Kreis Freudenstadt · Interview

Vom Ein-Mann- zum 18-Mann-Betrieb

Geschäftsführer Karl-Heinz Dunker spricht über die Zukunft des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord, den es seit 20 Jahren gibt. Die Feier musste coronabedingt abgesagt werden.

14.10.2020

Von Hannes Kuhnert

Im Infoshop des Naturparks präsentiert Friederike Stetter Spezialitäten aus der Region. Bilder: Hannes Kuhnert

Im Infoshop des Naturparks präsentiert Friederike Stetter Spezialitäten aus der Region. Bilder: Hannes Kuhnert

Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord wird im Dezember 20 Jahre alt. Das sollte gefeiert werden. Eigentlich. Doch dann kam die Corona-Pandemie. Ob, wann und wie gefeiert wird, ist noch nicht entschieden. Von Anfang an dabei ist Karl-Heinz Dunker (59) als Geschäftsführer. Mit ihm sprachen wir über Vergangenes, Aktuelles und Künftiges im Naturpark.

Südwest Presse: Peter Dombrowsky, ehemals Landrat im Kreis Freudenstadt und bis 2010 erster Vorsitzender des Träger-Vereins, hat den Naturpark gern eine „Erfolgsgeschichte“ genannt. Ist er nach 20 Jahren immer noch eine Erfolgsgeschichte?

Karl-Heinz Dunker: Klar, es wäre schlecht, wenn es anders wäre. Ich kann es an einer Zahl festmachen. Der Naturpark war bei seiner Gründung ein Ein-Mann-Betrieb. Mittlerweile sind es 18 Menschen, die für den Naturpark arbeiten. Demnächst wollen wir unsere erste Außenstelle in Baden-Baden eröffnen.

Was macht den Erfolg aus?

Wir haben uns von Anfang an auf die drei Themen Touristik, Naturschutz und Naturpädagogik sowie Erhaltung der Kulturlandschaft konzentriert. Inzwischen werden wir sowohl durch die Tiefe als auch die Breite und die Zahl unserer Projekte wesentlich intensiver wahrgenommen. Denken Sie an die Regionalvermarktung, zum Beispiel an die Naturpark-Marktscheune, an die zahlreichen Bildungsprojekte oder die unentwegten Führungen unserer mehr als 80 Schwarzwald-Guides.

Sie hatten am Anfang auch Widerstände zu verkraften. Drei Gemeinden wollten nicht mitmachen. Warum?

Ja, das waren Seewald, Ottenhöfen und Sasbachwalden. Sie befürchteten Einschränkungen für die Landwirtschaft. Alle drei sind dann aber relativ schnell zu uns gestoßen und arbeiten aktiv mit.

Der Naturpark hat in Landkreisen und Gemeinden ganz unterschiedliche Projekte gefördert. Was waren die meisten Vorhaben?

Am Anfang sicherlich Projekte für den Tourismus, so die Wanderwege-Beschilderung und Nordic Walking Strecken. Nach letzteren kräht heute kein Hahn mehr. Mit der Zeit wandelte sich das hin zum verstärkten Naturschutz und zur Naturpädagogik in Kindergärten und Schulen. Die Wertschöpfung und Wertschätzung in der Landwirtschaft sind heute zum Beispiel ganz wichtige Themen.

Was war das ausgefallenste Projekt?

Das originellste jedenfalls ist die „Wilde Sau“. Schwarzwild aus dem Schwarzwald auf dem Teller. Eine Aktion zusammen mit Jägern, Metzgern und den Naturpark-Wirten. Schade, dass uns da Corona in diesem Jahr dazwischen gefunkt hat. Trotzdem steigt die Nachfrage nach „wildem Schweinebraten“.

Haben Sie mal zusammengezählt, wie viele Millionen Euro in 20 Jahren durch Projekte des Naturparks in die Gemeinden geflossen sind?

Aber sicher: Seit Beginn sind es genau 1172 Projekte mit einer Fördersumme von 11,1 Millionen Euro. Das dürfte eine Wertschöpfung von 33,4 Millionen Euro ausgelöst haben.

Was war Ihr schönstes Naturpark-Erlebnis?

Oh, da gibt es viele. Vielleicht der Naturpark-Radweg, 260 Kilometer rund um den Naturpark. Oder die Naturpark-Wirte. Oder die Freude über unser funktionierendes Netzwerk. Die Freude, wenn Kinder etwas mit dem Begriff Naturpark anfangen können.

Auch was ganz Aktuelles?

Natürlich, der Naturpark-Laib. Das Brot aus dem Naturpark. Ein Bauer, ein Müller und ein Bäcker tun sich zusammen für ein gesundes Produkt aus der Region.

Und was hat nicht geklappt?

Trotz aller Bemühungen ist es uns nicht gelungen, die eigene Marke „Echt Schwarzwald“ umzusetzen. Und unser großes Ziel, die Offenhaltung der Landschaft, ist nicht erreicht. Der Prozess des Zuwachsens ist ungebrochen. Das wird unsere große Aufgabe für die Zukunft sein. Wir müssen unsere regionalen Landwirte stärken.

Fühlen Sie sich eigentlich vom Nationalpark - immerhin eine mächtige staatliche Behörde - an die Wand gedrängt?

Nein. Mit Ausrufezeichen. Wir kommen uns nicht ins Gehege.

Was unterscheidet die beiden denn?

Das ist ganz einfach. Der Nationalpark möchte die Natur wild, er möchte die Natur Natur sein lassen. Unser Bemühen ist es, die Kulturlandschaft im Schwarzwald zu bewahren, also Landschaften, die der Mensch geschaffen hat.

Was haben Sie sich für die Zukunft vorgenommen?

Zunächst wollen wir noch in diesem Jahr den Naturpark-Plan 2030 verabschieden, also unsere Leitlinie für die nächsten zehn Jahre. Dann stehen wird kurz vor einer geografischen Erweiterung im Landkreis Rottweil und im Landkreis Calw.

Und was sind Ihre langfristigen Ziele?

Naturparkzentren auf dem Kaltenbronn und in Hornberg-Niederwasser sowie Naturpark-Kindergärten, Naturpark-Grundschulen, Naturpark-Realschulen und Naturpark-Gymnasien.

Vom Ein-Mann- zum 18-Mann-Betrieb

Karl-Heinz Dunker ist von Anfang an dabei und hat den Naturpark mitgeprägt

Karl-Heinz Dunker (59) ist seit 2001 Geschäftsführer des Naturparks. Der Forstwirt wurde in Heidelberg geboren. Dunker hat den Auf- und Ausbau des Naturparks Schwarzwald Mitte-Nord maßgeblich beeinflusst. Seine Hobbys sind Wandern, Angeln und seine beiden Labrador-Retriever.

Der Naturpark erstreckt sich zwischen Karlsruhe im Norden und Rottweil im Süden sowie Offenburg im Westen und Calw im Osten über 3750 Quadratkilometer.

Er ist damit der drittgrößte Naturpark Deutschlands.

In diesem Gebiet gibt es 106 Gemeinden, 700 000 Menschen leben dort.

Seit 2019 läuft ein Arrondierungsverfahren: Neue Gemeinden möchten in den Naturpark aufgenommen werden.

Mit knapp 420000 Hektar wäre der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord dann wieder der größte Deutschlands, wie zu seiner Gründung.

Der Naturpark hatte seinen Sitz bis 2016 auf dem Ruhestein.

Heute unterhält er in Bühlertal im Haus des Gastes einen Informationsshop mit Spezialitäten aus der Region.

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Erstellt:
14.10.2020, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 14.10.2020, 01:00 Uhr

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