„Tatort“

Tod im jungen rechten Milieu

Eine ermordete Bloggerin beschäftigt Maria Furtwängler und Florence Kasumba im durchwachsenen nächsten „Tatort“.

23.04.2020

Von Martin Weber

Göttingen. Dass eine Juristin mit unverhohlenen Kontakten in die rechtsradikale Szene zur Richterin am Bundesverfassungsgericht berufen wird, ist heutzutage extrem unwahrscheinlich – man stelle sich nur das mediale Echo vor. Genau das geschieht aber im neuen „Tatort“ aus Göttingen, in dem die Juraprofessorin Sophie Behrens (Jenny Schily) den verantwortungsvollen Job beim höchsten deutschen Gericht antreten soll.

Doch dann wird die eloquente Intellektuelle, die einem ziemlich altbackenen Frauenbild anhängt und das als moderne Art von Feminismus ausgibt, in einen Mordfall verwickelt: Ihre Assistentin und Geliebte Marie Jäger (Emilia Schüle) wurde brutal getötet und die beiden Kommissarinnen Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) müssen unter anderem herausfinden, ob Frau Professor etwas damit zu tun hat.

Natürlich gehen die beiden Ermittlerinnen im durchwachsenen „Tatort: National feminin“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) auch anderen Spuren nach, denn Marie Jäger war der Star und das Aushängeschild der jungen rechten Szene und begeisterte mit ihrem Blog und ihrer merkwürdigen Auffassung von Feminismus tausende von Gleichgesinnten, die jetzt im Internet hasserfüllt Stimmung gegen die Polizei verbreiten.

Leider nimmt der Film erst in der zweiten Hälfte Fahrt auf, bis dahin muss sich der Zuschauer überwiegend mit einer etwas umständlichen und arg kopflastigen Exposition begnügen, in der Argumente und Thesen zu den strittigen Themen Feminismus, Rechtsradikalismus und Demokratie eine wichtige Rolle spielen – die sind zwar alles andere als uninteressant, der reinen Krimispannung aber eher abträglich. Lindholm und ihre schwarze Kollegin Schmitz, die in diesem Krimi mit alltäglichem Rassismus nicht nur von rechts konfrontiert wird, bekommen es mit arroganten Vertretern der jungen rechten Szene zu tun, die den beiden Kommissarinnen mit unverhohlener Verachtung begegnen. Das bringt vor allem Lindholm zur Weißglut, wofür ihre wesentlich abgebrühtere Kollegin Schmitz kein Verständnis zeigt.

Ins Visier der Ermittlungen geraten ein Student, dessen Farbbeutel-Attentat auf Sophie Behrens in letzter Sekunde vom späteren Opfer Marie Jäger vereitelt wurde, und ein unheimlicher junger Mann mit Kapuze, der sich am Tatort aufhielt. Doch auch die jungen Rechten sind verdächtig, etwas mit dem Mord zu tun zu haben.

Grafik: swp

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Erstellt:
23.04.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 05sec
zuletzt aktualisiert: 23.04.2020, 06:00 Uhr

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