Hau und Holzwiese

Wenig Potenzial zur Befriedung

Trotz zahlreicher beantworteter Fragen bleiben die Ahldorfer nach der Sitzung in der Mehrzweckhalle bei ihrer Ablehnung des geplanten Gewerbegebiets im Gewann „Hau und Holzwiese“ unweit ihrer Ortschaft.

20.01.2018

Von Gerd Braun

Da musste Oberbürgermeister Peter Rosenberger kurz an sich halten. Das hatte er so wohl auch noch nicht erlebt. Gerade wollte er, das Mikrophon schon in der Hand, zum Ende der großen öffentlichen Ortschaftsratssitzung in der Ahldorfer Mehrzweckhalle das Wort ergreifen, da erdreistete sich Christina Nuss, pseudo-charmant mit dem Einwurf „jetzt
gilt hier mal ‚Ladies first‘“ eingeleitet, dem Stadtoberhaupt das Wort wieder zu entziehen. Zumindest vorerst.

Für diese Aktion gegen jedes Protokoll nannte die Sprecherin der Ahldorfer Bürgerinitiative (BI) „Hau und Holzwiese“ folgenden Grund. Rosenberger, der schließlich auch als Gast da sei – dies hatte Ortsvorsteher Hartmut Göttler einleitend betont –, könne ja eine Frage stellen. Aber ein Statement der Stadtverwaltung wollte die 56-Jährige in der mit 300 Menschen restlos vollbesetzten Halle keines gehalten wissen.

Rosenberger, kurz verdutzt und sichtlich angesäuert, wahrte die Contenance. Michael Keßler, stellvertretender Ortsvorsteher und anstelle des befangenen Göttler der Sitzungsleiter, erteilte dem Stadtoberhaupt dann offiziell das Wort. Der OB erklärte zunächst, es gehe ihm um flankierende Informationen, einige Antworten auf Fragen, zu denen auch Michael Keßler in der sehr rege genutzten Bürgerfragestunde keine abschließenden Aussagen machen konnte.

Eine Stunde lang

Fragen und Antworten

Fragen gab es genügend. Etwa eine Stunde lang war Michael Keßler gefordert, diese möglichst kompetent zu beantworten. Er hatte an diesem Abend, der zwar nicht durch und durch harmonisch verlief, an dem aber auch keine spürbare Aggression in der Luft lag, wohl den schwersten Job. Und bevor Keßler, der nicht
nur Ahldorfer Ortsvorsteher-Vize, sondern auch CDU-Fraktionsvorsitzender im Horber Gemeinderat ist, mit seinem informativen Referat loslegte, nahm er sich ein paar Minuten Zeit, um auch seine Rolle noch einmal zu erläutern.

Er sei als CDU-Fraktionsvorsitzender in der SÜDWEST PRESSE zitiert worden, und einige seiner Aussagen hätten für Konfusion gesorgt. Er habe da aber für die Fraktion gesprochen, nicht für sich selbst. In der Konsequenz, so erklärte Keßler, werde zu diesem Thema aus der CDU-Fraktion nur noch sein Stellvertreter Stellung beziehen. „Ich selbst bin kritisch gegenüber Flächenverbrauch“, betonte der Ahldorfer öffentlich; sein eigener Standpunkt unterscheide sich da von der Schnittmenge seiner Fraktion.

Michael Keßler erläutert

fünfstufiges Verfahren

Dann leitete Keßler über zur Erläuterung des Verfahrens, nach dem ein Gewerbegebiet umgesetzt wird – angefangen von der Standortsuche als erstem Schritt bis hin zur Vermarktung als fünftem. Dabei ging er auch detailliert auf das Prozedere beim Bebauungs- und Flächennutzungsplan ein. Im Falle des geplanten rund
25 Hektar großen Gebietes zwischen Ahldorf und dem Autobahnzubringer sei man, so Keßler, bei Punkt zwei. Und so schloss er: „Es gibt auch nicht arg viel mehr Informationen.“

Dann begann der Fragenmarathon. Auf knapp 20 Wortmeldungen aus dem Publikum versuchte Michael Keßler, nach bestem Wissen entsprechende Antworten zu geben. Zentrale Fragen: Kann der Gemeinderat die Sache stoppen? Antwort Keßler: Ja, noch mehrfach. Frage: Hat sich der Gemeinderat vorab ein Bild vom Gebiet gemacht? Antwort: Ja, aber nicht mit einem Marsch durch das gesamte Gebiet. Frage: Werden Sie, Michael Keßler, sich in Ihrer Fraktion und den Ausschüssen für den Erhalt des Wald- und Wiesengebietes einsetzen? Antwort: „Ja,
das will ich. Ich kann Ihnen da aber nicht versprechen, wie weit ich da komme.“

Dass der Ortschaftsrat gehört werde, die Entscheidungsgewalt aber beim Gemeinderat liege, war ebenso zu erfahren wie die Zusicherung, dass es aktuell keine konkreten Pläne für eine etwaige Erweiterung des Gebietes über die angedachten rund 25 Hektar hinaus gibt. Und weiter: Das Mittel eines zur Sprache gekommenen Zwangstauschs von Flächen für Eigentümer, die nicht verkaufen wollen, gebe es insofern, als eine sogenannte Umlegung als Verfahren gesetzlich geregelt sei, wie Peter Rosenberger anschließend ausführte – „das ist aber keine Enteignung“.

Eine frühere Einbindung des Nabu forderte Lambert Straub als Vertreter dieser Umweltorganisation ein, unter anderem wurde auch mehr Transparenz bei der Informationspolitik eingefordert. „Das ist für mich nicht State of the Art“, monierte Michael Kaupp, Gründungsmitglied der BI.

Seines Wissens nach nicht, antwortete Michael Keßler auf die Frage, ob das angedachte Gebiet denn schon zu einem früheren Zeitpunkt einmal auf seine Tauglichkeit als Gewerbegebiet geprüft worden sei. Hier hakte die energische Ahldorferin Katrin Biallas ein, und gab darauf ihre Antwort: „Weil es völlig absurd ist. Deshalb wurde das noch nie geprüft. Auf diesen absurden Gedanken ist einfach noch niemand gekommen.“

Symbolischer Handschlag

OB Peter Rosenberger reichte zum Abschluss seiner Ausführungen in der offiziellen Ortschaftsratssitzung nach gut anderthalb Stunden noch symbolisch die Hand. An die Vertreter der BI gerichtet, sagte er: Man solle sich doch einmal treffen , um noch einmal en Detail Fragen zu klären und sich auszutauschen.

Während Rosenberger zum Radiointerview in die Lagergarage der Halle entschwand, hakte abermals Christina Nuss ein – und leitete zu einer rund einstündigen Präsentation der Bürgerinitiative über, in der diese nochmal ihre Pläne und Ziele erläuterte.

„Man muss uns sehen, wir wollen uns zeigen“, kündigte Christina Nuss bereits erste Auftritte während der Fasnet und neue Banner an. Und im März werde es eine „Pfosten-Aktion“ mit Kindern und deren Eltern geben, ließ die BI-Sprecherin schon mal durchblicken.

Ihre leidenschaftliche Rede quittierte der volle Saal mit frenetischem, lang anhaltendem Beifall. „Wir werden uns mit allen möglichen legalen Mitteln dafür einsetzen, dass Hau und Holzwiese in ihrer jetzigen Form erhalten bleiben“, kündigte Christina Nuss unmissverständlich an – und natürlich bekam auch diese Ansage heftigen Szenenapplaus.

Brechend voll war die Ahldorfer Mehrzweckhalle bei der öffentlichen Ortschaftsratssitzung, in der es um Informationen und Fragen zumgeplanten Gewerbegebiet unweit des Horber Stadtteils ging. Selbst die zusätzlich beschafften Stühle reichten nicht, weshalb einige derrund 300 Interessierten die anderthalbstündige Sitzung im Stehen verfolgen mussten. Bilder: Kuball

Brechend voll war die Ahldorfer Mehrzweckhalle bei der öffentlichen Ortschaftsratssitzung, in der es um Informationen und Fragen zum
geplanten Gewerbegebiet unweit des Horber Stadtteils ging. Selbst die zusätzlich beschafften Stühle reichten nicht, weshalb einige der
rund 300 Interessierten die anderthalbstündige Sitzung im Stehen verfolgen mussten. Bilder: Kuball

Stärkte Michael Keßler, der in der Halle den undankbarsten Job hatte und am Ende sichtlich mitgenommen war, den Rücken: OB Peter Rosenberger lieferte noch ein paar Antworten auf offen gebliebene Fragen.

Stärkte Michael Keßler, der in der Halle den undankbarsten Job hatte und am Ende sichtlich mitgenommen war, den Rücken: OB Peter Rosenberger lieferte noch ein paar Antworten auf offen gebliebene Fragen.