Film

Tapfer in Zeiten des Unrechts

Um die Frage, wie aktuell ist Eugen Bolz heute noch ist, ging es im Kino Waldhorn.

02.03.2018

Von Thomas Ziegner

Eugen Bolz war Ministerpräsident in Württemberg und Reichstagsabgeordneter für das Zentrum, die Partei des politischen Katholizismus. „In mir schafft es gewaltig“ schrieb er seiner Frau 1933, als es um die Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz ging, mit dem die demokratischen Institutionen und Parteien entmachtet und beseitigt wurden. Bolz wusste, dass die Zustimmung falsch war, beugte sich aber der Fraktionsdisziplin und stimmte zu; wie übrigens auch Theodor Heuss, der erste Präsident der Bundesrepublik.

Wichtige Stationen Bolz‘ Lebens nennt der 2013 entstandene Film „In Zeiten des Unrechts braucht es Helden“ von Klaus Gietinger, den im Waldhornkino rund 100 Zuschauer sahen. Anschließend erörterte Kulturamtsleiter Karlheinz Geppert mit Andreas Greis, dem Schulleiter des Eugen-Bolz Gymnasiums, und dem Politik-Geschichtslehrer Michael Pingler die Frage, wie aktuell Eugen Bolz, seine Gedanken und seine Taten heute sind.

Im Film gab der Ur-Großneffe von Bolz, Lukas Heger, schon eine klare Antwort. Für ihn war Bolz „ein Held“. Denn er ließ sich auf eine Zusammenarbeit mit dem Widerstandskreis um Carl Goerdeler ein, war zunächst als Innenminister, dann als Kultusminister vorgesehen.

Den „Tyrannenmord“ aber lehnte Bolz aus christlicher Gesinnung strikt ab. Dennoch wollte er sich nach einem erfolgreichen Umsturz der Verantwortung nicht entziehen. Er wusste, dass die entscheidende Tat zu spät kam. Zudem missglückte sie – Hitler überlebte das von Graf Stauffenberg ausgeführte Attentat.

Wie viele andere auch hatte Bolz die Nazis unterschätzt; als es noch möglich gewesen wäre, mit der SPD zu koalieren, bevorzugte er aus vielerlei Gründen – auch christlich konservativen – die Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen. Aber dass sie in ihm einen tatkräftigen und entschlossenen Gegner hatten, wussten die nationalsozialistischen Funktionäre. Unter demütigenden Umständen wurde Bolz verhaftet und auf den Hohenasperg in Schutzhaft genommen.

Persönlicher Feind von Hitler

Sein Biograf, der Historiker Frank Raberg, stellt im Film klar, dass es nicht darum gehen kann, Bolz seine Irrtümer mit dem Wissen der Nachgeborenen vorzuhalten. Auf die Frage von Lukas Heger, warum Bolz gegen die Nazis (in einem frühen Stadium) nicht die Polizei mobilisiert habe, antwortet Raberg: „Er wusste, dass dann Blut fließen würde, und das wollte er nicht verantworten.

Schon lange vor dem Attentat am 20. Juli betrachtete Hitler Eugen Bolz als „persönlichen Feind“. Der vom Goerdeler Kreis als Kultusminister ausersehene christliche Staatsmann wurde verhaftet, gefoltert und nach einem Schauprozess vor dem Volksgerichtshof mit dem Fallbeil ermordet. Ob Eugen Bolz ein, wie im Film gesagt wird, „Held“ war oder ein Vorbild oder, mit einer noch allgemeineren Formulierung, eine „positive Identifikationsfigur“, wollten Geppert und die Pädagogen Greis und Pingler am Donnerstagabend nicht lange erörtern.

Greis machte deutlich, dass das Andenken an Eugen Bolz im Gymnasium, das seinen Namen trägt, lebendig bleibt. Pingler erläuterte, wo er das wertvolle Erbe von Bolz sieht: In Zivilcourage. Dem Aufstehen und Protest schon wenn im Bus oder auf der Straße jemand beleidigt wird. Immer wieder gebe es Zusammenhänge, auch aktuelle wie in der Debatte um den in Rottenburg ansässigen Kopp-Verlag, um auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die rechtsradikalen Parolen innewohnen. Der Pädagoge lehnt es ab, im Unterricht grausige Originalaufnahmen aus jener Zeit zu zeigen. „Die kriegt man lange nicht mehr aus dem Kopf“, sagte er.