Tötungsdelikt

Weit über 100 Personen befragt

Im Fall des getöteten Nordstetters Michael Riecher sammelt die Polizei Spuren und Aussagen. Ein konkreter Tatverdacht besteht jedoch noch nicht.

09.11.2018

Von Manuel Fuchs

Spurensicherungsteams untersuchen die Terrassentüren am Anwesen des Getöteten. Bild: Fuchs

Spurensicherungsteams untersuchen die Terrassentüren am Anwesen des Getöteten. Bild: Fuchs

Die ernüchternde Botschaft dringt durch den Telefonhörer: „Uns liegen keine neuen Erkenntnisse über Täter oder Motiv vor“, erklärt Dieter Popp, Sprecher des Polizeipräsidiums Tuttlingen. Das Zeugenhinweistelefon (erreichbar unter 0741/477108) werde rege genutzt. Vor allem melden sich dort Personen, die angeben, das Opfer näher gekannt zu haben.

In der Nachbarschaft und im persönlichen Umfeld des Opfers hat die Kriminalpolizei bereits weit über 100 Personen befragt und vernommen. Die Befragten haben sich durchweg äußerst kooperativ verhalten, bestätigt Popp. Haben sich aus ihren Antworten und Schilderungen neue Spuren ergeben? „Alles, was wir erfahren, behandeln wir als Spur.“ Zunächst einmal sei jede Information wertvoll. „Was die Ermittlungen weiterbringt, können wir erst beurteilen, wenn wir eine Spur verfolgt haben.“ Genau dies geschehe im Moment unter Hochdruck.

Gerüchte erschweren die Arbeit

Mutmaßungen, dass beispielsweise eine Person oder ein Fahrzeug mit bestimmten Merkmalen in den Fokus der polizeilichen Ermittlungen gerückt seien, dementierte Popp unmissverständlich: „Wer das behauptet, suggeriert etwas, das jeder Grundlage entbehrt. Uns als Polizei wäre es recht, wenn das unterbleiben könnte.“ Solche Gerüchte erschwerten nämlich die Ermittlungen eher, als dass sie ihnen nützten. „Ich sage es gern noch einmal klar und deutlich: Wir haben bislang keine konkreten Tat- oder Täterhinweise.“ Auch sei der bereits kursierende Begriff „Mord“ nach bisherigen Erkenntnissen vollkommen unangebracht: „Wir sprechen nicht ohne Grund von einem Tötungsdelikt.“ Ob das Delikt ein Mord war, eine fahrlässige Tötung, eine Körperverletzung mit Todesfolge oder ein Totschlag, wird erst der Richter befinden. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Auch aus der weiterhin andauernden Spurensicherung in der Wohnung und dem Büro des Getöteten könne man überhaupt nichts ableiten: „Es kommt auf jede Spur an, und sei sie noch so klein; bei der Spurensicherung kann man gar nicht gründlich genug vorgehen“, erklärt Popp. Deshalb lassen sich die Teams Zeit, um ihre Arbeit zu erledigen, gehen dabei vom Gesamtbild ins Detail vor. „Bei einem Objekt dieser Größe kann das durchaus auch einmal eine Woche oder sogar länger dauern. Manchmal muss man wirklich das sprichwörtliche Staubkorn umdrehen.“

Am Morgen des gestrigen Freitag konzentrierten sich die Spurensicherer auf die Terrassentüren des Nordstetter Anwesens. Mit Speziallampen wurden Scheiben, Rahmen, Griffe und Umgebung auf Spuren wie Fingerabdrücke und Trittspuren untersucht, alles fotografiert und katalogisiert. „Das ist noch absolute Basisarbeit“, erklärt Popp. Keinesfalls könne man aus dem Fortgang
der Arbeiten schließen, es gebe eine besonders vielversprechende Spur oder gar mehrere, der die Teams jetzt verstärkt nachgingen.

„Seien Sie sicher: Wenn es neue Erkenntnisse gibt, dann teilen wir die auch zeitnah öffentlich mit – sofern wir den Ermittlungserfolg damit nicht gefährden, natürlich“, verspricht Popp.

Das Bauchgefühl des Profis

Und was für ein Gefühl hat der Tuttlinger Hauptkommissar bei der ganzen Sache: Wird die Polizei den Täter ermitteln können? Popp bejaht die Frage sofort. Beruflicher Zweckoptimismus? „Keineswegs. Ich kenne die Rottweiler Kollegen gut. Wenn die mal an einer Sache dran sind, dann sind
sie sehr gründlich und setzen
alles daran, den Täter dingfest zu machen. “