Empfingen · Justiz

Rotgesehen wegen Trump-Maske

Weil sie während der Empfinger Fasnet andere Verkleidete angriffen und verprügelten, fanden sich zwei Brüder vor dem Horber Amtsgericht wieder.

19.06.2019

Von Hans-Michael Greiß

Hier im Sitzungssaal des Amtsgerichts Horb wurden gestern zwei Brüder wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Archivbild: Karl-Heinz Kuball

Hier im Sitzungssaal des Amtsgerichts Horb wurden gestern zwei Brüder wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Archivbild: Karl-Heinz Kuball

An Donald Trump scheiden sich die Geister. Sich sein markant gebräuntes Gesicht als Maske überzuziehen, kann sowohl Bewunderung als auch ironische Ablehnung bedeuten. Eine falsche Interpretation führte am Schmotzigen alias „Ruaßigen“ in Empfingen zu einer schmerzhaften Attacke, die vor Gericht endete.

Wie alle Jahre zuvor hatte sich eine Gruppe Freunde verabredet, alle älter als 30 Jahre, gemeinsam die Hexenbar in der Tiefgarage der Empfinger Kreissparkasse zu besuchen. Von wenigen Schluck Bier beflügelt sowie einheitlich mit Trump-Masken und überlangen Krawatten ausstaffiert, strebten sie ihr Ziel an.

Diese Garderobe gefiel jedoch drei erheblich alkoholisierten Zeitgenossen nicht, die vor dem Eingang lautstark die Abnahme der Masken forderten. Bevor der Gruppenerste überhaupt begriff, worum es ging, landete der erste Faustschlag in seinem Gesicht. Blitzschnell versammelte sich eine Menge Leute um das Kampfgeschehen. Von einem Gruppenmitglied gerufen, war eine zufällig in der Nähe postierte Polizeistreife zur Stelle. Die beiden Beamten hatten, wie die Kämpfenden selbst, erhebliche Schwierigkeiten, sich einen Überblick zu verschaffen und riefen die Kollegen eines zweiten Einsatzwagens zur Unterstützung.

Ein, wie sich herausstellte, trinkgewohnter Beteiligter krallte sich an einem Einsatzwagen fest, da er sein Stehvermögen gefährdet sah. Nach seiner Erinnerung habe er „bestimmt mehr als 10 Cola-Weizen und, na klar, auch Wodka“ konsumiert. Sein jüngerer Bruder, der sich neben ihm auf der Anklagebank einfand, befand sich nach „boah, 10 bis 15 Wodka-Lemon nicht betrunken, allenfalls schon angetrunken“.

In der Kulturpflege ihrer kasachischen Heimat hatten die beiden deutschen Staatsbürger nicht lange nach einem Grund für eine zünftige Schlägerei suchen müssen. „Ich bin Russe, Trump geht gar nicht“ reichte aus, um fünf gezielte Faustschläge in die ungeliebte Visage setzen zu müssen.

Auf welcher Seite ein dritter Mann eingegriffen habe, konnte selbst das Gericht mit fünf geladenen Zeugen nicht klären. Bereits vor Eintreffen der Polizisten war dieser weggelaufen, und keiner der Zeugen konnte ihm eine Tätlichkeit zuordnen. Ein „Riesendurcheinander von Leuten ohne Ende“ habe er angetroffen, berichtete der ermittelnde Polizist. Einer habe sich gar grundlos in den Streifenwagen gesetzt.

Der 42-jährige Umschüler zum Mechatroniker versuchte, das Bild eines edlen Helden von sich zu zeichnen. Er sei erst nach einem Hinweis zu der Auseinandersetzung gestoßen, hätte seinen drei Jahre älteren Bruder in Bedrängnis angetroffen und sei ihm in brüderlicher Treue zu Hilfe geeilt. Die schwere Alkoholsucht seines Bruders habe zum Abbruch aller Kontakte seit einem Dutzend Jahren geführt, erst auf dem Totenbett habe er seinem Vater versprochen, sich wieder um ihn zu kümmern. Erst „durch diese Sache“ seien sie wieder zusammen gekommen. Beide verfügten über ein gehöriges Register an einschlägigen Vorstrafen.

Die als Zeugen vernommenen Gruppenmitglieder identifizierten jedoch den Jüngeren eindeutig als ersten Angreifer. Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick verurteilte ihn darum zu 50 Tagessätzen à 10 Euro. Sein Bruder, der in Kürze eine Entzugstherapie antritt, kam mit 30 Tagessätzen davon. Die geringe Betragshöhe begründete Trick, dass beide ALG II-Empfänger seien.

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Erstellt:
19.06.2019, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 19.06.2019, 01:00 Uhr

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