Raubtier

Wölfe im Land: Warten auf das Rudel

Seit mehr als fünf Jahren wandern Wölfe durchs Land. Drei Rüden sind sesshaft geworden. Von einem Weibchen gibt es bislang keine Spur.

05.05.2021

Von Petra Walheim

Der Wolf: Das Raubtier wird vom europäischen Recht streng geschützt. Foto: Swen Pförtner

Der Wolf: Das Raubtier wird vom europäischen Recht streng geschützt. Foto: Swen Pförtner

GW852m hat vor gut drei Jahren auf spektakuläre Weise auf sich aufmerksam gemacht. In der Nacht zum 30. April 2018 ist der männliche Grauwolf bei Bad Wildbad (Kreis Calw) im Nordschwarzwald über eine Schafherde hergefallen und hat mehr als 40 Schafe getötet. Das Raubtier ist im Nordschwarzwald sesshaft geworden – und hat Nachbarn bekommen. Auch im Südschwarzwald residiert ein Wolf, ebenso im Odenwald. Die spannende Frage ist, wann und wo das erste Weibchen auftaucht. „Dass es auch in Baden-Württemberg in Zukunft ein Rudel geben wird, ist sehr wahrscheinlich“, heißt es aus dem Umweltministerium. „Wann es soweit sein wird, können wir auch nicht seriös voraussagen.“

Die blutige Attacke von GW852m im Nordschwarzwald hat unter Schäfern und anderen Nutztierhaltern Ängste beschworen, Bedenken, Beschwerden und Empörung ausgelöst. Die Forderungen gingen weit auseinander bis hin zu dem Vorschlag, der Wolf müsse erschossen werden. Doch der Wolf ist ein nach europäischem Recht streng geschütztes Tier. Deshalb ging die grün-schwarze Landesregierung dazu über, die Nutztierhalter beim Schutz ihrer Tiere zu unterstützen.

Noch im Frühjahr 2018 wurde der Nordschwarzwald als erstes Fördergebiet „Wolfsprävention“ ausgewiesen. Das bedeutet, Schäfer und andere Nutztierhalter bekommen die Kosten für den Kauf von Schutzzäunen, den Mehraufwand an Arbeitszeit sowie den Kauf und Unterhalt von Herdenschutzhunden vom Land erstattet.

Land sagt Unterstützung zu

In den Diskussionen um den Wolf ging es meist hart zur Sache. Inzwischen ist es aber ruhiger geworden. Das Land hat seine volle Unterstützung zugesagt, auch deshalb, weil in vielen Gebieten des Landes die typische Kulturlandschaft mit Wacholderheiden und offenen Flächen nur mit der Schafhaltung zu erhalten ist. Je mehr Schäfer ihren Betrieb aufgeben, umso mehr Flächen wachsen zu, weil die meisten topographisch so ungünstig liegen, dass sie mit Maschinen nicht bewirtschaftet werden können.

Zwei Jahre nach dem Auftritt von GW852m im Nordschwarzwald, ließ sich „Grauwolf1129m“ im Süden des Mittelgebirges nieder, weit genug entfernt vom Revier seines Artgenossen im Norden. Ihm vorausgegangen ist ein Wolf, der seine Wanderung durch den Südschwarzwald nicht überlebt hat. Im Juli 2017 wurde im Schluchsee ein toter Wolf entdeckt. Die Untersuchung ergab, dass er erschossen worden ist. Wer den Schuss abgegeben hat, ist bis heute nicht geklärt. Die Polizei hat die Ermittlungen nach einem Jahr eingestellt.

Neu zugezogen ist GW1832m im Odenwald. Ende Januar dieses Jahres machte er erstmals auf sich aufmerksam. Weil davon ausgegangen wird, dass auch er bleibt, hat die Landesregierung Ende März den Naturraum Odenwald als zweites Fördergebiet Wolfsprävention ausgewiesen. Das Gebiet umfasst 94 Städte und Gemeinden, von Neckargemünd (Rhein-Neckar-Kreis) im Westen bis Boxberg (Main-Tauber-Kreis) im Osten, und von Wertheim (Main-Tauber-Kreis) im Norden bis Neckarsulm (Kreis Heilbronn) im Süden. Das Gebiet ist 2630 Quadratkilometer groß.

Der Odenwald-Wolf ist bisher nicht durch Nutztier-Risse aufgefallen. Er tappte in Fotofallen und konnte über seine Hinterlassenschaften identifiziert werden. Daher wissen die Experten, dass auch er ein Rüde ist.

Warum sich seit Jahren nur männliche Wölfe im Land niederlassen, ist auch für das Umweltministerium ein Rätsel. „Dafür haben wir auch keine Erklärung“, sagt ein Pressesprecher. Doch er ist sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein Weibchen auftaucht und sich mit einem der Rüden verpaart.

Ausbau des Herdenschutzes

Das Land sei auf ein Rudel vorbereitet, sagt der Sprecher. Das Wolfsmanagement im Land werde stetig weiterentwickelt. „Das Monitoring, der Herdenschutz und dessen Förderung, die Beratung und die Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit“ würden weiter ausgebaut. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg biete eine umfassende Herdenschutzberatung an. Außerdem finde „ein intensiver Dialogprozess auf verschiedenen Ebenen statt, um mit allen betroffenen gesellschaftlichen Gruppen in einem konstruktiven Austausch zu bleiben“. Dennoch bleibe die Rückkehr des Wolfes „natürlich ein hochemotionales Thema“, räumt das Umweltministerium ein. Die Aufgabe sei, dieses „im Dialog vor Ort“ zu versachlichen, um Akzeptanz zu werben und weiter daran zu arbeiten, „dass wir zu einem möglichst flächigen Herdenschutz im Schwarzwald kommen“.

Hilfe für Nutztierhalter

Seit vor gut drei Jahren ein Wolf im Nordschwarzwald in eine Schafherde eingebrochen ist und mehr als 40 Schafe getötet hat, ist das Land gefordert. Nach Auskunft des Umweltministeriums hat es bislang für den Herdenschutz (Stand Oktober 2020) 1,3 Millionen Euro ausgegeben. Rund 380 Halter von Nutztieren hatten entsprechende Anträge gestellt.

Zwischen 2017 und April 2021 hat das Land etwas mehr als 12?430 Euro als Entschädigung für getötete Tiere bezahlt. Das Geld stammt aus dem Ausgleichsfonds Wolf, der vom Bund für Umwelt und Naturschutz verwaltet wird. Der Fonds soll vorerst bis Ende 2021 fortgeführt werden. - wal

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Erstellt:
05.05.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 22sec
zuletzt aktualisiert: 05.05.2021, 06:00 Uhr

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