Bayern-Derby

Viel Spaß, viel Frust

Sechs Volltreffer: Die Münchner schießen sich auf die entscheidende Phase der Saison ein – Augsburg erleidet ein historisches Debakel.

03.04.2017

Von GEROLD KNEHR

Das bayerische Dreigestirn, das dem FC Augsburg sechs Tore ins Netz legte (von links): „Doppelpacker“ Thomas Müller, der dreifache Torschütze Robert Lewandowski und Thiago. Foto: Nordphoto

Das bayerische Dreigestirn, das dem FC Augsburg sechs Tore ins Netz legte (von links): „Doppelpacker“ Thomas Müller, der dreifache Torschütze Robert Lewandowski und Thiago. Foto: Nordphoto

Der April ist ein heißer Monat.“ Sagt Thomas Müller – und dachte dabei trotz des erstaunlich warmen ersten April-Samstages keineswegs in meteorologischen Kategorien. Sein Blick galt vielmehr dem straffen Monatsprogramm seines FC Bayern mit neun Begegnungen binnen 29 Tagen. Die Gegner sind alles andere als Nobodys. In der Bundesliga spielt der amtierende und kommende Fußball-Meister gegen 1899 Hoffenheim, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, FSV Mainz und VfL Wolfsburg. Im DFB-Pokal kommt es zu einem zweiten Aufeinandertreffen mit dem BVB. Und da sind auch noch die beiden Begegnungen im Champions-League-Viertelfinale gegen Real Madrid – so was wie das vorweggenommene Endspiel in der Königsklasse.

Das 6:0 zum Monats-Auftakt gegen den FC Augsburg war daher nicht mehr als ein Aufwärmprogramm für die wichtigen Aufgaben. Denn spätestens nach dem 0:3-Rückstand hatten sich die schwachen Gäste aufgegeben. Die Münchner konnten mehr oder weniger ungestört nach Herzenslust tricksen, zaubern und Tore schießen. „Wir wollten unsere Topform hochhalten“, begründete Robert Lewandowski, der nicht nur als dreifacher Torschütze glänzte, sondern auch noch zwei weitere Treffer vorbereitete, das nicht nachlassende Engagement. Mit seinem Doppelpack dürfte der lange Zeit glücklose Müller seine Torflaute endgültig beendet haben. Und der überragende Regisseur Tiago, Schütze des 4:0, durfte sich über die Standing Ovations in der Arena bei seiner Auswechslung freuen.

„Wir haben ein wirklich gutes Spiel gemacht“, sagte Trainer Carlo Ancelotti betont sachlich. Als einziger Münchner keinen rechten Spaß am Spiel dürfte Torhüter Sven Ulreich gehabt haben. Der Ersatz für den verletzten Manuel Neuer konnte sich bei seinem erst zweiten Saisoneinsatz nicht profilieren. Gerade mal zwei Schüsse kamen auf sein Tor, und die waren harmlos. „In Hoffenheim wird es ein ganz anderes Spiel“, freut sich der ehemalige VfB-Keeper auf mehr Beschäftigung morgen im Kraichgau. Danach soll Neuer wieder zurückkehren. „Wenn es bei einem anderen Verein eine Möglichkeit gibt zu spielen, höre ich mir das an“, ist der 28-Jährige einem Vereinswechsel trotz eines bis 2018 laufenden Vertrages in München nicht abgeneigt.

Ulreichs Augsburger Kollege Marvin Hitz konnte sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen. Stattdessen hatte der hilflose FCA-Schlussmann, der bei drei Bayern-Lattentreffern zudem noch Glück hatte, allen Grund, mit sich und seinen Teamkollegen zu hadern. „Das geht so nicht. Das war viel zu wenig, einfach ganz schlecht von uns. Wir waren völlig verunsichert“, sagte er nach der bislang höchsten Bundesliga-Niederlage der FCA-Geschichte.

Augsburgs Trainer Manuel Baum hatte seine Elf gegenüber dem jüngsten 1:1 gegen Freiburg kräftig umgestellt und unter anderem den zuletzt starken, aber leicht angeschlagenen Konstantinos Stafylidis für das wichtige Spiel am Mittwoch gegen den FC Ingolstadt geschont. Auch Halil Altintop saß zunächst nur auf der Bank. Abschenken wollten die Schwaben die Partie zwar nicht. Doch das 0:6 verstärkte den jüngsten Negativtrend und die Verunsicherung. 23 Gegentreffer kassierte der FCA in diesem Jahr. Unter dem wegen seiner wenig attraktiven Spielweise entlassenen Baum-Vorgänger Heiko Schuster hatte sich der FCA in den ersten 14 Bundesliga-Spielen nur 16 Treffer eingefangen. Auch den auf Relegationsplatz 16 zurückgefallenen Augsburgern drohen nun heiße April-Wochen. „Wir sind mental stark und in der Lage, so etwas wegzustecken. Wenn wir abrufen, was wir können, bin ich zuversichtlich“, verspricht Kapitän Paul Verhaegh.

Der Hamburger SV, der vor fünf Wochen in München gar mit 0:8 untergegangen war, hat gezeigt, wie es geht. Aus den seitherigen vier Spielen holte er zehn Bundesliga-Punkte.