Energie-Agentur

„Uns zu 100 Prozent selbst zu finanzieren, wird nicht klappen“

Zuletzt gab es viel Kritik an der Arbeit der Horber Energieagentur in Horb. Die SÜDWEST PRESSE sprach mit Geschäftsführer Martin Heer über die aktuelle Situation.

11.10.2016

Von Fabian Schäfer

Der Leiter der Energieagentur Martin Heer will Argumente für das Verbleiben von Gemeinden liefern. Bild: fbs

Der Leiter der Energieagentur Martin Heer will Argumente für das Verbleiben von Gemeinden liefern. Bild: fbs

Als unbefriedigend und unzufriedenstellend bezeichneten Empfinger Gemeinderäte in der vergangenen Woche die Arbeit der Energieagentur Horb (EA). Grund dafür waren die Nachzahlungen, die die beteiligten Gemeinden an die gemeinnützige Gesellschaft leisten müssen. Geschäftsführer Martin Heer ist erstaunt über den scheinbaren Aufklärungsbedarf, ist sich jedoch sicher: Die Fakten sprechen für die Arbeit der EA.

SÜDWEST PRESSE: Herr Heer, kann man als Energieagentur, die viel Öffentlichkeitsarbeit macht, überhaupt Erfolge sichtbar nachweisen?

Martin Heer: Es ist schwierig, geht aber trotzdem. Beispielsweise über die Anzahl der Veranstaltungen oder Info-Abende, aber auch über die Menge der Menschen, die wir erreicht haben. Wir haben uns ja auch selbst ein Ziel gesetzt, hatten eine Planvorgabe. Beispielsweise wollen wir pro Jahr mindestens acht Info-Abende in der Region anbieten. Das haben wir erreicht und das ist dann ein Erfolg. Aber es ist definitiv schwieriger als bei einer LED-Lampe, die pro Jahr einen gewissen Wert an Energie einspart.

Gibt es konkrete Zahlen zu Ihrer

Arbeit, beispielsweise an Schulen?

Im Rahmen unserer Schulprojekte erreichen wir pro Jahr immer 40 Klassen. Und diese Schüler sind die Energie-Sparer von morgen. Seit der Gründung der Energieagentur wurden in Kooperation mit der Verbraucherzentrale etwa 600 Energieerstberatungen durchgeführt. Und diese sind nur ein Einstieg, oftmals folgen darauf weitere Termine.

Im Empfinger Gemeinderat wurde die Behauptung aufgestellt, die Energieagentur hätte sich nach zwei Jahren, also ab 2013, zu 100 Prozent selbst

finanzieren sollen. Stimmt das?

Ursprünglich war dies in einem entsprechenden Wirtschaftsplan angesetzt, den haben wir jedoch korrigiert. Natürlich hat jeder Geldgeber die Hoffnung, dass er früher oder später die gleiche Münze herausbekommt, die er hineingeworfen hat. Aber ein gewisses Delta wird bleiben. Wir haben Zuschüsse und Fördermittel erhalten, aber die sind nun aufgebraucht. Unsere Quote, dass wir uns zu über der Hälfte selbst finanzieren, ist aller Ehren wert. Außerdem ist es ja so, dass die Gemeinden prinzipiell unsere Leistungen wie Öffentlichkeitsarbeit oder Bewusstseinsbildung einkaufen. Betrachtet man es so, finanzieren wir uns ja eigentlich selbst. Außerdem müsste man ansonsten jemanden für diese Arbeit beschäftigen. Wie viel einer Gemeinde das wert ist, muss sie selbst wissen. Es ist auch nicht so, dass es hier um hunderttausende Euro geht, der Betrag ist ja in der Regel überschaubar.

Das heißt, die 100-Prozent-Eigenfinanzierung ist auch kein Ziel für die nächsten Jahre?

Das wird nicht funktionieren. Allerdings wird das keine Energieagentur schaffen.

Fürchten Sie, dass Gemeinden bei anhaltender Kritik ihre Beteiligung

auflösen könnten?

Wir sind immer im Gespräch. Ich kann keiner Gemeinde vorschreiben, wie sie entscheidet, aber ich kann Argumente für ihr Verbleiben liefern. Ich war beispielsweise erst heute in Empfingen und habe mit Bürgermeister Albert Schindler über die Situation gesprochen.

Im Empfinger Gemeinderat hat man sich gewünscht, dass Sie vorbeikommen und die Situation erklären.

Gibt es schon einen Termin?

Es ist zwar noch nicht spruchreif, aber ich werde vermutlich bei der übernächsten Sitzung den Mehrwert darstellen. Dann werde ich auch gerne auf einzelne Zitate und Artikel der letzten Tage eingehen. Ich will da keinen bevormunden, aber ich bin der Meinung, dass die Fakten für unsere Arbeit sprechen. Und selbstverständlich legen wir gerne Rechenschaft über unsere Arbeit ab.

Sie werden also nichts

Grundsätzliches ändern?

Es wäre falsch zu behaupten, dass einen das Ganze nicht getroffen hat. Ich bin schon erstaunt darüber, dass unsere Arbeit offenbar so kritisch betrachtet wird. Wir haben jedoch inhaltlich nichts geändert und werden das auch nicht tun. Wir sind mit unseren 1,75 Personalstellen recht schlank besetzt und leisten so viel, dass wir uns zu eben jenen 60 Prozent selbst finanzieren. Die Situation spornt uns aber auch an, das Thema zu bearbeiten. Die Behauptung, die Beratungen würden nichts bringen, spiegelt nicht das wider, was ich an Rückmeldungen bekomme. Die Leute zahlen hier fünf Euro dafür, eine Dreiviertelstunde lang sehr kompetent beraten zu werden. Ich bezweifele, dass es das zu diesem Preis wo anders gibt. Außerdem bekommt die Öffentlichkeit auch weniger mit, was wir für weitere Arbeit – wie beispielsweise kommunale Beratungsleistungen – liefern.

Das Interview führte

Fabian Schäfer

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Erstellt:
11.10.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 05sec
zuletzt aktualisiert: 11.10.2016, 01:00 Uhr

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