Über eine kurze Karriere als Schützin

Vom Panzerknacker zur Schützenkönigin

Mein Verhältnis zu Waffen ist etwas zwiespältig. Als Kind habe ich mich spontan auf die Seite der Entrechteten gestellt und war an Fasching immer Indianer. Inklusive Pfeil und Bogen, versteht sich. Weil aber um mich herum so viele Cowboys zugange waren, gehörte schon bald auch ein Colt zur Ausrüstung.

24.04.2017

Von Uschi Kurz

Während des friedensbewegten Studiums Anfang der 80er in Tübingen spielte ich eine Zeitlang bei einer pazifistischen Theatergruppe der Deutschen Friedensgesellschaft mit. Wir trugen den schönen Namen „Panzerknacker“. Einmal fuhr die Truppe, da war ich – weil hochschwanger – schon nicht mehr dabei, zu einem Auftritt. Mit einem VW-Bus, den groß das Emblem mit dem zerbrochenen Gewehr zierte. Der Bus wurde von einer Zivilstreife, die nach Terroristen fahndete, auf freier Strecke angehalten. Dass die Kollegen als Requisit eine Maschinenpistole aus Plastik dabei hatten, trug damals nicht gerade zur Deeskalation bei.

Jedenfalls beschlossen wir pazifistischen Eltern, dass unser Sohn keine Pistole als Spielzeug bekommen sollte. Es war dann der Großvater, der das Unglück nicht länger mit ansehen konnte und dem armen Knaben eine Käpselespistole kaufte. Als im Kindergarten das Faschingsmotto Tier- und Zauberwesen (Waffenträger aller Arten sollten draußenbleiben) ausgegeben wurde, ließ der Junge sich zwar dazu überreden, als Gespenst zu gehen. Doch sein schmuckes Leintuch-Kostüm barg ein Geheimnis: Der Fünfjährige trug darunter eine komplette Cowboy-Garnitur und wartete nur darauf, bis der erste Kumpel seine Pistole zückte. Es dauerte nicht lange und auch er enthüllte mit einem Griff seine wahre Natur und ließ ein schauriges „Hände hoch“ erschallen.

Bei seinen jüngeren Brüdern waren wir dann nicht mehr ganz so konsequent. Aber selbst eine Knarre in den Hand nehmen – nie im Leben. Aber bekanntlich soll man ja nie niemals sagen. Das Unglaubliche geschah, als die Redaktion zum jährlichen Presse-Hock mit der Polizei ins Schützenhaus nach Reutlingen eingeladen wurde. Ich war damals freie Mitarbeiterin und zum ersten Mal dabei. Standhaft weigerte ich mich zunächst, das Gewehr zu nehmen. Doch weil alle Kollegen mitmachten, wollte ich mich auch nicht länger zieren.

Geschossen wurde im Liegen, die Zielscheibe war 50 Meter entfernt. Und wenn ich ganz ehrlich bin, hat es sogar Spaß gemacht. Anscheinend hatte ich damals eine ruhige Hand und ein sicheres Auge – oder ganz einfach Anfängerglück, denn von den sieben Schuss setzte ich fünf ins Zentrum. Was dazu führte, dass ich sowohl den damaligen Polizeidirektor als auch einen Kollegen, der Jäger ist und den Wettbewerb in den Jahren zuvor immer gewonnen hatte, auf die Plätze verwies. Ich hatte den Pokal gewonnen! Bleibt nur noch anzumerken, dass die Polizei seither nie mehr zum Presse-Schießen geladen hat.