Ostern

Völlig belämmert!

Lämmer gehören zu Ostern wie Fisch zu Karfreitag. In Talheim wurden bei der Schäferei Thierer in den vergangenen Wochen über 150 der vierbeinigen Wollknäuel geboren. Ein Ortsbesuch im wimmelnden Stall.

31.03.2018

Von Dagmar Stepper

Mäh … Ein glückliches Lamm, erst wenige Tage alt, blickt neugierig in die Kamera. Im Talheimer Stall fühlt es sich sichtlich wohl. Bilder: Kuball

Mäh … Ein glückliches Lamm, erst wenige Tage alt, blickt neugierig in die Kamera. Im Talheimer Stall fühlt es sich sichtlich wohl. Bilder: Kuball

Die haben es schon schön im Stall“, sagt Valentin Thierer. Gemeinsam mit seiner Freundin Luisa Fortenbacher steht er inmitten Dutzender Lämmer und Schafe im mollig warmen Stall. Die kleinen Lämmer staksen auf ihren dünnen Beinchen durch das Stroh. Neugierig schauen sie die Besucher an. Dann suchen sie die Mutter, um Milch zu nuckeln. Manche sind erst in der letzten Nacht zur Welt gekommen. Die meisten sind strahlend weiß, ein paar gefleckte und schwarze Schäflein finden sich auch darunter.

Übergabe am 1. Januar

Die Farbe liegt an der Rasse. Die weißen sind Merino-Schafe oder Île de France. Die Schwarzen sind Dorperschafe, die ursprünglich aus Südafrika stammen. Allen gemein: Der Stall ist bei diesem Schmuddelwetter der beste Platz der Welt. Das findet übrigens auch Kater Moritz, der elegant über die Stallmauer balanciert.

Anstrengende Wochen liegen hinter den jungen Leuten. Auf den 1. Januar haben die Thierer-Brüder Valentin (22) und Konstantin (20) die Schäferei der Familie Pfeffer in Talheim übernommen. Für alle ein Glücksfall. Die Brüder, deren Mutter Sibylle Thierer das Nagolder Großunternehmen Häfele leitet, sind Schäfer und Landwirt, und wollten sich ihren Traum von der Selbstständigkeit erfüllen. Das Ehepaar Ernst und Kornelia Pfeffer suchte einen Nachfolger für ihre Schäferei. Und voilà: Die beiden haben sich im vergangenen Jahr gefunden.

Bald geht es auf die Weide

Jetzt steht Valentin jeden Morgen im Stall. Anfang März wurden die rund 500 Schafe an einem Tag geschoren. Sechs Schafscherer aus Baden-Württemberg rückten dafür nach Talheim ein. Die Wolle wird verkauft – bis auf einen kleinen Rest, der als Dünger im eigenen Hofladen angeboten wird. „Das ist der Renner“, sagt Luisa
Fortenbacher. Kornelia Pfeffer nickt. Sie und ihr Mann helfen den Thierer-Jungs fast täglich. Den Woll-Dünger hat Kornelia Pfeffer natürlich selbst ausprobiert. Sie war von der Wirkung begeistert.

Die Schafschur am 3. März war der Auftakt für das „Ablammen“, wie Valentin es nennt. Täglich wurde die Herde um fünf bis zehn Exemplare größer. Inzwischen sind es über 150 Lämmer, die durch den Stall flitzen. Klar, dass die Brüder da von früh morgens bis spät abends im Einsatz sind. Komplikationen gab es glücklicherweise noch nicht. „Klar, wir mussten schon mal helfen. Aber den Arzt mussten wir nicht holen“, sagt Valentin. Er lacht: „Aber wir Schäfer sind ja auch Tierarzt, Futtermeister, Landwirt, Pfleger und Schäfer in einem.“ Und natürlich muss man auch das Büro beherrschen. Aber da haben die Thierer-Jungs Glück: Das übernimmt Luisa, sie ist gelernte Bürokauffrau.

Nach der Geburt bekommt jedes Lamm eine Nummer, bei der Menge geht es nicht anders. Die Mutter und ihr Nachwuchs – die Hälfte gebiert Zwillinge – kommen zwar zusammen für einen Tag in eine Mutter-Kind-Box – doch es kann schon vorkommen, dass ein Lämmle mal seine Mutter in der Herde verliert. Dann ist es gut, wenn mithilfe der Nummer die Mutter gefunden werden kann.

Jetzt an Ostern sind die Schafe noch im Stall. Wenn es die Witterung dann Mitte oder Ende April zulässt, kommen sie auf die Weide. Die Mutterschafe mit ihren Lämmern bleiben in Talheim, der Rest kommt auf die Sommerweide beim Egenhäuser Kapf. Diese Weide brachten die Thierers mit. Dort ist Naturschutzgebiet, daher ist das Gras nicht so fett. Aber Valentin Thierer findet das gut. Sein Bruder und er sind keine Freunde von schnell hochgezüchteten Schafen. Ihre Lämmer dürfen in Ruhe groß werden. Das Winterfutter bauen sie daher auch selbst an – in Bioqualität. „Da weiß man, was man hat“, meint Valentin.

Das Fleisch verkaufen sie in ihrem Hofladen, der alle zwei Wochen samstags von 13 bis 16 Uhr geöffnet ist. So auch heute. Der Hofladen ist Luisa und Kornelia Pfeffers Part. Neben den eigenen Produkten gibt es auch Brot und Eier aus der Region, Pflegeprodukte aus Schafsmilch, und etliches mehr. Wie in den vergangenen Jahren werden im Frühjahr und Sommer auch wieder Erdbeeren und Spargel verkauft. Auch aus der Region, das versteht sich von selbst.

Hofladen alle 14 Tage geöffnet

Valentin Thierer möchte noch eins zum Thema Lammfleisch sagen: „Die Lämmer, die wir schlachten, sind über fünf Monate alt. Sie sehen aus wie Schafe.“ Die Brüder stehen zu ihrem Beruf, zu dem das Verkaufen von Fleisch gehört. Sie schlachten auch selbst. Ihre Tiere werden ihr Leben lang gut behandelt. Ihr Beruf ist für sie Berufung. Dafür verzichten sie auch auf dreiwöchige Urlaube. Seit dem 1. Januar haben Valentin und seine Freundin Luisa noch keinen ganzen Tag frei gehabt. Höchstens mal einen halben. „Dann zieht es uns aber schon wieder in den Stall“, sagt der 22-Jährige und lacht.

Knapp 100 Tage sind seit der Übergabe ins Land gezogen. Ist es so, wie er es sich vorgestellt hat? „Passt schon“, sagt Valentin, der nicht die großen Worte macht.
Seine Freundin ergänzt daher:
„Es gefällt uns super hier. Wir könnten uns nichts Schöneres vorstellen.“ Seit 1. März wohnen die jungen Leute nun auch in Talheim. Bisher haben sie nur Positives
gehört. Nicht nur Talheim ist begeistert, sondern auch Menschen in der Region.

„Wir bekommen Postkarten mit Schafen darauf, kennen aber die Absender nicht“, erzählt Valentin. Die beiden freuen sich auf den Frühling. Dann wird das Idyll noch schöner. Mit den Schafen auf der Weide, um die ihre Hütehunde herumflitzen. Die Rinder mit der Leitkuh Karin dürfen dann auch wieder auf die Weide, Esel und Pferd ebenfalls. Die Gänse werden in der
Steinach baden, die Hühner frisches Gras picken. Und alles in warmes Licht getaucht – wie auf den Postkarten.

Letzte Frage: Was gibt es bei euch an Ostern zu essen? „Natürlich Lamm“, sagt Valentin. Dann dreht er sich um. Er muss zurück
in den Stall.

Valentin Thierer hat mit seinem Bruder Konstantin die Schäferei Pfeffer in Talheim übernommen.

Valentin Thierer hat mit seinem Bruder Konstantin die Schäferei Pfeffer in Talheim übernommen.

Über 150 Lämmer wurden seit Anfang März geboren. Zu ihnen gesellen sich im Stall 500 Schafe.

Über 150 Lämmer wurden seit Anfang März geboren. Zu ihnen gesellen sich im Stall 500 Schafe.