Horb · Arbeitsplätze

Tauziehen bei Lauffer

Die Corona-Krise hat die Horber Maschinenfabrik hart getroffen. Eine Altersbrücke soll jetzt die befristete Übernahme der Auszubildenden ermöglichen.

25.11.2020

Von Annette Maria Rieger

Die Auszubildenden der Maschinenfabrik Lauffer treten mit dem Rückhalt ihrer Kollegen für ihre Übernahme im kommenden Jahr ein. Bild: IG Metall Freudenstadt

Die Auszubildenden der Maschinenfabrik Lauffer treten mit dem Rückhalt ihrer Kollegen für ihre Übernahme im kommenden Jahr ein. Bild: IG Metall Freudenstadt

Ende August hatten die rund 280 Mitarbeiter von Lauffer Pressen die Mitteilung erhalten, dass die Übernahme von neun Auszubildenden in Frage stehe. Davon betroffen sind sieben Auszubildende, die Ende Januar ihre Abschlussprüfungen haben, sowie zwei weitere, die im Sommer 2021 ihre Ausbildung bei dem Maschinenbauer beenden.

Laut Tarifvertrag steht den Azubis bei Lauffer eine unbefristete Übernahme zu.

Dementsprechend legten sich Belegschaft, Betriebsrat und die IG Metall Freudenstadt beim Tauziehen um die Übernahme der Auszubildenden ins Zeug.

40 Prozent weniger Aufträge

Zur Situation in dem fast 150 Jahre alten Unternehmen, das zu Horbs größten Arbeitgebern und Gewerbesteuerzahlern gehört, teilte Geschäftsführer Christof Lauffer gestern auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE mit: „Auch Lauffer wurde von dieser Corona-Krise voll getroffen. Unser Auftragseingang ist im ersten Halbjahr gegenüber dem ersten Halbjahr des Vorjahrs um nahezu 40 Prozent eingebrochen, unsere Gesamtleistung hat sich im gleichen Zeitraum um mehr als 20 Prozent verringert.“

2018 belief sich die betriebliche Gesamtleistung auf 50 Millionen Euro, 2019 konnte diese noch auf 53,4 Millionen Euro gesteigert werden. Für den Einbruch im laufenden Jahr führt Christof Lauffer „vielschichtige Gründe“ an.

Aufgrund der coronabedingten Unsicherheiten, so Lauffer, hätten Kunden Investitionsprojekte komplett gestoppt oder auf unbestimmt verschoben. Wegen der weltweiten Beeinträchtigungen im Reiseverkehr kämpfe das Unternehmen „massiv um die termingerechte Abwicklung im Ausland“ – und die „pünktliche Verumsatzung“ der Aufträge.

Lauffer: „Da über 75 Prozent unserer Maschinen und Anlagen zu weltweiten Kunden geliefert werden, ist dies für uns von großer Bedeutung.“ Hinzu komme: „Wegen des starken Projektcharakters unseres Geschäftes – mit Lieferzeiten von teilweise mehr als zwölf Monaten bei großen und komplexen Kundenprojekten – wird uns dieser Corona-Effekt bis zu einer Normalisierung der Umsatzsituation noch mindestens bis Ende 2021 begleiten.“

Seit Anfang 2020 habe man bereits mit Kurzarbeit und „weiteren Sparmaßnahmen“ auf den Auftragseinbruch reagiert – sowohl seitens der Gesellschafter also auch auf Seiten der Arbeitnehmer. Seit Mitte des Jahres diskutiere man zudem mit den Betriebs- und Tarifparteien über Möglichkeiten zur weiteren Reduzierung der Personalkosten. Christof Lauffer, der sich die Geschäftsführung mit Markus Oechsle in der fünften Lauffer-Generation teilt: „Unser klar kommuniziertes Ziel war es dabei immer und ist es auch weiterhin, einen Stellenabbau zu vermeiden.“ Aktuell fahre man strategisch „auf Sicht“, um möglichst flexibel auf weitere Entwicklungen reagieren zu können.

Altersstruktur entscheidend

Für die IG Metall Freudenstadt mit ihrer Ersten Bevollmächtigten Dorothee Diehm spricht gerade aus betrieblichen Gründen alles für eine Übernahme der Auszubildenden. „In den Köpfen der Arbeitgeber steckt aktuell zu viel Personalabbau und zu wenig Zukunftsperspektive. Lauffer kann nur mit gut ausgebildeten jungen Fachkräften weiterbestehen“, so Diehm in einer Pressemitteilung der IG Metall Freudenstadt.

Fast 30 Prozent der Beschäftigen bei Lauffer, so heißt es weiter, seien mehr als 50 Jahre alt. Angesichts dieser Altersstruktur plädierten der Betriebsrat und die IG Metall in den Verhandlungen mit der Geschäftsführung für eine so genannte Altersbrücke zwischen Jung und Alt. Ein finanzieller Beitrag von Arbeitgeber und Belegschaft soll dabei älteren Arbeitnehmern einen früheren Eintritt in die Rente ermöglichen. Die frei werdenden Stellen sollen dauerhaft mit den ausgelernten Azubis besetzt werden.

„Das wäre einer von vielen notwendigen Schritten, um unseren Standort langfristig hier in Horb zukunftssicher zu machen“, so Ausbildungsmeister und Betriebsrat Matthias Krauß.

Aktionen der Auszubildenden

Die Auszubildenden selbst sammelten fast 200 Unterschriften im Betrieb und versicherten sich damit der Solidarität ihrer Kollegen. Die Verhandlungen von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite über ihre Übernahme begleiteten sie am Montag mit Aktionen vor dem Tor und auf der Betriebsversammlung.

Als Resultat dieser Verhandlungen stimmen die Gewerkschaftsmitglieder bei Lauffer jetzt darüber ab, ob sie Einschränkungen beim diesjährigen Weihnachtsgeld und die Aussetzung einer tariflichen Sonderzahlung im kommenden Jahr in Kauf nehmen.

Im Gegenzug sollen alle Auszubildenden zwölf Monate befristet übernommen werden – und eine anschließende Entfristung der Arbeitsverträge verbindlich geprüft werden.

Christof Lauffer äußert sich darüber – vorbehaltlich der Zustimmung der Belegschaft – „sehr erfreut“. Die Ausbildung gehöre zur DNA von Lauffer und sei seit Jahrzehnten „ein großer Bestandteil unseres Erfolgs“. Selbst in der aktuell angespannten Situation hätten dieses Jahr sieben junge Menschen verschiedene Ausbildungen im Unternehmen begonnen und bilde man 2021 drei weitere aus.

Dankbar für Verzicht

Die Geschäftsführung sei der Belegschaft „sehr dankbar“ für den Verzicht auf Teile der tariflichen Sonderzahlungen: „Neben den Gesellschaftern trägt so auch die Belegschaft einen Teil dazu bei, die herausfordernden Corona-Zeiten zu meistern und damit den Grundstein für eine Erholung zu legen.“

Zwei der neun Azubis sind im Übrigen als Jugend- und Auszubildendenvertreter durch das Betriebsverfassungsgesetz besonders geschützt. Hier sieht die IG Metall die Lauffer-Geschäftsführung besonders gefordert: „Sie hat jetzt die Chance, ein gutes und in die Zukunft gerichtetes Zeichen zu setzen und beiden Jugendvertretern ihren unbefristeten Übernahmeanspruch aus eigener Überzeugung zuzugestehen. Verpasst die Geschäftsführung diese Chance, werden wir diesen geltend machen.“

Die Maschinenfabrik Lauffer GmbH & Co. KG

Die Maschinenfabrik Lauffer wurde 1872 in Mühlen gegründet und hat sich zu einem der größten Horber Industriebetriebe mit Sitz im Industriegebiet Heiligenfeld entwickelt. 1999 wurde das Familienunternehmen durch einen Brand nahezu vollständig zerstört. Die Finanzkrise 2008 setze dem Maschinenbauer massiv zu. Vor drei Jahren hat die chinesische HFM Press Group Limited mit Professor Yan Jianwen als Aufsichtsrat-Vorsitzendem zu 100 Prozent den schwäbischen Hersteller von Hydraulikpressen und Anlagen übernommen. 2019 erzielte Lauffer 53,4 Millionen Euro Jahresumsatz. Über 75 Prozent der Maschinen, Hydraulikpressen und Anlagen (beispielsweise für Laminier- und Compositionstechnik, Kunststoff- und Umhülltechnik) gehen in den weltweiten Export. Geschäftsführer sind Christof Lauffer (Vertrieb/Services) und Markus Oechsle (Technik/Auftragsabwicklung), beides Neffen von Richard Lauffer, der das Familienunternehmen bis 2018 geleitet hatte.

Derzeit hat Lauffer 250 fest angestellte Mitarbeiter, beschäfigt zudem 30 bis 35 Azubis und DHBW-Studenten.

Zum Artikel

Erstellt:
25.11.2020, 20:30 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 56sec
zuletzt aktualisiert: 25.11.2020, 20:30 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!