Rottenburger stimmten über neues Gewerbegebiet ab

Signalwirkung für Horb?

Die Ablehnung des Gewerbegebiets „Herdweg“ in Rottenburg stärkt die Ahldorfer Bürgerinitiative „Hau und Holzwiese“. Für Oberbürgermeister Peter Rosenberger lässt sich das Votum in der Nachbarstadt jedoch nicht auf Horb übertragen.

23.10.2018

Von Maik Wilke

Naherholung und Natur oder Gewerbefläche und Arbeitsplätze? Diese Frage mussten sich am Sonntag die Bürger Rottenburgs bei einem Bürgerentscheid stellen. Auch in Horb und dem möglichen Gewerbegebiet in Ahldorf könnte ein Votum der Bürgerschaft entscheiden. Bild: Kuball

Naherholung und Natur oder Gewerbefläche und Arbeitsplätze? Diese Frage mussten sich am Sonntag die Bürger Rottenburgs bei einem Bürgerentscheid stellen. Auch in Horb und dem möglichen Gewerbegebiet in Ahldorf könnte ein Votum der Bürgerschaft entscheiden. Bild: Kuball

Noch am Wahlabend gratulierte Christina Nuss den Kollegen des Aktionsbündnisses gegen ein Gewerbegebiet „Herdweg“ in Rottenburg per WhatsApp-Nachricht. Auf Facebook postete die Sprecherin der Bürgerinitiative „Hau und Holzwiese“ einen Beitrag, der die Verbundenheit der beiden Initiativen demonstriert. Der #ahldorfistüberall durfte nicht fehlen, schließlich habe sich am Sonntagabend gezeigt: „Ökologie bekommt endlich wieder einen Wert. Die Menschen verstehen, dass der Flächenverbrauch schon hoch genug ist“, sagt Nuss im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE am gestrigen Montag.

Das Votum der Rottenburger Bürger lässt keine Zweifel offen: Ein stadtnahes Gewerbegebiet soll es nicht geben. Knapp 70 Prozent der Wähler stimmten beim Bürgerentscheid zum geplanten Gewerbegebiet „Herdweg“ gegen eben dieses (wir berichteten im Rottenburger Teil). Ein Gemeinderatsbeschluss ist somit gekippt. „Wir haben den Bürgerentscheid natürlich mit Spannung verfolgt und sind mit dem Ergebnis absolut glücklich“, sagt Nuss. Die Ahldorfer BI ist mit dem Aktionsbündnis eng vernetzt, für die Kollegen habe sich Nuss unglaublich gefreut – die Freude ist aber auch nicht ganz uneigennützig: „Das Votum der Rottenburger Bürger könnte richtungsweisend für Horb sein.“

Wie auch in Horb ging es in Rottenburg nicht darum, generell Nein zu Gewerbe zu sagen, erklärt die BI-Sprecherin: „Es klingt immer so, als wären wir gegen Wirtschaft. Das ist aber falsch.“ Die zwei Hauptanliegen seien die stärkere Einbindung der Bürger in politische Entscheidungen und die Reduzierung des Flächenverbrauchs – das verbinde die BI Ahldorf und das Aktionsbündnis in Rottenburg.

Vergleich nicht möglich

Für Oberbürgermeister Peter Rosenberger sind die Situationen in den Nachbarstädten dennoch nicht zu vergleichen. Auch er habe die Abstimmung zum Bürgerentscheid mit Interesse verfolgt, auf Horb werde sich das Ergebnis aber nicht direkt auswirken: Zum einen habe man in Rottenburg deutlich mehr Alternativgebiete, die bei der Stadtverwaltung nun eben in der Prioritätenliste nach oben wandern. „Viel wichtiger ist aber die jüngere Vergangenheit der beiden Städte“, sagt Rosenberger. „In Rottenburg wurde in den vergangenen Jahren expansiv gebaut. Gerade in Ergenzingen sind immense Flächen für Gewerbe entstanden, während in Horb über die letzten zwei Jahrzehnte nahezu Stillstand herrschte.“ Das würden die Horber in ihrer Positionierung berücksichtigen.

Die Nachbarstadt Rottenburg sei bei der Ansiedlung von Unternehmen zudem ein großer Konkurrent, dem man zuletzt vergebens hinterhergehinkt sei. Und dennoch: Erleichterung, dass Rottenburg nicht ein weiteres Gewerbegebiet aufweisen kann, bevor Horb nachzieht, verspüre Rosenberger nicht. Die Region brauche gute Arbeitsplätze: „Lieber nach Rottenburg fahren als in Horb arbeitslos sein“, sagt der OB.

Auf dem Rottenburger Rathaus herrschte direkt nach der Auszählung am Sonntagabend Ernüchterung. OB Stephan Neher kommentierte das Ergebnis nur mit wenigen Worten. Dennoch fürchtet Rosenberger einen Horber Bürgerentscheid und ein mögliches Veto gegen die Pläne seiner eigenen Verwaltung nicht: „Es ist gut, dass das Thema offen diskutiert wird, und ich habe selbst früh gesagt, dass ich mir auch für Horb einen Bürgerentscheid vorstellen könnte.“ Schließlich seien die Konflikte zwischen Arbeitsplätzen und Naturschutz, zwischen höheren Steuereinnahmen und Naherholung keine, die man lösen kann. Man müsse sich eben entscheiden. „Und dann ist es immer gut, wenn die Bürgerschaft das übernimmt.“

Im Horber Gemeinderat zeigt der Widerstand der Bürgerinitiative schon Auswirkungen, und die Unterstützung, die 20 Hektar große Ahldorfer Waldfläche weiter auf „Gewerbetauglichkeit“ zu untersuchen, schwindet. Für einen Bürgerentscheid sieht Christina Nuss sich und ihre Mitstreiter gut aufgestellt. Denn wie es auch in Rottenburg der Fall war, spürt sie in Horb breiten Rückhalt aus allen Ortsteilen: „Die BI besteht ja nicht nur aus Ahldorfern, sondern aus Frauen und Männern aus ganz Horb. Sollte es also zu einem Bürgerentscheid kommen, haben wir überall Multiplikatoren.“

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Erstellt:
23.10.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 52sec
zuletzt aktualisiert: 23.10.2018, 01:00 Uhr

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