Gagreiches Pamphlet wider die Schmarotzer von Elternliebe.

Tanguy - Der Nesthocker

Gagreiches Pamphlet wider die Schmarotzer von Elternliebe.

24.11.2015

Von che

Tanguy - Der Nesthocker

Es ist ja die Zeit der Tabubrüche. Da musste irgendwann auch das in Hunderten von Filmen festgeklopfte Naturgesetz fallen, dass Kinder per definitionem die bemitleidenswerten Opfer unfähiger oder gar böswilliger Erziehungsberechtigter sind. In der neuen Komödie von Etiennne Chatiliez („Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss?) ist alles anders.

Trotz seiner 28 Jahre und fortgeschrittener akademischer Karriere weigert sich Sohnemann Tanguy strikt, das kuschelweiche Nest zu verlassen, wo ihm der Orangensaft gepresst, die Unterhosen gewaschen und die Frauengeschichten verköstigt werden. Die herzensguten Eltern machen gute Miene zum bösen Spiel, doch in Wahrheit beginnen sie den Buben, der ihnen die wohlverdiente Alters-Intimität raubt, von Herzen zu hassen.

Doch erst, als Mutter von Mordphantasien und einem psychosomatischem Schluckauf gepeinigt wird, schreiten sie zur Gegenwehr. Weil gutes Zureden an dem öligen Sprössling einfach abgleitet, ersinnen sie eine Kette zunehmend sadistischer Intrigen (vom Staubsaugen nachts um vier bis zum heimlich im Kleiderschrank deponierten Fisch), die dem Pseudo-Jungspund schmerzhafte Blessuren, uns Zuschauern aber eine ganze Reihe grundsolider Lacher bescheren.

So richtig schwarz, wie die Werbung verheißt, will die Komödie allerdings nicht werden. Selbst beim derbsten Schlagabtausch zwischen den Generationen hält der Regisseur ein Hintertürchen offen, durch das der Familienverband am Ende zur Versöhnung traben kann. Nicht ein Massaker an familiären Werten ist das Anliegen Chatiliez?, sondern die vorauseilende Therapie potenzieller Nesthocker, die doch bitteschön auch Eltern ein bisschen Selbstverwirklichung gönnen mögen.