Tiefe Wunden knapp überlebt

Trauriger Fund im Gäu: „Wir haben einen Igel bekommen, der wohl in einem Maschendraht festgeklemmt war. Jemand hatte ihn zwar rausgeschnitten, aber nicht von dem Draht befreit. Welche Menschen sind so gleichgültig und grausam?“, fragt sich Dr. Barbara Münchau von Kameldoc’s Tierfarm in Hochdorf. Das Tier sei völlig entkräftet, mit nur 380 Gramm von einem Hund gefunden worden. Dieser habe seine Besitzer darauf aufmerksam gemacht, der dann den stark verletzten Igel zu Kameldoc’s Tierfarm nach Hochdorf brachte.

„Das Tier wäre elend verhungert wegen der tiefen Wunden“, attestierte Dr. Barbara Münchau und fragt sich, wie manche Menschen so mit Lebewesen umgehen können. Daher ruft sie alle dazu auf, die Igel in Notsituationen oder nach Unfällen entdecken, sich über das Tier schlau zu machen. Im Internet stehe einiges stehen, aber längst nicht alles entspreche der Wahrheit. Daher empfiehlt die langjährige Zoo-Tierärztin die Seite „Pro Igel“. Tipps können Interessierte aber auch bei ausgeschriebenen Workshops auf Kameldoc’s Tierfarm in Hochdorf erhalten. Der Erlös aus der Teilnahmegebühr komme der Igelstation zugute, die sehr kostenintensiv sei. Denn für die Pflege der verletzten Igel erhalte die Igelstation keine Zuschüsse. Daher sei das Team von Kameldoc’s Tierfarm für jede Spende und jedes Sponsoring dankbar. Jüngst bat das Team im Rahmen der Stallweihnacht auf Kameldoc’s Tierfarm um Spenden. „Wir danken allen Mitwirkenden und Spendern“, freute sich Dr. Barbara Münchau, dass sich zahlreiche Ehrenamtliche für die Igel stark gemacht hatten.

Insekten statt Obst

Dieses Engagement wünsche sie sich auch von so manchem Gartenbesitzer und Verkehrsteilnehmer, denen sie kleine Tipps auf den Weg gibt. „Der Igel wird oft mit Äpfeln abgebildet, aber ein Igel ernährt sich nicht von Obst und Gemüse, sondern von Insekten, Würmern und Käfern,“ erklärt Dr. Barbara Münchau. Warum sich Igel trotzdem beim am Fallobst finden lassen, liege an den Insekten, die sich um das Obst herum befinden würden.

Auch warnen Experten auf Pro Igel, dass nicht jeder Igel Hilfe benötige und im Winterschlaf seine Lebensfunktionen „auf Sparflamme“ setzt. Die Stoffwechselvorgänge werden auf durchschnittlich ein bis fünf Prozent im Vergleich zum aktiven Tier reduziert: „Die Körpertemperatur sinkt in die Nähe der Umgebungswerte, die Herzschläge vermindern sich von etwa 200 auf zwei bis 12 pro Minute, die Atemfrequenz sinkt von 50-mal auf nur 13-mal pro Minute. Auch sonstige Werte in inneren Organen verändern sich rapide, beispielsweise sinkt der Blutzuckerspiegel.“ Die Experten von Pro Igel erklären weiter: „Bei etwa fünf Grad Celsius Außentemperatur produziert der Igel wieder Wärme, um eine Minimaltemperatur zu erhalten und nicht zu erfrieren.“ Wer jedoch verletzte Igel findet, kann sich nach telefonischer Rücksprache an das ehrenamtliche Team von Kameldoc‘s Tierfarm wenden.

So konnte beispielsweise der Igel „Toni“, den Familie Krespach aus Eutingen gefunden hat, gerettet werden. Der Igel mit dem Maschendraht wurde medizinisch versorgt und nimmt nun stetig an Gewicht zu. „ Die Wunden heilen, nur die Nieren machen mir noch Sorgen, zieht Dr. Barbara Münchau eine Zwischenbilanz – und hofft nun, dass sie hoffentlich so bald einen so schwer verletzten Igel nicht mehr in den Behandlungsraum bekommt.