Untragbar

In Tübingen fehlen Wohnungen – auch für Studierende. Anlass für Leserbriefschreiber Karl Hammer, das Nord-Süd-Verhältnis und die innerdeutsche Migration zu hinterfragen (14. Dezember). Hier kommt Widerspruch.

16.12.2016

Von Udo Halbscheffel

Den Leserbrief von Karl Hammer mit einem ebensolchen zu beantworten, lohnt sich eigentlich nicht, disqualifiziert er sich doch selbst. Die Häufung von untragbaren Statements fordert dennoch heraus. Hammer beglückt die Leser des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTs mit Weisheiten der besonderen Art. Hauptgrund für die Tübinger Wohnungsnot: Wir haben zu viele norddeutsche Studenten hier! Die kommen ja nur, weil die norddeutschen Länder die Zahlungen aus Bayern und Baden-Württemberg nicht in eigene Unis stecken! Und weil die Abinoten im Norden geschönt sind, gibt es überhaupt so viele Studenten nördlich des Mains!

Der bereits seit 1950 praktizierte Länderfinanzausgleich hatte in seiner Anfangszeit ein anderes Gesicht. Damals war NRW als Industriezentrum der größte Geldgeber. Nachdem Kohle und Stahl bedeutungslos geworden sind, hat sich die Richtung des Geldflusses gedreht, aber das ist auch bereits historisch. Künftig gibt es keine Geber- und Nehmerländer mehr, der Finanzausgleich wird abgeschafft (beschlossen am 14. Oktober 2016).

1966 kam ich als norddeutscher Student von Dortmund nach Tübingen. Wenn die von Karl Hammer geforderte „andere Weichenstellung“ greift, droht mir dann die Abschiebung in den Kohlenpott?