Sensibles Kriegsreporter-Porträt, bei dem vor lauter Respekt das Nachhaken vergessen wurde.

War Photographer

Sensibles Kriegsreporter-Porträt, bei dem vor lauter Respekt das Nachhaken vergessen wurde.

24.11.2015

Von che

War Photographer

Nimmt man internationales Renommee zum Maßstab, dann ist James Nachtwey der beste Kriegsfotograf der Gegenwart. Aber was heißt das wirklich: der beste? Nachtwey selbst definiert sein Anliegen so: „Wenn Krieg die Folge eines Zusammenbruchs menschlicher Verständigung ist, dann ist Fotografie als eine Form der Verständigung das Gegenteil von Krieg. Richtig eingesetzt kann sie sogar zum Gegengift werden.?

Der Schweizer Dokumentarfilmer Christian Frei gibt sich in War Photographer redlich Mühe, diese These zu illustrieren. Zwei Jahre lang hat er Nachtwey auf seinen Reisen begleitet nach Kosovo, Palästina und Indonesien. Er sammelte Statements von ihm und seinen Freunden, beobachtete den Amerikaner hautnah bei der Arbeit in Kriegsgebieten und Elendsvierteln und lässt immer wieder seine brillanten und oft erschütternden Fotografien für sich selber sprechen.

Gegen diese präzise Nahaufnahme wäre wenig einzuwenden, wenn Frei sie nicht durchgängig mit gutmenschlichem Pathos überzöge und Nachtwey zum personifizierten Weltgewissen erhöbe. Wo spannende Fragen hochkommen, geht der Regisseur schnell über sie hinweg. Warum wird einer, der den Krieg hasst, immer wieder magisch von ihm angezogen? Wie verhält sich der moralische Anspruch des Journalisten zur unappetitlichen Gier der Medienmaschine auf geile Bilder? Dass Nachtweys erhabene Statements auch der Selbstrechtfertigung dienen könnten, kommt seinem Verehrer nicht in den Sinn.

Und wenn es politisch zu werden droht, verstummt der Film völlig. Dass emotional aufwühlende Bilder die kühle Analyse der Kriegsursachen manchmal geradezu verhindern; dass Fotos, wie kürzlich an einem Beispiel aus dem Bosnienkrieg aufgezeigt, auch unverschämt lügen können, ist ihm keine Silbe wert.