Interview

„Vorbereitung und Fleiß zeichnen die ,Eintracht‘ aus“

Mehr als acht Jahre lang leitete Helmut Kiefer als Dirigent den Musikverein Göttelfingen. Vor seinem Abschiedskonzert, dem Jahreskonzert am Sonntag, spricht der 60-Jährige mit der SÜDWEST PRESSE über die schönsten Momente mit der „Eintracht“.

08.12.2017

Von Maik Wilke

Der Musikverein „Eintracht“ Göttelfingen, hier im Jahr 2013 vor dem katholischen Gemeindehaus in Göttelfingen, hat mit Helmut Kiefer acht erfolgreiche Jahre erlebt. Nun geht der Dirigent in den musikalischen Ruhestand. Archivbild: Poensgen

Der Musikverein „Eintracht“ Göttelfingen, hier im Jahr 2013 vor dem katholischen Gemeindehaus in Göttelfingen, hat mit Helmut Kiefer acht erfolgreiche Jahre erlebt. Nun geht der Dirigent in den musikalischen Ruhestand. Archivbild: Poensgen

SÜDWEST PRESSE: Herr Kiefer, das erste Konzert unter Ihrer Leitung spielte der Musikverein „Eintracht“ Göttelfingen am 3. Oktober 2009 zur Eröffnung der Korntalhalle. Wie gut können Sie sich noch an das Konzert erinnern?

Helmut Kiefer:Ich kann mich an diesen Auftritt noch sehr gut erinnern. Das Programm für die Eröffnung war bereits festgelegt, und ich weiß auch noch, dass ich bei den Proben mit dem Stück „Festmusik der Stadt Wien“ von Richard Strauß anfangs nicht zufrieden war. Die Musiker haben sich jedoch mächtig angestrengt, sodass ich auch mit dem langsamen Teil in diesem Stück zufrieden war.

Sie hatten zu diesem Zeitpunkt schon mehr als 20 Jahre Dirigenten-Erfahrung. Dennoch: Waren Sie vor diesem Auftritt nervöser als sonst? Schließlich war es nicht nur Ihr Göttelfinger Debüt, sondern das gleich auch vor hochkarätigem Publikum mit Landrat und Landtagsabgeordneten.

Ein bisschen Aufregung gehört immer dazu. Bei solchen Anlässen ist das Publikum jedoch sehr aufmerksam, und solche Auftritte machen mir und auch den Musikern besonders viel Spaß.

Bei Ihrer Einführung im Juli 2009 hatten Sie gesagt, dass das Orchester stark besetzt sei. Was gab es trotzdem noch zu verbessern?

Bei jedem Wertungsspiel oder Kritikspiel wird am ehesten die Tonqualität und auch die Intonation erwähnt. Dies sind auch Schwachpunkte in den meisten Orchestern. Auch in Göttelfingen war dies so, aber genau darauf lege ich sehr viel Wert. Mit entsprechenden Einspielübungen und mit sehr vielen Hörübungen werden in diesem Bereich gute Ergebnisse erzielt.

Wie hat sich generell die Arbeit mit den Musikern aus Ihrer Sicht in den acht Jahren entwickelt?

Am Anfang waren die Musiker etwas zurückhaltend. Sie wollten zunächst abwarten, wie ich mich als Dirigent verhalte. In dem Moment, als die Musiker merkten, dass ich mich für den MV Göttelfingen einsetze, änderte sich dies. Meine
Arbeit wird seither geschätzt und gewürdigt und ich bin ihr Dirigent geworden.

Welche Momente sind Ihnen persönlich in den acht Jahren im Gedächtnis geblieben?

Die beiden Reisen zum Europäischen Blasmusikfestival nach Schlema, wo sich sehr gute Kapellen aus fast ganz Europa trafen. Zudem die Reise zur Grünen Woche nach Berlin, wo wir noch einen Auftritt in der Indischen Botschaft hatten. Natürlich auch die beiden Wertungsspiele in Rietheim und
in Altheim.

Wie bedeutend war es für Sie, dass Sie und der MV als eine von vier Kapellen beim Landesmusikfestival in Horb den Sternmarsch zum Unteren Marktplatz bilden durften?

So ein Sternmarsch ist ein schönes Erlebnis. Auch die Außenwirkung für die Bevölkerung ist nicht zu verachten. Mir persönlich war der Auftritt auf der Tribüne am Unteren Marktplatz jedoch wichtiger.

Weitere Höhepunkte waren sicher die von Ihnen bereits erwähnten Wertungsspiele, bei denen die „Eintracht“ 92 und 94,8 Punkte erreicht hat. Was macht den Göttelfinger MV im wahrsten Sinne so „hervorragend“?

Beim Wertungsspiel in Rietheim spielten wir in der Oberstufe. Wir waren damals die einzige Kapelle, die sich für den Stundenchor entschieden hatte. Das heißt: Die Kapelle musste innerhalb einer Stunde ein Stück einstudieren und anschließend vortragen. Als Selbstwahlstück spielten wir dort „A Springtime Celebration“ von Alfred Reed. Auch dieses Selbstwahlstück ist der Kapelle gut gelegen, und deshalb erhielt Göttelfingen von allen teilnehmenden Kapellen der Oberstufe die meisten Punkte. In Altheim nahm die Eintracht seit 2003 zum ersten Mal wieder in der Höchststufe am Wertungsspiel teil. Wir spielten dort das Jahrhundertwerk „Armenische Tänze“ von Alfred Reed und auch dieses Stück lag der Kapelle überaus gut. Schon die Eröffnung dieses Stücks erzeugte Gänsehautfeeling – und den Wertungsrichtern ging es gleich. Da werden auch mal gerne die 10 Punkte gezogen. Die Stückauswahl, gute Vorbereitung und Fleiß sind die Attribute, die die „Eintracht“ auszeichnen.

Sie haben bei der Hauptversammlung im Februar 2016 aus der Expertise des Wertungsspiels vorgelesen: Der MV sei gut aufgestellt, lediglich die Saxofonisten könnten besser

besetzt sein. Was hat sich auf dieser Position seit Frühjahr 2016
getan?

Dies stimmt so nicht ganz. Beim Wertungsspiel hatten wir auf dem Saxofon eine Aushilfe und der Satz war dort komplett. Ich erwähnte bei der Hauptversammlung jedoch, dass der Saxofonsatz nicht vollständig besetzt wird. Die Verantwortlichen wissen das. Im nächsten Jahr kommt eine Saxofonspielerin dazu. Sie legte vor kurzem die D 2-Prüfung ab.

Sie wurden für Ihre Leistungen mit der Ehrennadel in Gold mit Diamant und der Dirigentennadel in Gold
mit Diamant ausgezeichnet. Was macht gute Dirigenten-Arbeit
aus? Sollte er lieber die einzelnen Musiker verbessern oder die Stücke nach der Stärke des Orchesters
auswählen?

Beides ist wichtig. Speziell für ein Wertungsspiel ist es jedoch absolut wichtig, dass die Stücke zur Stärke des Orchesters passen.

Sie meinten einmal, ein Jahreskonzert ohne Marsch und Polka werde es bei Ihnen nicht geben. Was macht diese Stücke für ein gelungenes
Konzert unverzichtbar?

Dies war nicht immer meine Meinung. In Göttelfingen wird es jedoch sehr gerne gesehen, wenn am Schluss noch etwas Volkstümliches erklingt. Zwischenzeitlich weiß ich, dass es etliche Zuhörer gibt, die enttäuscht nach Hause gehen würden, wenn nicht etwas Volkstümliches gespielt würde. Zum Abschluss spielen wir dieses Jahr den Konzertmarsch „Gigantic“ von Julius Fucik. Ein toller und nicht gerade leichter Konzertmarsch. Ein Ohrenschmaus für die meisten Blasmusikfreunde.

Für die Jahreskonzerte haben Sie mehrmals das Thema „Filmmusik“ gewählt. Warum?

In Göttelfingen gibt es einen Musikausschuss. Einige Zeit vor entsprechenden Anlässen trifft man sich, berät über die Themen und auch die Musikstücke. Es ist also nicht immer nur die Auswahl des Dirigenten, sondern es sind mehrere aktive Spieler, die sich hier einbringen können. Filmmusik ist ein Thema, das hauptsächlich die Jugend begeistert. Dies wissen auch die Verlage, und diese Notenausgaben sind auch am gefragtesten. Zu fast jedem Film gibt es nach einiger Zeit Notenausgaben für Blasorchester.

Am Sonntag leiten Sie Ihr letztes Konzert als Dirigent des Musikvereins „Eintracht“ Göttelfingen. Mit welchem Gefühl gehen Sie in diesen besonderen Abend?

Ich versuche, den Ablauf in meiner Vorbereitung so normal wie immer zu gestalten. Eine innere Unruhe hat auch schon meine Frau festgestellt. Ich bin mir sicher, dass ich das Konzert in Ruhe dirigiere, jedoch habe ich in den vergangenen Jahren in Göttelfingen viele Freunde gewonnen, und so ganz leicht wird der Abschied dann doch nicht.

Nach Ihrem Dirigenten-Amt in Erzingen, wo sie 22 Jahre tätig waren, kamen Sie nach zwei Jahren Pause wieder zurück auf die Bühne. Ist nun endgültig Schluss oder sieht man Sie nochmal woanders den Taktstock schwingen?

Ich bin jetzt seit 1966 aktiv im Vereinsleben tätig, und den Taktstock werde ich nur noch schwingen, wenn ich mal einspringen muss. Feste Termine will ich keine mehr wahrnehmen.

Bei Ihrem ersten Jahreskonzert mit der „Eintracht“ spielten Sie Stücke aus jeder Epoche der bisherigen MV-Dirigenten. Welches Stück, das Sie in Göttelfingen eingeübt haben, soll in Erinnerung bleiben?

Am besten gefiel mir damals das Stück von Sepp Tanzer „Tirol 1809“. Ein Stück von einem sehr guten Komponisten, heimatverbunden und ohne Hilfe des Computers. Aus meiner Zeit wäre das jedoch das Stück „Second Suite for Band“ von Alfred Reed.

Helmut Kiefer

Helmut Kiefer

Jugendkapelle macht den Auftakt

Das Jahreskonzert des Musikvereins „Eintracht“ Göttelfingen beginnt am Sonntag, 10. Dezember, um 18 Uhr. Saalöffnung der Korntalhalle ist um 17 Uhr. Der Konzertabend wird von der Jugendkapelle Göttelfingen/Baisingen eröffnet. Im Anschluss an die Jugendkapelle wird Dirigent Helmut Kiefer zum letzten Mal die Leitung der „Eintracht“ übernehmen. Er geht im nächsten Jahr auf eigenen Wunsch in den „Dirigenten-Ruhestand“. Gemeinsam mit seinen Göttelfinger Musikern hat er ein Konzert mit vielen musikalischen Höhepunkten vorbereitet. Einen Einblick in das Konzertprogramm erhalten Interessierte auf der Homepage des Musikvereins unter www.mv-g.de.

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Erstellt:
08.12.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 08.12.2017, 01:00 Uhr

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