Viejo calavera

Viejo calavera

Spielfilm aus Bolivien über einen Tunichtgut, dem sein Onkel einen Job im Bergwerk verschafft.

19.01.2017

Von Klaus-Peter Eichele

Viejo calavera

So viel schwarz ist selten auf der Kinoleinwand. Im zweiten Spielfilm des bolivianischen Regisseurs Kiro Russo ist es entweder Nacht oder wir befinden uns tief unter der Erdoberfläche.

Zappenduster ist es auch im Leben des jungen Herumtreibers Elder. Sein Lebenselixier ist der Alkohol; nicht einmal der Tod seines Vaters, der bei einem Minenunglück ums Leben gekommen ist, vermag ihn aus dem Dauersuff herauszureißen. Weil dadurch aber auch seine Geldquelle versiegt, folgt er dem Rat seines Patenonkels, selber einen Job unter Tage anzunehmen. Dort angekommen, rückt der Nichtsnutz aber bald ins zweite Glied. Im Fokus stehen fortan das Kollektiv der Minenarbeiter und der Schauplatz selbst, ein Bergwerk in der bolivianischen Zinnhauptstadt Huanuni.

Bei der Erkundung der Erzgrube und ihrer Umgebung schert sich Regisseur Russo nicht groß um erzählerische und stilistische Stringenz. Es gibt Sequenzen, die realistisch den Alltag unter Tage abbilden, aber auch extrem stilisierte Collagen, die das Stakkato des Hämmerns, Bohrens und Abräumens beinahe Videoclip-artig aufbereiten. Dann wieder blickt die Kamera in die ärmlichen Behausungen der Bergleute, und eine uralte Frau rekapituliert in einem beeindruckenden Monolog ihr elendes Leben.

Eine soziale Anklage, wie man sie aus älteren bolivianischen Filmen kennt, ergibt sich daraus aber nicht. Wohl sind die (von echten Bergleuten gespielten) Protagonisten von jahrzehntelanger Extrem-Maloche gezeichnet; ihr Habitus zeugt aber auch vom Stolz auf ihre Leistung und auf ihren Zusammenhalt. Bei einem gemeinsamen Ausflug in ein Schwimmbad, einem der wenigen lichten Momente des Films, wird die Stimmung sogar regelrecht ausgelassen.

Unter solchen starken Eindrücken verkümmert die ursprüngliche Geschichte. Dass Elder auch unter Tage ein versoffenes Ekel ist und damit die Geduld seiner Kollegen strapaziert, weckt vergleichsweise wenig Interesse. Sein Charakter bleibt viel zu verschwommen, als dass er berühren würde. Zuweilen wünscht man sich, der Regisseur hätte auf das narrative Beiwerk verzichtet und wäre die ganze Sache strikt dokumentarisch angegangen.

Starke Bilder und Eindrücke aus dem nachtschattigen Innern eines Bergwerks. Die halbgare Story stört da nur.

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Erstellt:
19.01.2017, 11:11 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 02sec
zuletzt aktualisiert: 19.01.2017, 11:11 Uhr

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