Vorwiegend burlesk: Kurden geben mit Lebenslust Giftgas-Saddam Kontra.

Verloren im Irak

Vorwiegend burlesk: Kurden geben mit Lebenslust Giftgas-Saddam Kontra.

24.11.2015

Von che

In seinem ersten Film „Zeit der trunkenen Pferde? zeichnete Bahman Ghobadi, der bekannteste kurdische Regisseur, ein düsteres und Hoffnungs-armes Bild zur Lage kurdischer Kinder im Grenzgebiet zwischen Iran und Irak. Sein neuer nimmt sich dagegen fast wie eine Komödie aus. Das beginnt bei den schon äußerlich recht kasperlhaften Hauptfiguren: Mirza, ein rüstiger Greis, und seine beiden Söhne Audeh und Barat waren einmal die beliebteste Kapelle dies- und jenseits der Grenze. Jetzt brechen die im Iran lebenden Musiker in den Irak auf, um Mirzas Frau, die vor 23 Jahren mit einem anderen davongelaufen war, zu suchen.

Die erst im Motorrad, später zu Fuß bewerkstelligte Reise gibt dem Regisseur Gelegenheit, Schlaglichter auf die kuriosen Seiten des Alltags in diesem Zipfel der Welt zu werfen. Der beileibe nicht mehr taufrische Audeh etwa scharwenzelt dauernd um junge Frauen herum, weil ihm seine bisherigen sieben Gattinnen zwar 13 Kinder, aber noch keinen Sohn geschenkt haben. Schmunzeln darf man auch, wenn zwei Polizisten bis auf die Unterhosen ausgeraubt und mit Handschellen aneinandergekettet in der Schneewüste ausgesetzt werden, oder ein alter Mann zwecks Informationsbeschaffung bis zum Hals im Sand verbuddelt wird.

Eigentlich sind es nur die permanent dröhnenden Tiefflieger, die die pralle Burleske nachhaltig stören. Denn „Verloren im Irak? spielt vor dem Hintergrund des ersten Golfkrieges (1980 bis 1988), an dessen Ende die Kurden zur Zielscheibe von Saddams Mordlust wurden. Je länger die Reise durch immer unwirtlicheres Gelände sich hinzieht, desto sichtbarer werden die Folgen des Vernichtungs-Terrors. Wie Donnerschläge erschüttern Bomben auf Dörfer, ausgehobene Massengräber, Spuren von Massakern und Chemiewaffen-Attacken das anfangs so luftige Roadmovie.

Doch letzten Endes ist nicht die Dokumentation dieser Kriegsgräuel das Hauptanliegen des Films, als vielmehr die Tapferkeit, der Humor und nicht zuletzt die Musikalität, mit denen die Menschen ihnen trotzen.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 57sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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Andreas Gu 16.01.200412:00 Uhr

Ein sehr witziger Film, auch wenn er ein äußerst prekäres Thema behandelt. Kein Alltagshollywoodscheiß