Kunst im öffentlichen Raum

Tour und Parcours für die Kultur

In Tübingen ist eine stattliche Anzahl an Kunstwerken und Denkmälern, von schön gestalteten Brunnen und sogar künstlerisch wertvoller Graffiti zu entdecken. Es gilt, sie stärker ins Bewusstsein zu rücken. Die Stadt hat das vor.

19.10.2016

Von Wilhelm Triebold

Es sind über hundert Denkmäler, Brunnen, Figuren, Reliefs. Sie lassen sich mehr oder weniger einfach im Stadtbild ausmachen, stehen gravitätisch ihren Mann wie der eherne Uhland am Platz von Monthey oder fristen ein verstecktes Dasein wie die Merz-Nymphe im Anlagenpark. Manche wurde in grauer Vorzeit der Stadt geschenkt manche bedürfen dringend einer Frischzellenkur.

Gemeinsam ist ihnen allen, dass nach dem Willen der Stadt ihnen künftig wieder mehr Beachtung geschenkt werden soll. Das ist ein Herzensanliegen der Kulturamtsleiterin. „Wir sollten das Bewusstsein schärfen für das, was wir haben“, sagt Dagmar Waizenegger, „und wir sollten es besser pflegen“.

Deshalb ließ sie rund 100 Exponate und Exempel der Kunst im öffentliche Raum erfassen, größtenteils im städtischen Besitz, teils dem Land gehörend. Arbeiten vom 16. Jahrhundert bis ins vergangene Jahr, wobei die Zahl der älteren Kunstwerke die Beispiele an zeitgenössischer Kunst weit übertreffen.

Es ging aber nicht nur darum, den Bestand zu erfassen und aufzulisten. Sondern es wurde auch ein Leporello entworfen, der unter dem Stichwort „Kunst in der Stadt“ einen Parcours aus 30 öffentlichen Kunstwerken anlegt. Von Suse Müller-Diefenbachs „Radlerkönig“-Bronzeplastik am Affenfelsen“ über Wilhelm Pfeiffers „Sitzender“ bei der Johanneskirche, Ugge Bärtles „Wengerter“-Wahrzeichen in der Unterstadt oder Axel Mantheys Theater-„Königsmaske“ in der LTT-Unterführung bis hin zum Hölderlin-„Genius“ im Alten Bota oder, etwas unbeachteter, Hans Uhlmanns Stahlstele beim Kupferbau und Helga Janzen-Allgaiers Sandstein-Boot an der Stadtfriedhofsmauer – eine Entdeckungstour, die sich allemal lohnen dürfte.

Waizenegger, die sich als Mitarbeiterin des Fachbereichs Kunst und Kultur schon fürs Thema interessierte, als sie noch nicht Chefin war, hat die Texte zum Leporello selbst verfasst – sie kennt sich, nach Wühlarbeit im Archiv, inzwischen bestens aus. Dabei hat sie auch manch Neues zutage gefördert.

So war bislang noch nicht bekannt, wer den Muschelkalk-Gedenkstein für den Botaniker Carl Correns gefertigt hatte. Der Stein für den Wiederentdecker der Mendelschen Vererbungslehre wurde 1938 „für den Wegbereiter erbbiologischer Gesinnung“ in den Alten Botanischen Garten gestellt. Und stammt von dem Bildhauer Ernst Yelin, der sich besonders mit Kriegerdenkmälern hervortat. 1980 wurde Yelin, übrigens am selben Tag wie Ernst Jünger und Martin Walser, der Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg umgehängt.

Tübingen bekommt eine Kunstkommission

Expertenrat ist gefragt, auch bei der Stadt: Nach dem Gestaltungsbeirat, dem vier Architekten und Stadtplaner angehören, wird es nun auch eine ebenfalls fünfköpfige Kunstkommission geben. Die externen Fachleute, die der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat „Impulse geben“ sollen, wie Kulturamtsleiterin Dagmar Waizenegger sagt, sind der Stuttgarter Stadtplaner Steffen Braun (Fraunhofer Institut), der Historiker, Kulturwissenschaftler und langjährige TAGBLATT-Redakteur Prof. Hans-Joachim Lang, die Tübinger Kunsthistorikerin Prof. Anna Pawlak, die Bildhauerin Birgit Rehfeld (Ostfildern) und der Tübinger Kunsthistoriker Walter Springer. Einige von ihnen werden dabei sein, wenn die Stadtverwaltung die neue Broschüre am kommenden Dienstag, 25. Oktober, um 18 Uhr im großen Rathaussaal öffentlich vorstellt.

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Erstellt:
19.10.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 19.10.2016, 01:00 Uhr

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