Gericht

Tausche Gerüst, biete sechs Monate Bewährung

Das Amtsgericht Horb hat einen 43-Jährigen verurteilt. Er hatte ein Gerüst seiner früheren Firma verkauft.

14.03.2018

Von Nathanael Häfner

Wegen Diebstahls hat das Amtsgericht Horb einen 43-Jährigen zu sechs Monaten Freiheitsstrafe bei einer Bewährung von drei Jahren verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Winterlinger ein 12 000 Euro teures Gerüst einer Empfinger Baufirma entwendet hat. Diese Summe setzte das Gericht zudem als Wertersatz an.

Laut Anklageschrift hatte der Forstwirt das Gerüst im Frühjahr 2016 ohne Wissen der Empfinger Baufirma mit einem Dritten getauscht, dazu soll er 1000 Euro Provision erhalten haben. Im März 2017 kündigte die Baufirma dem 43-Jährigen fristlos.

Der Angeklagte war geständig

Beim Prozessauftakt Ende Februar lagen dem Gericht E-Mails des Winterlingers vor, die den Diebstahl belegten. „Ich kenne diese Mails nicht“, hatte der 43-Jährige da noch gesagt. Auch habe sein Chef von dem Gerüsttausch gewusst. Am Dienstag änderte der Angeklagte offensichtlich seine Strategie und war geständig. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten beim Prozessauftakt zusätzlich Betrug im Zusammenhang mit dem Weiterverkauf des Gerüsts vorgeworfen. Außerdem soll er Kleingeräte des Empfinger Betriebs gestohlen haben. Diese Anklagepunkte erließ das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft am Dienstag.

Viele Beschäftigte des Betriebs sind auf dem Firmengelände tätig, dazu ist die Lagerhalle mit den Firmengeräten während der Arbeitszeit oft nicht abgeschlossen. Es deute zwar einiges darauf hin, dass der Angeklagte bei seinem Abgang ein Teleskoprohr, Sägen und weiteres Werkzeug mitgenommen haben könnte, sagte Richter Albrecht Trick am Dienstag. Die Beweisaufnahme habe aber dafür nicht genug Sicherheit schaffen können.

Der Angeklagte war seit den Neunziger Jahren mehrfach straffällig – Urkundenfälschung, Auto fahren ohne Führerschein und Diebstahl las Trick am Dienstag aus dem Bundesregister vor. Zwei Mal ist er dabei innerhalb von Bewährungszeiten wieder straffällig geworden.

Ein Deal kam nicht zustande

Vor dem zweiten Prozesstag hatten sich Verteidiger und Staatsanwältin wegen einer möglichen Verständigung ausgetauscht. Knackpunkt war die Bewährung. Der Verteidiger wollte durch das Geständnis zugesagt bekommen, dass die Staatsanwaltschaft verbindlich für Bewährung plädiert. Dieser Deal kam jedoch nicht zustande, wie Richter Trick zu Beginn erklärte.

Die Staatsanwaltschaft forderte sechs Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Der Angeklagte mache einen positiven Eindruck, sei aber zwei Mal während einer Bewährung straffällig geworden. Eine davon bestand wegen eines Diebstahls. Daher seien sechs Monate Haft angemessen.

Die Verteidigung folgte weitestgehend, forderte allerdings eine Bewährung der Freiheitsstrafe. Der frühere Diebstahlsdelikt sei eine Fundsache gewesen, das Gestohlene habe der Angeklagte damals zurückgebracht. Die letzte Tat datiere außerdem aus dem Juli 2014, seitdem habe sich sein Mandant ruhig verhalten.

Seit der Kündigung Anfang 2017 treibe er zudem seinen selbstständigen Kleinbetrieb voran und berate im Forstwesen. Demnächst stehe ein Projekt mit Windrädern an. Dazu habe der 43-Jährige mehrere Fortbildungen abgeschlossen, etwa zum Fachagrarwirt. Er habe daher eine günstige Sozialprognose.

„Keine Bewährung wäre durchaus vertretbar gewesen“, sagte Albrecht Trick bei der Urteilsverkündung. Das Urteil sei eine knappe Entscheidung. Der Richter ermahnte den Angeklagten, bloß nicht wieder auffällig zu werden.

Für ihn spreche, dass er geständig sei. Zwar sei er zwei Mal während Bewährungszeiten straffällig gewesen. Doch diese Taten seien „nichts Weltbewegendes“, sagte Trick. Außerdem bemühe sich der 43-Jährige, selbstständig Fuß zu fassen. Er mache keinen schlechten Eindruck und habe auch bei dem Empfinger Betrieb gute Arbeit geleistet, wie Zeugen bestätigt hätten. Ein Renaturierungsprojekt dort habe er beispielsweise mit viel Herzblut begleitet.

Das Gericht schätzte das Gerüst als neuwertig und den zu leistenden Wertersatz daher auf 12000 Euro ein. Wegen dieses Betrags enthält das Urteil keine Auflagen für den Angeklagten, allerdings muss er in der Bewährungszeit Umzüge melden.

Das Urteil missfiel den geschädigten Bauunternehmern aus Empfingen. „In Deutschland lohnt sich Betrug“, sagten sie nach der Verhandlung. Sie hatten auf eine Haftstrafe ohne Bewährung gehofft. Für den Schadenersatz ihres Gerüstes sind nun zivilrechtliche Schritte wahrscheinlich. Ihr Gerüst haben sie bis jetzt noch nicht zurückbekommen, es soll sich in Tübingen befinden.