirbt eine minderjährige Hure an einer Überdosis; die Leiche wird ausgerechnet vom Angehörigen eines konkurrierenden Clans entsorgt. Dessen Versuch, den Abgeordneten damit zu erpressen, entfacht eine Kettenreaktion an Gewalt und Gegengewalt. Bald tobt in Rom ein brutaler Unterweltkrieg, der auch das politische System in den Abgrund zu reißen droht. Der „Samurai“ genannte Pate (Claudio Amendola) kann einem beinah leid tun, wenn ihm sein so raffiniert eingefädeltes Kasino-Projekt trotz allen Beschwichtigens, Drohens und Massakrierens unter den Händen zerbröselt.

Der Film des italienischen Regisseurs Stefano Sollima spielt an den letzten sieben Tagen der Regierung von Silvio Berlusconi (der namentlich nie erwähnt wird) und knöpft sich die unter dem Bunga-Bunga-Präsidenten besonders intimen Beziehungen zwischen Politik, Mafia und Kirche vor. Trotz zahlloser Anknüpfungspunkte an die politische Realität ist „Suburra“ allerdings kein realistischer Film. Dafür beugt sich der Regisseur zu offensichtlich (und durchaus genüsslich) den Regeln des klassischen Gangsterkinos. Das genregerechte Zuspitzen und die stilistische Veredelung der Fakten liegen ihm mehr als deren stures Nachbeten. Die Schießerei in einer Shopping Mall, eines der Action-Highlights des Films, hat es in so perfekter Choreografie sicher niemals gegeben.

Andererseits kann man als Außenstehender natürlich nicht wissen, ob das Grabbeltisch-Jäckchen des Obermafioso oder der schäbige Schnellimbiss, in das er sein Fußvolk zum Rapport zitiert, nun besonders authentisch oder eine originelle Erfindung des Filmemacher sind. Ideen hat Sollima jedenfalls dermaßen viele und gute, dass man den Film zu den besten seiner Art der letzten Jahre rechnen darf.

Mit großer erzählerischer Eleganz gelingt es ihm, eine Vielzahl von Handlungssträngen und Figuren zu einer bündigen und durchgängig packenden Geschichte zusammenzuführen. Flankiert wird sie von düster atmosphärischen Bildern, in denen die Lust am Untergang in der Schlussphase der Ära Berlusconi widerhallt.

Ziemlich klasse, wie der Film mit den Mitteln des Genrekinos italienische Politverhältnisse auseinandernimmt.

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Erstellt:
30.09.2016, 15:12 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 12sec
zuletzt aktualisiert: 30.09.2016, 15:12 Uhr

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Sepp 30.01.201713:27 Uhr

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