Wo Kunst draufsteht, ist nicht immer Kunst drin. Quälender Blick in drei Frauen-Seelen.

The Hours

Wo Kunst draufsteht, ist nicht immer Kunst drin. Quälender Blick in drei Frauen-Seelen.

24.11.2015

Von wog

The Hours

Wie dieser Film plätschert! Wie die Musik von Philip Glass in ihm herum schwappt! Wie ihn dieses diffuse Leiden am Sein umschwemmt! Mit Augenklappen und Ohrenstöpseln muss ein Großteil der Filmkritiker diesen Film abgesessen haben. Wie sonst ließen sich diese Preis-Regen und Lobes-Hymnen für „The Hours? erklären? Aber der Reihe nach: Drei Frauen auf drei verschiedenen Zeitebenen sind irgendwie mit Virginia Woolfs Roman „Mrs. Dalloway? verbunden.

Im Jahr 1923 schreibt ihn die eine, 1951 liest ihn die andere und 2001 lebt ihn die dritte. Dazu kommen die Orte: zunächst das Städtchen Richmond in der Nähe Londons, dann Los Angeles und schließlich New York. Luftig und fließend sind diese drei Erzählstränge als handwerkliche Fleißarbeit miteinander verwoben. Wenn die Virginia Woolf (Nicole Kidman) im Film eine Blumenvase aufstellt, füllt diese Laura Brown (Julianne Moore), die stumm leidende Hausfrau in den 50er Jahren, und gleich danach sieht man Clarissa Vaughan (Meryl Streep) im heutigen New York an einer vollen Blumenvase vorbeigehen. Unsichtbare Schnitte produzieren ein Kontinuum des Leidens, der versteckten Sehnsüchte und der unerfüllten Begierden.

Eine Art Ideenfilm also, den der „Billy Elliot?-Regisseur Steven Daldry produziert hat. Denn bei allen Charakteren implodiert dieser Mangel in wenigen Momenten, wird der Suizid zu einer Entscheidung für das Leben, oder das Weiterleben zu einer Art Tod. „Schau her, ich bin große Kunst? ruft dieser Film dem Zuschauer zu, sehr selbstbewusst mit seiner Ebenen-Bastelei protzend. Dabei mag Kunst gerade noch im Spiel des Superstar-Trios auch zu finden sein.

Mit ihrer aufgepappten Nasenprothese spielt Nicole Kidman die verhuschte, am Wahnsinn entlang schrappende Schriftstellerin mit ihrer Angst vor dem Dienstpersonal auch ganz wunderbar. Wasserleichen-artig schleicht sie durchs Bild, noch bevor sie mit Stein-beschwerten Morgenmantel in den Fluss watet. Auch Moore und Streep treffen diese aufgelöste Seelenlage, bei der sie sich manisch beschäftigen um die Stille nicht hören zu müssen. Allein die Balance kann Regisseur Baldry nicht finden.

Sei es, ob äußerst geschwätzig Empfindlichkeiten erörtert werden, ein Mutter-Sohn-Konflikt betulich ausgewalzt, oder doch wieder der Genius des todgeweihten Schriftstellers beschworen wird. Eines Menschen, der alles darf und mit großer Geste seinen Abgang zelebriert. Furchtbar deprimierende zwei Stunden sind das. Trotzdem ? und das kann man diesem Film nicht verzeihen ? lässt er einen denkbar kalt.