Westerndrama über eine Frau, die mit ihrem Vater die Kidnapper ihrer Tochter jagt.

The Missing

Westerndrama über eine Frau, die mit ihrem Vater die Kidnapper ihrer Tochter jagt.

24.11.2015

Von BIRGIT ROSCHY, AP

The Missing

New Mexico im Jahre 1885: Maggie, Mutter zweier Töchter, lebt einsam auf ihrer Farm, züchtet Vieh und betätigt sich nebenbei als Heilerin. Plötzlich taucht ihr Vater Jones auf, der sie vor 20 Jahren verließ, um mit Indianerstämmen umher zuziehen. Maggie weist ihm die Tür, doch tags darauf wird ihre Teenagertochter Lilly von marodierenden Apachen entführt. Gemeinsam mit ihrem ungeliebten Vater als Spurenleser und ihrer kleinen Tochter Dot nimmt Maggie die Verfolgung auf. "The Missing", der jetzt in die Kinos kommt, gibt sich anfangs als Thriller, erweist sich aber als packender und ziemlich ausgefallener Spätwestern.

Denn der Fundus an Geschichten und Menschen aus der Zeit der amerikanischen Landnahme im Westen scheint unerschöpflich - und alle paar Jahre ändert sich die Perspektive, wie auch Kevin Costners erfolgreicher Versuch "Open Range" kürzlich zeigte. Doch selten erschien der Wilde Westen so wild, undomestiziert und unedel wie diesmal, wo nicht Cowboys die Helden sind, sondern eine zu allem entschlossene allein stehende Pionierin: vogelfrei in einer chaotischen Zeit, in der Reservatsgrenzen verletzt werden, Indianerscouts wegen schlechter Behandlung aus der Armee flüchten und die Kavallerie, statt zu schützen, ungeniert plündert. Der Frauenhandel scheint in dieser rechtlosen Zeit ein so häufiges Phänomen gewesen zu sein wie heute in Osteuropa. Jedenfalls muss die Bande aus desertierten Weißen und "Rothäuten", die auf Bestellung Mädchen kidnappt und dabei deren Familien grausam ermordet, eine achtköpfige "Lieferung" körperlich unversehrt über die mexikanische Grenze schaffen.

Der oscargekrönte Ron Howard setzt sich, anders als in seinen sonstigen seifigen Dramen wie "A Beautiful Mind" und "Apollo 13" mit diesem düster mystischen Western elegant und gekonnt zwischen alle Stühle. Es ist amüsant, in amerikanischen Kritiken nachzuverfolgen, wie man dem Regisseur zwar eine überragende Kamera-Arbeit und ein Händchen für Action und Darsteller zugesteht, aber abwechselnd zu viel und zu wenig "Political Correctness" vorwirft. Vor allem die Figur des psychopathischen Bandenchefs Pesh-Chidin, der als Apachen-Hexer mit Klapperschlangengift experimentiert, rief Wut hervor.

Das Recht auf Hässlichkeit

Wie die Orks in "Der Herr der Ringe" sind auch hier die Bösen schwer kariös. Heilerin Maggie, die ihren allerersten Auftritt übrigens auf einem Plumpsklo hat, führt zu Beginn vor, wie man mit faulen Zähnen umging: Man zog sie. Warum aber sollten ausgebeutete Indianer nicht auch das Recht auf Hässlichkeit und einen interessanten Bösewicht haben? In der Outlaw-Atmosphäre dieses Westerns, wo ziemlich oft - auch das eine Besonderheit im US-Kino - untertiteltes Indianisch gesprochen wird, erscheint der entwurzelte Apachen-Desperado so glaubhaft wie die anderen Grenzgänger, denn das Drehbuch verleiht ihnen so viel Tiefe und Vergangenheit, dass der Film dadurch manchmal etwas langatmig gerät.

Tommy Lee Jones als zauselig-verschmitzter lakonischer Herumtreiber zwischen Indianern und Siedlern ist ein so unkonventionell-exzentrischer Charakter wie seine verbitterte Tochter, die zum Niederknien großartige Cate Blanchett. Und die Annäherung zwischen Vater und Tochter verläuft so kurz und schmerzlos, dass vielleicht - neben dem Tabubruch einer so rabiaten Heldin - die mangelnde Gefühligkeit der heimliche Grund für die Ablehnung dieses Western in seinem Heimatland ist.

Und natürlich sein frecher schamanistischer Touch mit psychedelischen Verweisen auf Totemtiere, wobei Vater und Tochter den indianischen Aberglauben mal als Spuk-Theater benutzen - wie bei einem haarsträubenden Befreiungsversuch mit Kind, Pferd und Leiche -, mal die animistischen Rituale ernst nehmen. Für die nationalen Gralshüter des amerikanischen Heimatfilmgenres ist das wohl der übersinnliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Und manchmal erinnert diese leicht abgedrehte Renaissance der einstigen Pferde-Opern an die ganz frühen Spaghetti-Western von Sergio Leone. Für unbefangene Zuschauer ergibt diese überaus charmante Mischung aus wunderbaren Darstellern, grandiosen Landschaftspanoramen und schamanistischer Unterströmung ein vielleicht zunächst irritierendes, aber auf jeden Fall ein höchst unterhaltsames Seherlebnis.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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26.02.200412:00 Uhr

na ja , was soll man da schreiben ,die am anfang beeindruckenden bilder werden mit der zeit immer schwerer fast zur belästigung. die protagonisten verlieren sich in der story. das letzte filmdrittel fällt dermaßen ins nichts und der show down völlig ohne kraft und spannung.mit realowestern hat es auch nicht viel zu tun. tochter vater bzw lebensweltenkonflikt ist sehr bemüht emotionen beim zuschauer zu wecken und greift dabei ins leere. schade. Note 4

Claire 20.02.200412:00 Uhr

Manche Szenen viel zu schockierend. Weniger wäre hier mehr.
Auf keinen Fall würde ich mit einem 12jährigen Kind (und mit 12 sind es noch KINDER!!) in diesen Film gehen.
Das ist eher etwas für solche, die immer wieder einen Schock-Effekt brauchen um nicht einzuschlafen.

Manfred und Heike 20.02.200412:00 Uhr

diese zwei da oben haben sicher keine Kinder. Wer welche hat, empfindet ganz anders. Eben mal ein Western, bei dem es nicht immer nur peng-peng macht. Klischeeeee ?? ist es bei dir im leben anders ? es sind Alltagssituationen, keine Traumwelten.
Wir finden ihn spannend und empfehlenswert.

Sebastian Selig 18.02.200412:00 Uhr

Gelinde gesagt die letzte Grütze. Am meisten nervt diese hingeschminkte pseudo-archaik, in der sich alle ständig furchtbar betroffen und unangepasst geben, aber hinter jeder Ecke moralinsaure Pappbotschaften zum Vorschein kommen, wie Sie dümmer und konservativer kaum sein können. Dabei werden die Figuren nicht nur auf allerblödeste Klischees festgenagelt (die thoughe Farmersfrau, der Papa mit Ökotouch, die Tochter mit Naturbezug, die Tochter die es in die Stadt zieht usw.) sondern müssen sich zusätzlich immer auch noch in den Dialogen erklären, gerade so als würde man dem Zuschauer nicht zutrauen, diese Klischeefiguren sonst zu kapieren. Bis auf die recht stimmungsvolle Entführungsszene ist der Film zudem ziemlich mies inszeniert. Am augenfälligsten wenn man letzlich um sogar um ein packendes Finale betrogen wird. Das er keine Schießerei inszenieren kann hat Howard mit diesem Murks jedenfalls eindrücklich unter Beweis gestellt.

Elektro 16.02.200412:00 Uhr

ist ein schöner und spannender film. durchaus empfehlenswert!