Nick Nolte als alternder Meisterdieb in einem kleinen Filmjuwel von Neil Jordan.

The Good Thief

Nick Nolte als alternder Meisterdieb in einem kleinen Filmjuwel von Neil Jordan.

24.11.2015

Von Wolfgang Hübner, AP

The Good Thief

Viel Glück hat Bob Montagnet in letzter Zeit nicht gehabt. Der in Südfrankreich lebende Amerikaner hat seiner Spielleidenschaft fast alles opfern müssen, was er als Meisterdieb an sich gebracht hat. Jetzt besitzt er nur noch ein Picasso-Gemälde, das er einer Wette verdankt. Ansonsten aber muss Montagnet beim nächsten Fehltritt mit langjähriger Haft rechnen, angedroht von seinem Gegenspieler Roger. Den Polizeichef von Nizza und Bob verbindet eine Hassliebe, die bald neuen Prüfungen ausgesetzt ist.

Welcher Art diese sind, erzählt Neil Jordans neuer Film "The Good Thief". Eine nicht geringe Rolle spielt darin die blutjunge Osteuropäerin Anne, die Montagnet aus einer gefährlichen Situation ebenso befreit wie Roger, der von einem algerischen Drogendealer mit der Pistole bedroht wird. Der Amerikaner kann mit entschlossenem Handeln Schlimmeres verhindern, hat aber von da an Anne am Hals. Die würde dem alternden Dieb gerne mehr geben als nur ihre Dankbarkeit. Aber der mag sich auf solche Beziehungen so wenig einlassen wie auf neue Raubzüge.

Als er von einem tollkühnen Plan seines Vertrauten Raoul erfährt, reagiert er deshalb anfangs ablehnend: Den Safe des weltberühmten Spielcasinos von Monte Carlo zu knacken - das erscheint auch einem Vollprofi wie Montagnet ein aussichtsloses Unterfangen. Doch als ihm klar wird, dass es Raoul auf eine ganz andere Beute abgesehen hat, nämlich auf wertvollste Gemälde an den Casinowänden, erwachen alte Instinkte neu. Roger allerdings nimmt Witterung auf . . .

Mit dem etwas anderen Hollywoodstar Nick Nolte in der Hauptrolle des Bob Montagnet ist die wichtigste Partie in "The Good Thief" glänzend besetzt, Nolte nimmt man diesen Gangster mit Köpfchen, Herz und Manieren jederzeit ab. Als sein Gegenspieler Roger kann der Franzose Tcheky Karyo dem US-Schwergewicht durchaus standhalten. Aber noch mehr Eindruck macht die erst 21-jährige Nutsa Khukianidze, eine in den USA lebende Georgierin. Keineswegs eine perfekte Schönheit, bringt sie doch Geheimnis, eine seltsam düstere Erotik und unverbrauchten Charme ins Geschehen. Mit von der Partie ist auch der serbische Filmemacher Emir Kusturica, diesmal als Schauspieler in dem Part eines etwas verrückten Computergenies.

Inspirieren ließ sich Jordan zu dem Film von einem frühen Meisterwerk des großen französischen Thriller-Regisseurs Jean-Pierre Melville aus dem Jahr 1955, das in Deutschland unter dem Titel "Drei Uhr nachts" lief. Doch "The Good Thief" ist unabhängig von dem Vorbild ein durchaus origineller Film geworden, der für etliche überraschende Wendungen gut ist. Diese überrumpeln den Betrachter allerdings nicht, sondern schenken ihm ebenso spannende wie intelligente Kinostunden.