Ausstellung

Von Galgen, Gaunern, Geheimzeichen und Gefängnissen

„Im Spitzbubenland: Räuber um 1800 in Schwaben“ wird ab Samstag mit Exponaten von der 2010er-Schau, ergänzt um die Themen Strafvollzug und Scharfrichter, im KMZ Glatt gezeigt. Im Rahmenprogramm gibt es zwei Vorträge. Von Cristina Priotto

15.12.2016

Von Cristina Priotto

Museumsleiter Cajetan Schaub hält das Original-Mousqueton von Hannikel (im Hintergrund als stilisierte Figur von J.B. Seele). Ausstellungsmacherin Susanne Mück zeigt das Original-Portrait des Räuberhauptmanns von Kölreuter. Beides sind Leihgaben aus dem Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt. Bilder: Priotto

Museumsleiter Cajetan Schaub hält das Original-Mousqueton von Hannikel (im Hintergrund als stilisierte Figur von J.B. Seele). Ausstellungsmacherin Susanne Mück zeigt das Original-Portrait des Räuberhauptmanns von Kölreuter. Beides sind Leihgaben aus dem Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt. Bilder: Priotto

Als großer Erfolg und Publikumsmagnet erwies sich 2010 die Ausstellung „Im Spitzbubenland: Räuber um 1800 in Schwaben“, die das Büro Mück und Beitler aus Ofterdingen konzipiert hatte. Nach der Premiere in Glatt wurde die Wanderausstellung in Rottenburg gezeigt. „Seither gab es immer wieder Anfragen“, berichtete der Sulzer Museumsleiter Cajetan Schaub am gestrigen Mittwoch bei einem Pressetermin.

Gut drei Viertel der Exponate haben die Ausstellungsmacher für die Neuauflage der Spitzbuben-Exposition erneut zusammengetragen. Neu hinzugekommen sind allerdings einige zusätzliche Original-Gegenstände sowie der Bereich Strafvollzug einschließlich Dokumenten von Scharfrichtern.

Dazu gehören unter anderem eine Galgenleiter des Hofgerichts aus der Sammlung des Freiherrn von Ow-Wachendorf, mit der Delinquenten zum Aufknüpfen an den Galgen hochgezogen wurden.

Bevor Gaunern ein solch schlimmes Schicksal drohte, schmorten die Schurken aber meist im Gefängnis. Davon zeugen auch einige Leihgaben aus dem Ludwigsburger Strafvollzugsmuseum wie „Eiserne Hosenträger“ oder Handschellen. Die Frauen aus der Sulzer Hannikel-Bande saßen übrigens auch im dortigen Zuchthaus ein, wie Mück dem Gefängniseingangsbuch des „Waisen-, Zucht- und Arbeitshauses“ entnommen hat. Bei der Aufnahme gab es Variationen zwischen „gemäßigtem Willkomm“, was zwölf Schlägen entsprach bis zum „geschärften Willkomm“
– dies waren 40 Schläge mit Birkenrute oder Haselnussstock.

Schaub zeigte gestern anhand einer Karte und Fotos von Karl-Josef Sickler aus Dettingen, dass sich 1835 auch im Fürstensaal des Wasserschlosses Gefängniszellen befanden. Und die Tür zum „Schloss-Café“ stammt ebenfalls aus dem damaligen Gefängnis.

Die tödlichen Urteile vollzogen Scharfrichter, deren makabrer Beruf sich innerhalb von Dynastien vom Vater an den Sohn weitervererbte. Diese Wasenmeister oder Angstmänner, wie die Henker auch genannt wurden, dokumentierten Folter und Hinrichtungen, nachzulesen etwa im „Scharfrichterbüchlein des Scharfrichters Steinmayer“ aus Haigerloch, das ebenfalls aus der von Ow-Wachendorf‘schen Sammlung stammt. „Enthauptungen waren am angenehmsten“, erklärt Susanne Mück und stellt diese schnelle Methode damit in Relation zu länger dauernden Bestrafungsarten wie Rädern oder Erhängen.

Von Letzterem zeugt in der Ausstellung etwa ein Galgenstrick aus Oberdischingen des sogenannten „Malefizschenks“, der Verbrecher damit aufhängte.

Diese grausamen Verurteilungen erfolgten übrigens immer öffentlich – „aus Abschreckungsgründen“, wie Mück erklärt. Anders als andere hölzerne Hinrichtungsstätten wie etwa in Triberg war der Galgen in Sulz aus behauenen Steinen gemauert und stand bis 1811 dort, wo später die Hannikellinden gepflanzt wurden – erst nach Hannikels Erhängung.

Zwei besondere Exponate, die erstmals in Glatt gezeigt werden, sind zudem das Original-Mousqueton von Jakob Reinhardt sowie das Hannikel-Portrait von Kölreuter. Beides wurde aus dem Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt nach Glatt geholt. Nicht fehlen dürfen natürlich das berühmte Hannikel-Portrait von Johannes Hermann, Bilder des „Räubermalers“ Johann Baptist Pflug sowie Informationen zum Sulzer Räuberfänger Georg Jacob Schäffer.

Alle neuen Gegenstände werden bei der Neuauflage der Ausstellung im Fürstensaal gezeigt.

Im kleinen Zimmer erinnern Schautafeln an berühmte Räuberinnen wie die „Schleiferbärbel“ oder „Hennenflügels Sephe“.

Präsentiert werden zudem im hinteren Zimmer Räuberbanden wie die des „Schwarzen Veri“, deren Beute, Gauersprache und „Zinken“ als Geheimzeichen.

Im Turmzimmer können die Besucher Filmszenen über Räuberbanden anschauen, Räubergeschichten hören und einen Rotwelsch-Test machen.

Für die Galerie hat Siegfried Esslinger alte Waffen aus seinem Fundus zur Verfügung gestellt.

Die Ausstellung haben die Stadt Sulz, das Bauernmuseum und der Bürger- und Kulturverein Glatt mit Susanne Mück, Karl-Josef Sickler und Helmut Belthle, dem Urururenkel eines Henkers, neu fürs KMZ zusammengestellt.

Susanne Mück zeigt auf den Eintrag im Gefängniseingangsbuch des „Waisen-, Zucht- und Arbeitshauses“ Ludwigsburg, in dem die Aufnahme der Frauen aus der Hannikelbande steht.

Susanne Mück zeigt auf den Eintrag im Gefängniseingangsbuch des „Waisen-, Zucht- und Arbeitshauses“ Ludwigsburg, in dem die Aufnahme der Frauen aus der Hannikelbande steht.

Eröffnung, Dauer und Sonderveranstaltungen

Die Eröffnung der Ausstellung ist am Samstag, 17. Dezember, um 18 Uhr im Fürstensaal im Wasserschloss Glatt.

„Mythos und Wirklichkeit: Der Scharfrichter in der Frühen Neuzeit“ mit Helmuth Belthle findet am Freitag, 10. Februar 2017, um 19.30 Uhr.

„Das letzte Kapitel: Die Bestrafung der Räuber“ ist das Thema von Erich Viehöfer am Freitag, 17. März 2017, um 19.30 Uhr.

Die Öffnungszeiten sind vom 18.

Dezember bis 31. März 2017 freitags bis sonntags von 14 bis 17 Uhr sowie am 1. und 2. April von 11 bis 18 Uhr.