Das Mittwochs-Interview

„Werde meine Chance im Weltcup kriegen“

Nach ihrer zweiten schweren Verletzung kämpft sich Skispringerin Svenja Würth wieder an den DSV-Kader heran. Das Ziel der 25-Jährigen vom SV Baiersbronn ist ein Comeback im Weltcup diesen Winter – dafür braucht es aber noch Geduld und Beharrlichkeit.

12.12.2018

Von Maik Wilke

In den vergangenen Monaten musste sich Svenja Würth mit Reha-Training zufrieden geben, doch kommende Woche wird die 25-jährige Skispringerin erstmals seit ihrem zweiten Kreuzbandriss wieder bei winterlichen Bedingungen von einer Schanze springen. Archivbild

In den vergangenen Monaten musste sich Svenja Würth mit Reha-Training zufrieden geben, doch kommende Woche wird die 25-jährige Skispringerin erstmals seit ihrem zweiten Kreuzbandriss wieder bei winterlichen Bedingungen von einer Schanze springen. Archivbild

SÜDWEST PRESSE: Frau Würth, nach mehr als 360 Tagen haben Sie sich vergangene Woche wieder von einem Balken abgestoßen. Wie war das Gefühl beim ersten Sprung?

Svenja Würth: Der Sprung an sich war gut, doch er hat mich schon einiges an Überwindung gekostet.

Sie springen also nun mit mehr Angst von den Schanzen?

Definitiv. Zumal es ja mein zweiter Kreuzbandriss war. Und nach einem Jahr Pause geht der Puls doch deutlich höher als sonst. Die Sicherheit und das Vertrauen fehlen halt, aber das kommt von Sprung zu Sprung. Ich muss einfach weiter geduldig bleiben, aber damit habe ich ja schon meine Erfahrungen gemacht.

Sie sind bei Ihrem Comeback in Bad Peterstal von einer K 60-Schanze gesprungen. Bleibt es erst einmal bei diesen kleineren Schanzen?

Erst einmal ja, aber einen genauen Zeitplan gibt es nicht. Ich werde mit meinen Trainern von Einheit zu Einheit schauen, wie sich das Knie verhält, wie es sich wieder an die Belastung gewöhnt. Ich hätte auch in Bad Peterstal gerne mehr als die acht Sprünge gemacht, aber vorerst ist es besser, es nicht zu übertreiben.

Zumal Sie im August noch ein zweites Mal operiert wurden, um Narbengewebe und einen Teil einer Schraube im linken Knie zu entfernen. Wie sehr hat Sie diese zweite OP nochmals zurückgeworfen?

Am Anfang, also kurz nach der Operation, habe ich gedacht, dass ich jetzt wieder komplett bei Null anfangen muss. Ich lief wieder drei Wochen an Krücken und konnte kein Gewicht auf die Hanteln legen – dabei waren die Kraftwerte bis August absolut im grünen Bereich. Doch zum Glück hat sich das schnell gebessert: Das Knie ist jetzt deutlich beweglicher – der Eingriff hat sich im Nachhinein also gelohnt.

Wie hat sich das Springen allgemein, also ungeachtet der Knieverletzung angefühlt?

Besser als erwartet. Zwar verliert man natürlich das Feingefühl, wenn man mehr als ein Jahr lang nicht mehr springt. Aber die meisten Abläufe haben wie automatisiert funktioniert – das hat mich selbst überrascht.

Das heißt, Sie springen auch bald wieder im Weltcup mit?

Das wird wohl noch dauern, die Zeit läuft da auch klar gegen mich. Ich muss Stück für Stück an das Niveau, das ich vor der Verletzung hatte, herankommen. Dafür muss ich wirklich geduldig sein, aber das habe ich in der Vergangenheit gelernt. Wenn es gut läuft, hoffe ich, Mitte Januar wieder im Weltcup springen zu können.

Doch die interne Konkurrenz ist groß: In Lillehammer gab es einen deutschen Doppelsieg, vier Springerinnen landeten unter den Top Ten. Beflügelt Sie diese Situation oder erschwert das die Chancen auf ein Weltcup-Comeback?

Es ist Segen und Fluch zugleich. Natürlich freue ich mich über die Erfolge der Kolleginnen und darüber, dass wir als Team top aufgestellt sind. Aber für mich macht es das auch schwierig, wieder in den Weltcup-Kader zu rutschen, wenn gleich sechs Springerinnen starke Resultate zeigen. Aber dennoch: Ich habe das Vertrauen in mich und auch das Vertrauen des Bundestrainers. Wenn die Technik passt und die Sicherheit zurückkommt, bin ich sicher, dass ich meine Chancen bekommen werde.

Die Kolleginnen haben durch die guten Resultate teils schon die halbe Weltmeisterschafts-Norm erzielt. Gibt es für Sie eine Chance, Ende Februar im österreichischen Seefeld dabei zu sein?

Das wird eine ganz schwierige Aufgabe. Da bleibt auch abzuwarten, wie lange es dauert, wieder das Niveau von vor der Verletzung zu erreichen. Immerhin haben wir durch den Olympiatitel von Katharina Althaus im vergangenen Jahr einen Startplatz mehr – schwierig wird es für mich trotzdem.

Der Weltcup-Kalender mit erstmals 14 Stationen und zehn Springen von der Großschanze wird von vielen gelobt. Eine positive Entwicklung?

Auf jeden Fall. Es hat lange gedauert, bis wir nun endlich auch von der Großschanze springen dürfen. Dabei haben wir Frauen schon oft gezeigt, gerade zuletzt in Lillehammer, dass wir das verdient haben. Und auch die erhöhte Anzahl der Stationen ist positiv, obwohl wir ja immer noch weniger Springen haben als die Männer. Da könnten sogar noch welche dazu kommen – schließlich gibt es gerade zwischen Weihnachten und Mitte Januar eine lange Zeit ohne einen einzigen Wettbewerb.

Für einen Imagefilm der Firma Würth standen Sie zuletzt auch als Schauspielerin vor der Kamera. Wie hat Ihnen diese Erfahrung gefallen?

Das war eine tolle, neue Erfahrung. Ich habe das Drehbuch im voraus zugeschickt bekommen, um mich vorzubereiten – und habe dann deutlich weniger Takes gebraucht, als ich selbst erwartet hatte.

Wie geht es nun für Sie in den kommenden Wochen konkret weiter?

Ich werde noch in dieser Woche nach Eisenerz in Österreich reisen und zum ersten Mal seit der Verletzung auf Schnee springen. Es war gut, bei den ersten Sprüngen noch auf Matten zu landen, weil das Knie aufgrund der Unebenheiten auf Schnee deutlich mehr arbeiten muss. Das wird nun der nächste wichtige Schritt sein, um zu beobachten, wie sich das Knie verhält.

Zur Person:

Svenja Würth ist Skispringerin des SV Baiersbronn. Die 25-jährige Polizeimeisterin wohnt seit dem Winter 2017 in Rosenheim. Beim ersten Damen-Teamspringen der Weltcup-Geschichte in Hinterzarten im Dezember 2017 war Svenja Würth schwer gestürzt, ein Kreuzbandriss verhindert ihre Teilnahme an den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang, für die sie bereits qualifiziert war. Bereits vier Jahre zuvor hatte sich Würth kurz vor Olympia das Kreuzband gerissen.

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Erstellt:
12.12.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 45sec
zuletzt aktualisiert: 12.12.2018, 01:00 Uhr

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