Horb · Senioren

„Mitfahrbänkle“ gewünscht?

2000 Horber im Alter ab 60 werden in den kommenden Tagen aufgerufen, an einer Umfrage teilzunehmen. Ideen gibt es für sie en masse. Beim Thema ÖPNV sind andere Kommunen schon weiter.

11.12.2019

Von Benjamin Breitmaier

Noch müssen die Senioren oft laufen, wenn sie von Bildechingen auf den Hohenberg wollen. Ein „Mitfahrbänkle“ könnte hier helfen. Archivbild: Benjamin Breitmaier

Noch müssen die Senioren oft laufen, wenn sie von Bildechingen auf den Hohenberg wollen. Ein „Mitfahrbänkle“ könnte hier helfen. Archivbild: Benjamin Breitmaier

Heute sind es zirka 7000 in Horb und seinen Teilorten. In zehn Jahren werden es deutlich mehr sein: Menschen ab 60 – die „New Ager“, Bürger, die keinen Lebensabend absitzen, sondern mit dem Leben oft erst richtig anfangen, wenn es in den Ruhestand geht.

Damit das überhaupt möglich ist, brauchen sie die richtigen Angebote. Das hat nicht zuletzt der Bürgerbeteiligungsmarathon im Jahr 2017 gezeigt. Es war eines der bestimmenden Themen des Masterplans 2050: „Älter werden in Horb“. In dem 242-seitigen Dokumentations-Monster finden sich die Wünsche und Bedürfnisse der älteren Horber wieder: Treffpunkte, Betreuungsangebote, besserer ÖPNV, neue Wohnformen – so lauten die Notizen in der Ergebnisspalte „Älter werden“.

Aber was wird jetzt aus den Notizen, die ganze Seiten in dem umfangreichen Dokument füllen? Die Stadtverwaltung Horb will es genau wissen. 2000 Briefe werden in den kommenden Tagen bei ausgesuchten Bürgern ab 60 in den Briefkästen landen. Ihr Inhalt: ein Fragebogen. Ihre Absender: Oberbürgermeister Peter Rosenberger und Cornelia Schäfer.

Letztere ist seit diesem Sommer für die Belange älterer Menschen in Horb mitverantwortlich. Sie füllt eine Stelle aus, die bereits bestehende Angebote vernetzen und neue Projekte anschieben soll. Damit wurde einem mehrfach genannten Wunsch aus den Stadtteilkonferenzen entsprochen: einem Ansprechpartner im Horber Rathaus.

„Frau Schäfer leistet hier Pionierarbeit“, erklärt Oberbürgermeister Peter Rosenberger im Pressegespräch. Mit den Daten aus den Fragebögen sollen nicht nur Ideen gesammelt, sondern Klarheit über die Bedürfnisse von älteren Menschen in der Neckarstadt hergestellt werden: „Wir wollen nicht im Trüben fischen“, fasst Rosenberger zusammen.

Jeder Ort hat eigenen Bedarf

Einer der wichtigsten Punkte der Umfrage: Mobilität. Konkret geht es um ein sogenanntes „Mitfahrbänkle“. Das Konzept sieht wie folgt aus: Menschen, die sich auf das Bänkchen setzen, signalisieren, dass sie in die entsprechende Fahrtrichtung „spontan und kostenlos“ mitgenommen werden möchten. Interessierte Fahrer können sich bei der Stadt registrieren lassen und bekommen einen Aufkleber ans Auto. „Würden sie ein solches Mitfahrangebot nutzen?“, heißt es im Fragebogen.

Neu sind solche Ideen nicht. In Bad Liebenzell – ein Beispiel von vielen – fährt seit 2012 ein Bürger-Ruf-Auto mit ehrenamtlichen Fahrern, das derart gut genutzt wird, dass sogar ein Taxi-Unternehmen dagegen klagt. Baiersbronn fährt seit Jahren erfolgreich mit seinem Tourismus-Bus. In der Umfrage heißt es, dass auch das „Mitfahrbänkle“-Konzept bereits in vielen Gemeinden umgesetzt wurde. Allerdings ist die Situation in Horb eine besondere: „Es bringt nichts, einfach ein Bänkle hinzustellen“, sagt Rosenberger. Jeder Teilort hat seine eigenen Bedürfnisse, seine eigenen Anforderungen, auch an den ÖPNV. „Es gibt Teilorte, die besser angebunden sind, es gibt Teilorte, die schlechter angebunden sind.“ Der OB fasst zusammen: „Die Grundidee ist toll, aber es muss auf den individuellen Bedarf zugeschnitten sein. Das Dorf muss sagen: ,Wir wollen das‘.“

Er blickt dabei auch auf Empfingen, wo das Konzept „Einkaufsbänkle“ im Jahr 2017 eingerichtet wurde, um älteren Menschen den Zugang zur Nahversorgung zu erleichtern. Es wollte nie richtig Fahrt aufnehmen.

Andererseits gehen die Vorteile der Idee „Mitfahrbänkle“ über die Lösung eines Mobilitätsproblems hinaus. Fahrer und Mitfahrer kommen sich näher, neue soziale Kontakte werden geknüpft – generationenübergreifend.

Mehrgenerationenhaus

Wichtig sei es Schäfer und Rosenberger zu betonen, dass sie bei der Schaffung von neuen Angeboten keinesfalls Konkurrenz zu bestehenden Projekten aufbauen wollen. Rosenberger: „Wir ersetzen niemanden.“ Ihnen ginge es darum, die erfolgreiche Arbeit von Stadtseniorenrat und anderen Institutionen zu verbinden. Neue Ideen seien dabei höchst willkommen. Beispiel: Senioren backen Plätzchen mit Kindern in Bildechingen (siehe weiterer Bericht auf dieser Seite): „Das war die Idee einer Bürgerin“, erläutert Schäfer. Sie würde sich freuen, wenn auch aus den Antworten auf den Fragebogen weitere Projekte dieser Art entstünden.

Warum also nicht gleich ein Mehrgenerationenhaus? Rosenberger: „Wir wollen zuerst Akteure zusammenbringen und auf diese Art herausfinden, was gewünscht ist. Wenn die dann sagen: ,Wir wollen besondere Wohnräume‘, dann können wir auch ein Mehrgenerationenhaus angehen.“

Die Aufgaben von Cornelia Schäfer gehen derweil weit über die Auswertung des Fragebogens hinaus: Der Sozialleitfaden sei veraltet und müsse dringend erneuert werden, ebenso wie das Prospekt des Stadtseniorenrats, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Erste Projekte aus der Umfrage sollen im Laufe des Jahres 2020 dem Horber Gemeinderat vorgestellt werden. Rosenberger ruft deshalb zu reger Beteiligung an der Umfrage auf: „Gerade für Menschen ab 60 wäre jetzt die beste Zeit, sich zu überlegen, wie sie mit 70 oder 80 Leben wollen.“

Cornelia Schäfer ist seit Sommer 2019 die neue Seniorenbeauftragte der Horber Stadtverwaltung. Bild: Benjamin Breitmaier

Cornelia Schäfer ist seit Sommer 2019 die neue Seniorenbeauftragte der Horber Stadtverwaltung. Bild: Benjamin Breitmaier

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Erstellt:
11.12.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 16sec
zuletzt aktualisiert: 11.12.2019, 01:00 Uhr

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