Völlig gedankenlos

In einem Interview in der „Welt“ hat der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer an seine Partei appelliert, zwischen Rassismus und diffusem „Alltagsrassismus“ zu unterscheiden.

10.11.2016

Von Alexander Stock

Ich halte Rassismus in jedweder Form für nicht tolerabel, egal ob das nun sogenannter „Alltagsrassismus“ ist oder Rassismus bzw. Diskriminierung.

Ich halte den „Alltagsrassismus“ sogar für noch gefährlicher als den „normalen“ Rassismus. Letzterer kann, da er offen gezeigt wird, argumentativ, demokratisch und wo nötig, wenn gegen herrschendes Recht verstoßen wird, juristisch bekämpft werden.

Ersterer entzieht sich weitgehend diesen Möglichkeiten, weil – „war ja nicht so gemeint“ oder „das sagen wir doch schon immer so“ – mit einem Augenzwinkern die Harmlosigkeit „alltagsrassistischer Aussagen“ bedeutet werden soll. Dabei wird oft völlig undifferenziert und völlig gedankenlos eine bestimmte Gruppe von Menschen über „einen groben Kamm geschert“, wie zum Beispiel die Aussage über ca. 30 dunkelhäutige Männer im alten botanischen Garten: „das sind alles Dealer“ oder – weil ein Syrer (mit politischem Asyl) gewalttätig wurde – die pauschale, undifferenzierte Fragestellung, ob gewaltbereite Syrer nicht nach Syrien ausgewiesen werden sollten. Diese Form des „Alltagsrassismus“ wird sehr oft gezielt benutzt, um gegen bestimmte wem auch immer missliebige Gruppen von Menschen Stimmung zu machen. Zwar nicht rassistisch, aber ebenso diskriminierend die undifferenzierte und pauschale Aussage über HalterInnen und FahrerInnen von Zweitaktfahrzeugen, sie wären allesamt Umweltverschmutzer und würden bewusst ihre Mitmenschen vergiften wollen. Alltagsrassismus ist der Beginn von Rassismus.

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Erstellt:
10.11.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 10.11.2016, 01:00 Uhr

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