2. Liga

VfB hat schwer zu knabbern

Nach dem Stuttgarter Fiasko bei den Würzburger Kickers bekommt das Thema Verstärkungen in der Winterpause eine noch höhere Priorität.

20.12.2016

Von WOLFGANG SCHEERER

Ungläubig und ratlos musste er das Stuttgarter Trauerspiel in Würzburg über sich ergehen lassen: VfB-Cheftrainer Hannes Wolf kündigte eine schonungslose Aufarbeitung und Konsequenzen an. Foto: Eibner

Ungläubig und ratlos musste er das Stuttgarter Trauerspiel in Würzburg über sich ergehen lassen: VfB-Cheftrainer Hannes Wolf kündigte eine schonungslose Aufarbeitung und Konsequenzen an. Foto: Eibner

Als Fußballtrainer ist Hannes Wolf Perfektionist. Er legt großen Wert auf Details, auf gutes Positionsspiel in der Defensive und im Aufbau, darauf, dass Pässe genau und in den richtigen Fuß des Teamkollegen gespielt werden. Was Wolf beim 0:3-Debakel des VfB Stuttgart in Würzburg ratlos mitansehen musste, war deshalb doppelt bitter.

Dass die Zweitliga-Hinrunde mit dieser sportlichen Blamage endet, und es bis zum nächsten Punktspiel am 29. Januar in Hamburg beim FC St. Pauli noch 40 Tage dauern wird, passt dem 35-Jährigen logischerweise auch nicht ins Konzept, das nur ein Ziel kennt: den direkten Wiederaufstieg. Doch was tun? Selbst die nach so einem Auftritt dringend gebotene ausführliche Analyse muss warten. Nach einem kurzen Rapport in der Kabine trennten sich die Wege der Mannschaft bald. Wolf wollte sie gestern auf dem Sprung in die Weihnachtspause nicht noch einmal alle stoppen und im Klubzentrum zusammentrommeln.

Ist es besser, dass sich alles setzt? Ist es gut, dass jeder am 0:3 zu knabbern hat? Vielleicht kommt der eine oder andere dadurch zur Besinnung. „Wir werden nicht mit Naivität und Schönreden reagieren“, kündigte Wolf für Anfang 2017 an, wenn seine Spieler sich am 3. Januar erstmals wieder treffen. „Es geht um ein Problem, dass es beim VfB seit langer Zeit gibt.“ Vokabeln wie Selbstüberschätzung, Überheblichkeit, Arroganz gegenüber einem technisch vermeintlich unterlegenen Gegner nahm der Trainer zwar nicht in den Mund, aber wie er seinen Ärger in Worte packte, lässt Raum für Interpretationen: Mächtig sauer war er darüber, „dass der Gegner mehr gewinnen wollte als wir. Wir wollten nur ein bisschen Kicken“. Wolf verlangt deshalb, was die Einstellung angeht, „eine neue Kultur“. Die in Würzburg erscheinende „Mainpost“ kommentierte: „Ein 3:0 der Würzburger gegen den VfB Stuttgart klingt schon an sich unglaublich. Dass das Ergebnis aber nicht irgendwelchen Zufällen entsprang, sondern genau die Kräfteverhältnisse auf dem Platz widerspiegeln, macht es erst so richtig sensationell.“

Wie sich der Bundesliga-Absteiger von einem Zweitliga-Aufsteiger hat vorführen lassen, kann eigentlich nicht Warnung genug sein. Sportvorstand Jan Schindelmeiser betonte kurz nach dem Spiel: „Natürlich werden wir an unserem großen Ziel festhalten. Es geht darum, die Rückkehr in die erste Liga sicherzustellen. Aber wenn wir so weitermachen wie in Würzburg wird uns das nicht gelingen.“

Dass es in der Winterpause zu personellen Veränderungen kommen wird, ist spätestens seit Sonntagabend Tatsache. Schindelmeiser kündigte an: „Es wird sicherlich der eine oder andere Spieler dazukommen, und es wird sicher auch der eine oder andere gehen. Wir brauchen mehr Winner-Qualität.“

Dass die Mannschaft in Würzburg nicht in absoluter Top-Formation spielen konnte, wollte Stürmer Simon Terodde als Entschuldigung nicht gelten lassen: „Wir haben einen großen Kader, da sollte jeder auf seinen Einsatz brennen.“

Probleme von vorne bis hinten

Wahrscheinlich wirkte das unglücklich verlorene Duell mit Aufstiegskandidat Hannover 96 (1:2) nach: Die Verunsicherung in der Abwehrkette jedenfalls war groß, Benjamin Pavard und Hajime Hosogai als „Doppel-Sechs“ vor ihr machten ebenfalls keine gute Figur. Im zentralen Mittelfeld ging Wolfs Versuch mit Carlos Mané, der kaum Ballkontakte hatte, außerdem voll daneben. Auch Alexandru Maxim, der statt dessen auf dem Flügel spielte, kam nicht klar und musste zur Halbzeit raus. Ein Systemwechsel von 4-2-3-1 auf 4-1-4-1 und die Hereinnahme des zuvor angeschlagenen Kapitäns Christian Gentner blieb ebenfalls wirkungslos.

Ratlos und ungläubig musste Hannes Wolf das Trauerspiel vor 1800 mitgereisten, ebenfalls tief enttäuschten Fans über sich ergehen lassen. Als Tabellendritter geht der VfB in die Winterpause. Und nicht nur ein Perfektionist weiß: Da wartet noch viel Arbeit.

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Erstellt:
20.12.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 20.12.2016, 06:00 Uhr

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