Witwenschicksale in Hindu-Indien: finstere Fabel, leichthändig erzählt.

Water

Witwenschicksale in Hindu-Indien: finstere Fabel, leichthändig erzählt.

24.11.2015

Von che

Water

Zu den irrsinnigsten Auswüchsen der Religion zählt der Umgang mit Witwen im hinduistischen Indien. Altem Geschreibsel gemäß werden sie, wenn nicht zum Selbstmord getrieben, in Häuser gepfercht, wo sie fast rechtlos und bettelarm ihrem Tod entgegenleben. Auch die achtjährige Chuyia, die als Kleinkind zwangsverheiratet wurde, trifft dieses Schicksal. Zwar bringt das lebhafte Mädchen mit kleinen Rebellionen das von verbitterten alten Frauen dominierte Regime der Unterdrückung und Selbstunterdrückung permanent in Verlegenheit ? Aussicht auf Heimkehr besteht indes kaum.

Doch es keimt auch Hoffnung. Neue Freundschaften entstehen, vor allem zu der bildhübschen jungen Kalyani, die mit Liebesdiensten an den Reichen der Umgebung für den täglichen Reis der Frauen sorgt. Ein gebildeter und wohlhabender Märchenprinz taucht auf, der Kalyani gegen Gottes angebliches Gebot heiraten will. Und dann geht die Rede ? wir schreiben das Jahr 1938 ? von einem gewissen Gandhi, der Indien nicht nur in die Unabhängigkeit führen, sondern auch soziale und kulturelle Reformen vorantreiben will. Für die meisten der Gedemütigten in Deepa Mehtas Film ist das freilich ein zu ferner Hoffnungsschweif. Noch heute, erklärt der Abspann, leben Millionen indischer Witwen unter ähnlich bedrückenden Verhältnissen.

Trotz des Zorns auf den Hindu-Fundamentalismus, der die Kanadierin mit indischen Wurzeln motiviert hat, ist „Water? jedoch weder grimmige Sozialreportage noch politisches Pamphlet. Stilistisch ähnelt er mehr einem Bilderbuch mit äußerlich makellosen Helden, märchenhaften Intermezzi und schönen Aufnahmen von den Schokoladenseiten einer indischen Stadt am Ganges. Die Farben sind licht und klar, von weitem grüßt Schmacht-Pracht à la Bollywood. Und mit dem kleinen Wirbelwind Chuyia kommt sogar ein bisschen Komik ins traurige Geschehen.

Gut möglich, dass die Rücksicht auf das nach Zuversicht dürstende westliche Publikum die Regisseurin dazu veranlasst hat. Zumindest unterschwellig dokumentiert der scharfe Kontrast aber auch den Willen, sich die Schönheit des Landes nicht von ewig Verblendeten rauben zu lassen.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 58sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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jeandarc 09.10.200612:00 Uhr

Indien 1938: berührendes Schicksal einer 8jährigen Witwe, traurige Liebesgeschichte zwischen einer zur Prostitution gezwungenen Witwe und einem freidnkendem Inder
bildgewaltig und symbolträchtig erzählt dieser trotzdem sehr ruhige Film über das oft unbekannte Schicksal der indischen Witwen

Rammer 18.09.200612:00 Uhr

Ein großartiger Film mit Tiefgang,
ein Film der mehr als nur 118 Minuten berührt!!! Schade, daß der Film nicht so bekannt ist, wieviele andere schlechte Filme!