Syrien im Fokus

Terror, Krieg und wildes Kurdistan: Neun Tage Arabisches Filmfest in Tübingen

Nach mehr als drei Jahren Pause wagt das Arabische Filmfestival einen neuen Anlauf. Vom Mittwoch (24. September) an gibt es in den Kinos Arsenal und Atelier neun Tage lang rund 30 Spiel- und Dokumentarfilme aus der politisch so aufgewühlten Region zwischen Marokko und dem Irak.

22.09.2014

Von Klaus-Peter Eichele

Im marokkanischen Festivalfilm "Horses Of God" werden Jugendliche von radikalen Islamisten für einen Terroranschlag rekrutiert.

Im marokkanischen Festivalfilm "Horses Of God" werden Jugendliche von radikalen Islamisten für einen Terroranschlag rekrutiert.

Krieg in Israel/Palästina, Bürgerkrieg in Syrien, islamistischer Terror, Arabellion und die mehr oder weniger betrüblichen Folgen – zu all diesen virulenten Themen bietet das Filmfest aktuelle Beiträge. "Es gibt in vielen arabischen Ländern derzeit ein starkes Bedürfnis, die politische und gesellschaftliche Situation filmisch zu reflektieren", sagt Festivalleiter Adwan Taleb. Zum Auftakt am Mittwoch (20 Uhr im Arsenal) wird ein Film aus den palästinensischen Autonomiegebieten gezeigt. "Palestine Stereo" handelt von zwei Brüdern, die nach einem verheerenden Luftangriff der israelischen Armee beschließen, ihre Heimat zu verlassen, dafür aber erst einmal das nötige Geld verdienen müssen.

Ein Schwerpunkt liegt mit drei langen und einem Paket Kurzfilmen auf dem von Bürgerkrieg und IS-Terror geschundenen Syrien. Ohne explizite Gewaltszenen, dafür mit Elementen des magischen Realismus erzählt Regisseur Mahamad Malas in seinem Spielfilm "Ladder To Damascus" vom prekären Zustand der syrischen Gesellschaft am Beispiel einer Hausgemeinschaft. Andere syrische Filmkünstler versuchen, dem Grauen in ihrer Heimat mit Ironie und Humor zu begegnen.

Mehrere Festivalfilme beschäftigen sich mit dem heißen Eisen des Islamismus, allen voran "Horses Of God" aus Marokko. Regisseur Nabil Ayouch porträtiert drei junge Männer aus einem Slum von Casablanca. Wo Armut, Gewalt, Drogen und Hoffnungslosigkeit das Leben bestimmen, haben die Gotteskrieger leichtes Spiel bei der Rekrutierung von Nachwuchs. Inspiriert wurde der Spielfilm von den Selbstmordanschlägen auf jüdische Einrichtungen und Orte westlichen Lebensstils mit mehr als 40 Toten im Mai 2003.

Den arabischen Frühling, und was daraus geworden ist, behandelt unter anderem der ägyptische Beitrag "Rags And Tatters" über einen Häftling, der während der revolutionären Turbulenzen auf Tahrir-Platz aus dem Gefängnis flieht und sich in einem Land verliert, das er nicht wiedererkennt. Regisseur Ahmad Abdalla wird den Film voraussichtlich selbst in Tübingen vorstellen. In "Hidden Beauties", dem neuen Film des tunesischen Altmeisters Nouri Bouzid, geht es um zwei junge Frauen die im Zuge der Revolution gegen patriarchale Zwänge in ihren Familien und an ihrem Arbeitsplatz kämpfen.

Doch nicht alle Festivalfilme beschäftigen sich explizit mit Politik, Revolte und Krieg. So erzählt der kurdische Regisseur Hiner Saleem in "My Sweet Pepper Land" im Stil eines Westerns von einem Polizisten, der in einem nordirakischen Dorf dem örtlichen Klanchef die Stirn bietet. Der libanesische Dokumentarfilm "Scheherazade?s Diary" porträtiert Insassen eines Frauengefängnisses, die von traumatischen Kindheiten, häuslicher Gewalt oder dem Entzug ihrer Kinder berichten.

Organisiert wird das 2005 gegründete Filmfest vom Tübinger Verein Arabischer Studenten und Akademiker. Trotz des unregelmäßigen Turnus ist es laut Festivalleiter Taleb "die wichtigste Plattform des arabischen Films in Deutschland". Es versteht sich zudem als Forum "des Dialogs und der Verständigung zwischen arabischer und westlicher Welt". Finanziell steht es weiterhin auf schwachen Beinen – immerhin gibt es seit diesem Jahr eine Regelförderung von 7500 Euro durch die Stadt Tübingen. Das ist zwar deutlich weniger, als von den Veranstaltern erhofft, aber, so Taleb, "ein Schritt in die richtige Richtung". Der Gemeinderat habe zu verstehen gegeben, "dass er das Arabische Filmfest will." che

Programm im Internet unter www.arabisches-filmfestival.de.

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Erstellt:
22.09.2014, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 37sec
zuletzt aktualisiert: 22.09.2014, 12:00 Uhr

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