Das Mittwochs-Interview
„Vorzeichen sprechen natürlich für Baiersbronn“
Am Sonntag trifft Bezirksligist Sulz im Relegationsspiel in Wittershausen auf Baiersbronn(Anpfiff: 15 Uhr). Vorstand Tobias Nübel spricht über die Vorbereitung auf solch ein Spiel, die Unruhen um Golubovic und die Zukunft des VfR.
SÜDWEST PRESSE: Herr Nübel, haben Sie die Kaugummi-Packung für Sonntag schon besorgt?
Tobias Nübel: (lacht) Nein, Kaugummi nehme ich nie. Aber klar: Der Puls wird ansteigen und die Anspannung wird da sein.
Was ist Ihr Mittel dagegen?
Nichts Besonderes. Als langjähriger Fußballer erkenne ich in den ersten fünf Minuten, ob die Mannschaft die entsprechende Leistung und Einstellung auf den Platz bringt. Wenn dieses Gefühl da ist, bin ich beruhigter.
Und wenn nicht?
Dann werde ich unruhig und muss aufpassen mit meinen Kommentaren, die ich dann schnell von außen loslasse.
Werden Sie sich unmittelbar vor dem Spiel noch einmal an die Mannschaft wenden?
Nein, das machen die Trainer. Das bringt nichts, wenn sechs unterschiedliche Leute da nochmal was sagen. Zu viele Köche verderben den Brei. Die Spieler wissen Bescheid, von uns ist alles gesagt.
Was war ihre Botschaft an die
Mannschaft?
Wir sind uns alle einig, dass wir eine ganz schlechte Runde gespielt haben. Und jetzt haben sie die Chance, mit einem Spiel die Saison noch zu retten. Jeder muss den Gedanken haben: Entweder bin ich der Depp oder der Held. Ich erwarte, dass jeder Spieler die entsprechende Einstellung an den Tag legt, um dieses Spiel erfolgreich zu gestalten.
In den 90 Minuten steht viel auf dem Spiel – es droht der Abstieg in die Kreisliga. Wie bereitet man sich auf so ein Relegationsspiel vor?
Das Training konnten wir in 14 Tagen natürlich nicht voll auf den Kopf stellen. Aber ein Punkt ist die Zuschauerkulisse: Wir haben einige Spieler, die das nicht gewohnt sind. Darauf müssen wir sie einstellen. Und jeder Spieler wird von Markus Müller eine klare Aufgabe zugeteilt bekommen und muss diese zu 120 Prozent erfüllen. Wir können nur als Team
gewinnen – da muss sich jeder
in den Dienst der Mannschaft
stellen.
Ex-Spielertrainer Dominik Golubovic stellte sich nicht in den Dienst der Mannschaft – er will auf seinen Einsatz verzichten. Konnten Sie ihn noch vom Gegenteil überzeugen?
Nein, er wird nicht spielen. Das ist seine Entscheidung und die müssen wir akzeptieren.
Aber sein Vertrag läuft bis zum Saisonende – da gehört die Relegation dazu. Hätten Sie da nicht hart durchgreifen müssen?
Ich kann niemanden zwingen. Egal, welcher Spieler es ist, er
hilft uns nur, wenn er freiwillig spielt. Mit Zwang kommen wir nicht weiter.
Die Unruhen um Golubovic in den vergangenen Tagen legten nicht gerade die besten Voraussetzungen für das wichtige Spiel. Wie sehr belastet das die Mannschaft?
Diese Unruhen werden außerhalb viel mehr diskutiert als bei uns. Rein fußballerisch hätten wir uns natürlich gewünscht, dass er dieses Spiel noch bestreitet, aber das Team geht ganz normal damit um. Als er am Anfang der Saison verletzt war, haben wir ja auch viele Spiele ohne ihn gemacht.
Gerüchten zufolge sollen einige Sulzer Spieler auf Sie zugekommen sein und gesagt haben: „Wenn Golubovic und die Erdem-Brüder weitermachen, hören wir auf“. Was ist da dran?
Das ist ein Gerücht, das stimmt nicht.
Golubovic und Yasin Erdem werden den Verein definitiv verlassen. Was ist mit Torjäger Sonay Erdem?
Wir werden alles dafür tun, dass er in Sulz bleibt. Aber natürlich hat er Anfragen und könnte von seinem Talent her in ein paar Jahren locker Verbandsliga spielen, aber es wäre kein Fehler in Sulz zu bleiben. Mit dem neuen Trainer wäre das genau das Richtige – er könnte ihn weiterentwickeln.
Matthias Bantle heißt der neue Mann. Was wollen Sie mit ihm
erreichen?
Er arbeitet gerne mit jungen Spielern zusammen und bringt viel Erfahrung mit. Wir haben zehn bis zwölf Spieler zwischen 18 und 21 Jahren, die genau so einen Trainer brauchen. Wir erhoffen uns, dass sie durch ihn einen Schritt nach vorne machen, so wie Mika Lörcher in dieser Runde. Das braucht aber sicher zwei, drei Jahre.
Nur noch mit Eigengewächsen –
ist das der neue Sulzer Weg?
Wir können nicht alles mit Sulzern stemmen. Aber 80 Prozent des Kaders sollte aus einem Sulzer Stamm bestehen. Aber da wird sicher mal der ein oder andere wegfallen – dann brauchen wir eine Ergänzung von außen.
So wie Torjäger Philipp Rumpel, der in dieser Saison schmerzlich vermisst wurde und den Sie immer wieder als Grund für die verkorkste Runde genannt haben. Aber was war das eigentliche Problem?
Wir haben uns natürlich auch gefragt: Ist er alleine der Grund dafür? Aber es ist eben so, dass ein Spieler von dieser Klasse bei seinem Team noch einmal 20 Prozent mehr rausholen kann. Genauso kann es aber auch umgekehrt passieren: Fast jeder unserer Spieler hat in dieser Runde 20, 30 Prozent unter seiner Normalform
gespielt. Wenn Philipp dabei gewesen wäre, würden wir jetzt auf einem Platz im vorderen Mittelfeld stehen.
Nun muss ihre Mannschaft aber in der Relegation um den Klassenverbleib kämpfen. Welche Konsequenzen ziehen Sie, wenn Sulz das Spiel verliert?
Die erste Konsequenz ist mit dem neuen Trainer ja schon gezogen. Der Trainingsplan steht, es ist alles geklärt. Wir hoffen natürlich, dass es die Bezirksliga sein wird, aber egal welche Liga: Am 3. Juli wird Trainingsbeginn sein. Auch das wird man überleben. So wie Frankfurts Stepanovic damals sagte: Lebbe geht weider.
Geben Sie sich als Vorstand auch eine Teilschuld an der verkorksten Runde?
Das habe ich immer gesagt: Da ist nie einer alleine schuld. Ich habe auch bei vielen Entscheidungen mitgewirkt. Vielleicht hätte man für den offensiven Bereich noch eine Ergänzung holen können,
damit Sonay Erdem da vorne
nicht auf sich alleine gestellt ist. Da mache ich mir schon auch einen Vorwurf.
Wie Sie anfangs gesagt haben, gibt es jetzt die Chance, die Saison in diesem Spiel noch zu retten. A-Jugendtrainer Markus Müller, unterstützt von Sven Hölle und Andre Frick, werden die Mannschaft darauf vorbereiten. Warum sind die drei die richtigen Männer für diese Aufgabe?
Markus Müller trainiert die A-Jugend sehr erfolgreich und hat den Bezug zu den jungen Spielern, wie Mika Lörcher, Jonas Baur oder Moritz Haible. Er weiß genau, wie er mit ihnen sprechen und auf welcher Position er sie einsetzen muss. Es wird sicherlich auch die eine oder andere Überraschung in der Aufstellung geben. Sven Hölle auf seine ruhige und Andre Frick mit seiner emotionalen Art unterstützen die älteren Spieler. Das ist eine gute Mischung.
Eine Mischung, die am Ende zum Klassenverbleib führt?
Wenn jeder Spieler seine fußballerisch normale Leistung bringt und 110 Prozent Einsatz zeigt, dann ja. Wenn wir aber mit einer Einstellung wie beim 0:3 gegen Vollmaringen auftauchen, haben wir keine Chance.
Die Baiersbronner kommen nach dem 3:1-Erfolg im ersten Entscheidungsspiel mit viel Selbstbewusstsein. Viele sehen den A-Ligisten schon in der Bezirksliga. Wie kann man sie dennoch schlagen?
Die Vorzeichen sprechen natürlich für Baiersbronn – sie sind der Favorit. Wir haben uns das Spiel angeschaut und unser Trainer hat sich viele Notizen gemacht. Baiersbronn hat eine sehr gute Offensive mit schnellen Spielern. Diese Erkenntnisse wollen wir umsetzen, damit wir erfolgreich vom Platz gehen.
Was ist Ihr Tipp für die Begegnung?
2:1 für Sulz.
Bonusspiel für den SV Baiersbronn
Hochmotiviert geht Spielertrainer Marvin Lutz mit seinen Baiersbronner in das Fußball-Relegationsspiel gegen den VfR Sulz: „Wir haben eine überragende Runde in der A1 gespielt und wollen dieses Bonusspiel jetzt natürlich unbedingt gewinnen“, sagt er. Mit einem 3:1-Sieg gegen die SG Rohrdorf-Eckenweiler qualifizierte sich das Team für das letzte Entscheidungsspiel gegen den Bezirksligisten. Selbst beobachten konnte Lutz die Sulzer zwar nicht, aber er wird einige Trainerkollegen „ausquetschen“, um Informationen über die
Aufstellung und Formation des Gegners zu bekommen.