Gemeinderat

Sulz führt soziales Ticket ein

Hartz IV-Empfänger und Flüchtlinge erhalten ab 2017 einen Zuschuss von zehn Euro auf Monatskarten. Die Testphase läuft zunächst ein halbes Jahr.

30.11.2016

Von Cristina Priotto

Günstiger Busfahren können Empfänger von Sozialleistungen in Sulz ab dem Jahr 2017.Privatbild

Günstiger Busfahren können Empfänger von Sozialleistungen in Sulz ab dem Jahr 2017.Privatbild

Mehrheitlich hat der Gemeinderat am Montag beschlossen, Menschen mit wenigen finanziellen Mitteln die Busmonatskarte mit zehn Euro zu bezuschussen. Damit griff das Gremium einen Antrag des Arbeitskreises Flucht und Asyl auf.

Antragssteller Urs Thiel hatte nach Gesprächen mit dem Mobilitätsteam Anfang Oktober angeregt, die Monatskarten für Empfänger von Hartz IV, Grundsicherung im Alter und Hilfen zum Lebensunterhalt sowie Asylbewerbern zu bezuschussen. Begründet hatte Thiel dies damit, dass immer mehr dieser Personen wegen der schlechten Mobilität in die Kernstadt umziehen möchten. Dadurch würde sich die Zahl der Sozialleistungsempfänger in der Kernstadt stark erhöhen, befürchtet der AK-Vorsitzende. Vorteile sieht Urs Thiel zudem darin, dass die Integration von Flüchtlingen in den Ortsteilen gefördert und so der „Stadtflucht“ entgegengewirkt werde, wenn bedürftige Menschen den ÖPNV günstiger nutzen könnten. Profitieren würden auch Kindergärten und Schulen in den Stadtteilen, zudem wäre das ehrenamtliche Mobilitätsteam bei den Fahrdiensten entlastet.

Ordnungsamtsleiterin Sabrina Glöckler erklärte die Abwicklung: Wer zum definierten Kreis der Sozialleistungsempfänger gehört, muss zunächst einen Antrag im Bürgerbüro stellen. Dort wird die Berechtigung geprüft. Alle drei Monate werden 30 Euro ausbezahlt, und zwar nachträglich. Glöckler rechnet damit, dass 15 Prozent der aktuell 529 Berechtigten die Vergünstigung in Anspruch nehmen werden. Dadurch ergäben sich geschätzte Gesamtkosten von rund 9500 Euro im Jahr. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass alle 529 Empfänger von Sozialleistungen davon Gebrauch machen würden, betrüge die Summe 63480 Euro. Bei Monatsticketpreisen für Erwachsene von derzeit 55 Euro müssten die Empfangsberechtigten abzüglich des Zuschusses für 45 Euro selbst aufkommen. Der Regelsatz für Sozialleistungen sieht allerdings nur 25,45 Euro für Verkehrsausgaben vor.

Heinrich von Stromberg (CDU) warf der Verwaltung vor, die 15 Prozent seien „schöngerechnet“, die tatsächlichen Kosten fielen wesentlich höher aus, wenn mehr Leute die Zuschüsse abriefen. Dagegen verwahrte sich Bürgermeister Gerd Hieber entschieden. Es gebe keine verlässlichen Zahlen, nur Erfahrungswerte.

Tobias Nübel kündigte an, den Antrag abzulehnen, „weil das keine Aufgabe der Stadt ist und zuviel Bürokratie bedeutet“. Der Kreistag in Rottweil habe solche Zusatzaufgaben ebenfalls abgelehnt, wusste der CDU-Stadtrat.

Lutz Strobel gab eine Stellungnahme der CDU wieder: Einerseits sähen die Räte darin eine Aufgabe des Landkreises, andererseits nenne Sulz sich auch „soziale Stadt“. Eine Mehrheit unterstütze den Antrag, aber nur für eine halbjährige Testphase.

Die SPD begrüßte den Antrag angesichts der überschaubaren Kosten. „Wir wollen soziale Brennpunkte vermeiden und brauchen für die Ortsteile gute Busverbindungen“, trug Klaus Schätzle die Argumente vor.

Cornelia Bitzer-Hildebrandt signalisierte seitens der FWV Zustimmung für ein halbes Jahr, zumal dies die Infrastruktur und Mobilität der Ortsteile fördere. Danach solle erneut über eine Fortsetzung oder Abschaffung der Bezuschussung diskutiert werden.

Heidi Kuhring hatte Probleme mit freiwilligen Leistungen, die Aufgabe des Landkreises sind. „Für einzelne Betroffene ist es aber eine große Hilfe“, sprach sich die GAL-Stadträtin für einen sechsmonatigen Testlauf aus.

Gerd Hieber hielt den Vorstoß zwar für sinnvoll, begründete seine Ablehnung aber damit, es sei nicht richtig, „Aufgaben des Landkreises auf die kommunale Ebene herunterzuholen“. So etwas müsse auf Kreisebene gelöst werden.

Bei der Abstimmung votierte die Mehrheit des Gremiums dafür, Bürgermeister Hieber sowie die CDU-Stadträte Nübel und von Stromberg stimmten dagegen.