Grippewelle, Eigentor-Rekord und ein verpasstes Remis gegen die Bayern

VfB ohne Dusel

Wieder stand am Ende die gewohnte Derby-Pleite. Doch alle spürten: Für den VfB wäre mehr drin gewesen als dieses 1:3 (0:1). Auch Pep Guardiola wunderte sich über die "vielen Probleme" seiner Bayern-Stars.

11.04.2016

Von WOLFGANG SCHEERER

Georg Niedermeier versuchte vor Bayern-Stürmerstar Robert Lewandowski (li.) zu klären - und traf ins eigene Tor. Foto: Eibner

Georg Niedermeier versuchte vor Bayern-Stürmerstar Robert Lewandowski (li.) zu klären - und traf ins eigene Tor. Foto: Eibner

Stuttgart. Das Eigentor, das die 61. Niederlage im 98. Bundesliga-Duell mit dem FC Bayern einleitete, ist in dieser Saison bereits das sechste der Stuttgarter - und damit sogar Liga-Rekord. "Trainieren tun wir das nicht extra", sagte Jürgen Kramny und musste, so bitter es war, selber schmunzeln. Dem VfB fehlte nicht nur der berühmte "Bayern-Dusel". An Tagen wie diesen kommt einfach alles zusammen.

Erstens: zu viele Grippeviren. Am Morgen vor dem Südschlager meldeten sich Kapitän Christian Gentner, Martin Harnik und Alexandru Maxim mit Fieber ab. Trainer Kramny musste die Aufstellung umbauen und brachte Daniel Didavi zum Beispiel erstmals als "Sechser" defensiv vor einer Fünferkette.

Zweitens: eine Karte zu wenig. Schon früh hätte der VfB in Überzahl spielen können, ja müssen. Arturo Vidal leistete sich nur eine Minute nach der Gelben Karte (22.) ein zweites hartes Foul. Bastian Dankert beließ es bei einer Ermahnung. "Eine Grenzentscheidung des Schieris", kommentierte Kramny. Für Bayern-Trainer Guardiola war das Limit überschritten: Er holte den chilenischen Heißsporn, Blitztorschütze beim 1:0 gegen Lissabon, sofort vom Feld. Thomas Müller, der fürs Rückspiel am Mittwoch in Portugal geschont werden sollte, kam und belebte die uninspirierte Bayern-Offensive, in der bis dahin nur Franck Ribéry auffiel.

Drittens: das ominöse Eigentor. Georg Niedermeier, der gebürtige Münchner, wollte nach Ribérys scharfem Pass vor Robert Lewandowski klären. Doch der Ball prallte unglücklich vom Fuß des VfB-Keepers Przemyslaw Tyton ins Tor. Er wäre sonst wohl neben dem Pfosten gelandet. Kurios: Der Innenverteidiger hatte schon beim 1:4 in Dortmund ein Eigentor verursacht.

Bis zum 0:1 in der 31. Minute war die Abwehr gegen die Bayern bemerkenswert diszipliniert und aufmerksam. Da gab es keine Freistoßmöglichkeiten, und bis zum ersten Eckball der Gäste verstrichen 36 Minuten. "Unsere Leistung war über weite Strecken gut", sagte Jürgen Kramny, der sich aber über das "zu billige 0:2" durch David Alaba ärgerte. Aus spitzem Winkel tunnelte er Verteidiger Toni Sunjic und überraschte Tyton, der den Ball am Pfosten durchflutschen ließ (52.).

Spektakulär im Sitzen gelang Daniel Didavi das 1:2 (63.). Der künftige Wolfsburger, der bereits eine große Chance vergeben hatte (11.), schaufelte die Kugel in den Winkel - sein elfter Saisontreffer. Die aufkommende Hoffnung, das nicht unverdiente 2:2 vielleicht noch zu schaffen, ließ erst der eingewechselte Douglas Costa mit fulminantem Schuss zum 3:1 (89.) endgültig platzen. Vorbereiter war Top-Torjäger Lewandowski, der im dritten Pflichtspiel in Serie selbst leer ausging.

"Wir hatten viele Probleme, gut anzugreifen, haben zu oft Foul gespielt und so Freistöße und Ecken zugelassen. Damit haben wir es für uns selbst kompliziert gemacht", fasste Pep Guardiola den eigenartigen, glanzlosen 24. Saisonsieg zusammen und rechnete vor: "Wir brauchen jetzt noch drei Siege und ein Unentschieden, um das zu erreichen, was noch keinem Team in Deutschland gelungen ist: zum vierten Mal in Serie Meister zu werden."

Nach dem Dortmunder 2:2 gestern bei Schalke 04 sind sogar nur höchstens drei "Dreier" nötig.

Nächste Station für den Tabellenzwölften VfB (33 Punkte) ist am Samstag Augsburg. Der FCA (30) ist nach dem Erfolg in Bremen Fünfzehnter. Ein Zähler gegen die Bayern hätte den Stuttgartern also doppelt gutgetan. "Wir waren am Drücker und hätten ausgleichen können, gerade mit unseren Fans im Rücken hätte etwas gehen können", sagte Didavi. "Es ist enttäuschend, dass nichts für uns herausgesprungen ist. Jetzt müssen wir in Augsburg nachlegen." Borussia Dortmund ist der nächste Heim-Gegner. Und es soll für Kramny und Co. nicht noch mal ganz eng werden.