Brücken bauen

Sven Gnass blickt auf die anstehenden 20. Horber Musiktage voraus

Die 20. Horber Musiktage vom 1. bis 13. Mai sollen Brücken bauen zwischen hochklassigen Künstlern und Publikum, Musikgenres und Aufführungsorten. In den vergangenen 20 Jahren hat sich das Programm des Events mit Veranstaltungen an kulturelle Veränderungen angepasst und neue Zielgruppen erschlossen.

29.04.2016

Von Dunja Bernhard

Musiktage in Nordstetten 2.5.201^5.Bild: Kuball

Musiktage in Nordstetten 2.5.201^5.Bild: Kuball

Horb. 1996 riefen der damalige Oberbürgermeister Michael Theurer und der frühere Musikschulleiter Günter Müller-Rogalla die Horber Musiktage ins Leben. In den ersten Jahren standen vor allem klassische Werke auf dem Programm. Im Herbst 1999 übernahm Sven Gnass die Leitung der Horber Musikschule. 2000 war er erstmals federführend bei den Horber Musiktagen. „Ich versuche zu erspüren, wie Menschen Zugang zu klassischer Musik finden“, sagt der 47-Jährige. Da unterscheide sich sein Engagement für die Horber Musiktage gar nicht so sehr von der Arbeit an der Horber Musikschule. An oberster Stelle steht dabei für ihn das Gespräch – nach dem Konzert mit dem Publikum ebenso wie mit den Musikschülern. Die Kulturlandschaft verändere sich derzeit so rasant wie nie zuvor. Mit seiner Arbeit versuche er, möglichst nah am Puls der Zeit zu sein. Denn: „Musizieren ist das Gesündeste, was Kinder, Jugendliche und Erwachsene tun können“, ist Gnass überzeugt.

Sven Gnass, der

Melodienliebhaber

Immer weniger Menschen gingen in reine Klassikkonzerte. Außerdem werde der klassische Musikbetrieb immer mehr von zeitgenössischen Strömungen geprägt. In ihnen fehlen Gnass jedoch die tonalen Melodien. Er beschreitet mit dem Programm für die Horber Musiktage einen anderen Weg: „Ich bin überzeugt, dass Menschen in Konzerten schöne Melodien hören wollen.“ Er selbst sei ein ausgesprochener Melodienliebhaber, sagt Gnass.

Auf das Programm der Horber Musiktage setzt er Musikstücke und Werke, die ihm selbst Freude machen. Dazu sucht er Künstler, die „jung sind und Potential haben“. Auf der Liste von 20 Jahren Horber Musiktage finden sich Namen wie Konrad Junghänel, Anna Gourari und das Ensemble Amarcord, die alle einige Jahre später Echo-Preisträger wurden und der Violinist Thomas Timm, der bei den Berliner Philharmonikern zum Stimmführer aufstieg.

Zwei Künstlerinnen haben ihn in den vergangenen 17 Jahren besonders beeindruckt: Mit der Sängerin Femke Soetenga, die voriges Jahr mehrere Tage in Horb verweilte und auch einen Workshop gab, habe ihn das Künstlerische und Pädagogische verbunden, schwärmt er und fügt hinzu: „Sie hat ganz wunderschön gesungen.“ Bei Musicalstar Pia Douwes bewundert er die Professionalität. In kürzester Zeit mussten sich Festivalorchester und Solistin aufeinander einstellen und dennoch sei die Zusammenarbeit sehr entspannt gewesen.

Einen jungen Künstler, den Gnass immer wieder zu den Musiktagen holt und der mittlerweile sein Talent bewiesen hat, ist Adam Kim. Der Bariton singt derzeit an der Stuttgarter Oper die Hauptrolle im Barbier von Sevilla. Mit dem Tubisten Simon Sailer und dem Pianisten Clemens Müller präsentiert er am kommenden Sonntag, 1. Mai, Europäische Lieder von Wolfgang Amadeus Mozart über Franz Schubert und Peter Tschaikowsky bis Vittorio Monti im Wasserschloss Glatt. Auch die klassischen Meister wussten mit kurzen Stücken für die Schönheit der Musik zu begeistern, sagt Gnass. Der Titel des Abends „Europäisches Lied & Tuba“ verrät wenig über die Komponisten, die dahinter stehen. „Mit einem zwinkernden Auge den Zuhörern die Klassik unterjubeln“, nennt Gnass diese Vorgehensweise und verspricht: „Es wird ein Fest.“

Gefälligkeit der Stücke kombiniert Gnass mit höchstem Anspruch bei den Musikern. An Christi Himmelfahrt am Donnerstag, 5. Mai, kommen acht Streicher des SWR-Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart (Gnass: „Ein Qualitätsgarant“) ins Wasserschloss Glatt. Eine ganz besondere Energie und musikalische Kraft werde von den Streichern bei den Werken von Mozart und Felix Mendelssohn-Bartholdy ausgehen, verspricht Gnass.

Große Komponisten stecken auch in der Musik-Comedy von „ThreeX“ am 13. Mai auf Schloss Weitenburg. Das Wiener Trio hat nicht nur Werke von Nino Rota, Michael Jackson und John Lennon im Programm, sondern auch von Frédéric Chopin, Johannes Brahms und Richard Strauss.

Peter-Pan-Partitur liegt stets aufgeschlagen da

Brücken bauen – zwei Worte, die Gnass im Zusammenhang mit den Horber Musiktagen immer wieder verwendet – will der Musikschulleiter in doppelter Hinsicht mit „Peter Pan“ von Leonard Bernstein. Bernstein sei keiner bestimmten Musikrichtung zuzuordnen, sagt Gnass: „Er steht für sich.“ Als Erzähler konnte er den TV-Moderator Malte Arkona gewinnen. Er habe ihn jedoch nicht wegen seines Bekanntheitsgrads ausgesucht, betont Gnass. „Sondern weil ich glaube, dass er es gut macht.“ Er komme bei Kindern und Jugendlichen besonders gut an. Die Aufführung von „Peter Pan“ mit Orchester, Chor und zwei Opernsängern am Sonntag, 8. Mai, ist in der Stiftkirche. Das räumliche Arrangement kam nicht ganz konfliktfrei zustande, lässt Gnass durchblicken. Mit zwei geistlichen Stücken, die Bernsteins Werk einrahmen, soll der Aufführungsort gewürdigt werden. Doch die Verbindung geht noch weiter: Pfarrer Elmar Maria Morein wird eine Ansprache halten.

90 Prozent der Arbeit, wie Konzeption und Organisation, der Horber Musiktage 2016 liegen hinter Sven Gnass. „Das Festival beschäftigt mich abends beim Einschlafen und morgens unter der Dusche“, erzählt er. Die letzten zehn Prozent seien die schönste Zeit. „Die Peter-Pan-Partitur liegt da aufgeschlagen, wo ich bin.“

Das Programm

Sonntag, 1. Mai, 19 Uhr, Wasserschloss Glatt: Europäisches Lied und Tuba – Canzonetti, Chanson und Lieder mit Bariton Adam Kim (Oper Stuttgart) Tubist Simon Sailer und Pianist Clemens Müller.

Donnerstag, 5. Mai, 19 Uhr, Wasserschloss Glatt: Acht Streicher des Stuttgarter SWR-Radio-Sinfonieorchesters.

Sonntag, 8 Mai, 18 Uhr, Stiftskirche Horb: Familienkonzert: Märchen – zum Klingen gebracht mit Leonard Bernsteins „Peter Pan“ präsentiert vom

Festivalorchester der Musiktage Horb.

Freitag, 13 Mai, 20 Uhr, Schloss Weitenburg: „The ThreeX“, Musik-Comedy aus Wien.