Tarifabschluss für Unikliniken

Überraschende Einigung: Mehr Geld für Klinik-Personal in Tübingen

Einmalzahlungen von 2400 Euro, mindestens 250 Euro mehr im Monat, mehr Geld für Psychotherapeuten in Ausbildung: Am Montagabend gab es überraschend ein Verhandlungsergebnis für die Beschäftigten der Uni-Kliniken im Land.

06.12.2022

Beim Warnstreik vergangene Woche zogen Beschäftigte des UKT durch Tübingen. Archivbild: Ulrich Metz

Beim Warnstreik vergangene Woche zogen Beschäftigte des UKT durch Tübingen. Archivbild: Ulrich Metz

Wie die Gewerkschaft Verdi mitteilt, gab es am späten Montagabend in Stuttgart in einer kurzfristig anberaumten vierten Verhandlungsrunde ein Tarifergebnis. Ziel der Gewerkschaft war es, eine dauerhafte Entwertung der Gehälter durch die Inflation zu verhindern. Das habe man erreicht, so Verdi: Mit den nun vereinbarten Tabellensteigerungen, die durch den Festbetrag von 250 Euro bis zu maximal zehn Prozent betragen und ab Oktober 2024 wirken, und der mit insgesamt 19 Monaten gegenüber dem letzten Angebot verkürzten Laufzeit „wurde ein vor allem für die unteren Einkommensgruppen gutes Ergebnis erreicht“.

Steuerfreie Corona-Sonderzahlung

Das Ergebnis sieht noch im Dezember 2022 eine steuer- und abgabenfreie Coronasonderzahlung in Höhe von 1.200 Euro vor. Im März 2023 gibt es eine Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 1.200 Euro, auch brutto für netto. Im Januar 2024 gibt es die tabellenwirksame Erhöhung der Gehälter um einen Festbetrag von 250 Euro, vorher wird im Oktober 2023 mit dem Gehalt eine zusätzliche Einmalzahlung von 750 Euro netto als weitere Inflationsausgleichszahlung gewährt. Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 19 Monate bis zum 30. April 2024.

Die Azubis erhalten 900 Euro Einmalzahlung 2022 sowie bereits ab April 2023 monatlich 115 Euro netto mehr, die ab dem 1. Mai 2024 mit 150 Euro tabellenwirksam werden.

Mehr Geld für Sozialarbeiter und Psychotherapeuten in Ausbildung

Für die Sozialarbeiter:innen wurde eine höhere Regeleingruppierung vereinbart, die im Schnitt über 400 Euro mehr im Monat ausmacht.

Die Psychotherapeutinnen in Ausbildung erhalten nach mehreren Monaten Tarifkonflikt und etlichen Streiktagen eine auf 300 Euro verdoppelte monatliche Zulage ab Dezember 2022 und für Februar bis November 2022 eine Netto-Einmalzahlung von 3.000 Euro. Insgesamt konnte sich die Gewerkschaft bei dieser Berufsgruppe nicht mit ihren Forderungen durchsetzen: „Dass die Arbeitgeber weiter prinzipiell darauf bestehen, Beschäftigte mit Masterabschluss im Grunde wie Praktikant:innen zu bezahlen, konnten wir nicht verändern. Psychotherapeutinnen brauchen so weiterhin Eltern, die ihre Ausbildung mitfinanzieren können. Aber wir sind einige Schritte vorangekommen“, so Gölz.

Verdi spricht von „hochgradig solidarischem Abschluss“

„Dies ist ein hochgradig solidarischer Abschluss in historisch schwierigen Zeiten. Denn je weniger Beschäftigte verdienen, desto mehr sind sie durch die Inflation belastet. Deshalb ist es so wichtig, dass wir sowohl bei den Tabellenerhöhungen als auch bei den Einmalzahlungen ausschließlich Festbeträge vereinbaren und für die Azubis nochmals überproportional Erhöhungen durchsetzen konnten. Wir wollten die Kolleginnen und Kollegen jetzt zum einen für die Reallohnverluste des laufenden Jahres schnell entlasten. Aber auch durch ordentliche Tabellensteigerungen dauerhaft soviel Kaufkraft wie möglich sichern“, bewertete Verdi-Verhandlungsführerin Irene Gölz das Ergebnis. „Dank der nochmals verkürzten Laufzeit können wir nun in gut anderthalb Jahren mit neuer Kraft in hoffentlich besseren Zeiten die dann tatsächlich noch fehlenden Inflationsprozente in Angriff nehmen.“

Verdi-Chef lobt Kampfbereitschaft der Belegschaft

Verdi-Landesbezirksleiter Martin Gross lobte die Kampfbereitschaft der Belegschaft: „Alle Beschäftigten in allen Branchen kämpfen in diesen Monaten in ihren jeweils anstehenden Tarifrunden gegen die Entwertung ihrer Einkommen. Das heutige Ergebnis bei den Unikliniken kann sich dabei im Rahmen der bisher erzielten größeren und kleineren Abschlüsse im Tarifherbst 2022 sehen lassen. Der harte Kampf in Ulm, Freiburg, Tübingen und Heidelberg hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die Azubis haben sich mit ihrem großartigen Engagement in dieser Runde ihre überproportionale Erhöhung selbst erkämpft und mehr als verdient.“

Das sagen die Arbeitgeber

Die beiden Vorstände des Arbeitgeberverbands der Universitätsklinika im Land, Gabriele Sonntag vom UKT und Prof. Dr. Udo X. Kaisers vom Universitätsklinikum Ulm erklärten ebenfalls per Pressemitteilung: „Die diesjährigen Entgelttarifverhandlungen haben sehr viel Kraft gekostet. Trotz der angespannten finanziellen Lage der Uniklinika ist uns ein akzeptabler Abschluss gelungen, der eine schnelle, direkte Unterstützung für die Beschäftigten bietet, dabei besonders auch die unteren Entgeltgruppen im Blick behält und gleichzeitig wirtschaftlichvertretbar ist.“

Für wen das Ergenis gilt - und für wen nicht

Für die vier baden-württembergischen Uniklinika in Ulm, Tübingen, Heidelberg und Freiburg gilt ein eigener, mit dem Arbeitgeberverband Uniklinika abgeschlossener Tarifvertrag, von dem rund 26.000 Beschäftigte an den vier Kliniken betroffen sind. Die Ärzt:innen fallen unter den Tarifvertrag Ärzte Länder, das wissenschaftliche Personal als Landesbeschäftigte unter die Tarifbestimmungen des Landes. Alle anderen Beschäftigten an Krankenhäusern im Südwesten fallen in der Regel unter den normalen Tarif im öffentlichen Dienst. Sie profitieren von diesem Abschluss nicht.