Das Rekordbaby von 1960

Werner Henne kam vor 55 Jahren als 2000. Neugeborenes in Tübingen zur Welt

3000 Babys in einem Jahr – das ist ein beachtlicher Rekord der Tübinger Frauenklinik, der Ende vergangenen Jahres mit Maximilian Lang aufgestellt wurde. Nach unserem Bericht darüber meldete sich ein anderer Rekordhalter: der ehemalige Pfrondorfer Werner Henne. Er kam am 30. Dezember 1960 als 2000. Baby dieses Jahres in der Frauenklinik zur Welt.

09.01.2016

Von SABINE LOHR

„Die Zahl 2000 macht diesen neugeborenen Erdenbürger populär“ – so stand es im TAGBLATT vom 31. Dezember 1960. Das „Rekordbaby“ von damals heißt Werner Henne und liegt nach der Geburt friedlich in den Armen seiner Mutter Anita. Bild: Göhner

„Die Zahl 2000 macht diesen neugeborenen Erdenbürger populär“ – so stand es im TAGBLATT vom 31. Dezember 1960. Das „Rekordbaby“ von damals heißt Werner Henne und liegt nach der Geburt friedlich in den Armen seiner Mutter Anita. Bild: Göhner

Tübingen. „Das alte Jahr hat für den letzten Tag eine freudige Überraschung aufgehoben, die schönste vielleicht, die wir in diesen zwölf Monaten erleben durften“, jubelte das TAGBLATT am Silvestertag 1960, als es den Rekord der Tübinger Frauenklinik vermeldete. Mit Werner Henne wurde einen Tag zuvor das 2000. Baby entbunden – und damit die höchste Geburtenzahl erreicht, die die Klinik jemals hatte. Schreiber und Fotograf eilten hin und besuchten das Kind, dessen Mutter und den jungen Vater, für den es, so stand es dann in der Zeitung, „in doppelter Hinsicht ein froh stimmendes Ereignis war, denn mit der 2000. Entbindung wurde ihm der Stammhalter beschert, worauf ja die Väter in der Regel – es soll auch Ausnahmen geben beim ersten Kind – besonderen Wert legen“.

Der Steckbrief des Babys: „Gewicht 3480 Gramm, Größe 50 cm, im übrigen gesund wie die Mutter.“ Die heißt Anita, war damals 23 Jahre alt und mit dem ein Jahr älteren Zimmermann Kurt Henne verheiratet.

Vor einer Woche nun feierte Werner Henne seinen 55. Geburtstag. Ein gestandener Mann ist er geworden. Steckbrief: Gewicht nicht nachgefragt, Größe 1,78 Meter, gesund, gelernter Zimmermann wie der Vater, inzwischen selbstständig und Vater zweier Söhne und einer Tochter.

Werner Henne wuchs in Pfrondorf auf. Dort besuchte er auch die Grundschule. Kurz nach der Einschulung übernahmen seine Eltern eine „Baubaracke mit Bewirtung“ und machten daraus eine beliebte Gartenwirtschaft – die Waldklause. Die Kinder – nach Werner kamen noch Wolfgang und Birgit dazu – verbrachten dort ihre Sonntage und schafften mit, so gut sie konnten. Mutter Anita versorgte die Gäste, Vater Karl betrieb einen Getränkehandel und sorgte damit auch für den Nachschub. Ein richtiger Familienbetrieb wurde die Kneipe – und blieb es bis zum vergangenen Mai. Nach 47 Jahren gab Anita Henne die Waldklause auf, weil sie es gesundheitlich nicht mehr schafft, sich um die Gäste zu kümmern.

Für Stammhalter Werner war die Waldklause zwar so etwas wie die zweite Heimat, Wirt wollte er aber nicht werden. Nach der Hauptschule, die er in Lustnau besuchte, machte er auf der Wirtschafts-Realschule in Derendingen die Mittlere Reife und lernte dann in Pfrondorf das Zimmerer-Handwerk. Seit vielen Jahren betreibt er zusammen mit seinem Bruder eine eigene Firma für Innenausbau.

Schwerer Unfall mit dem Motorrad

Als er 25 Jahre alt war, fand er in Susanne Lindenmann seine Partnerin fürs Leben. Geheiratet haben sie nie, „das hat sich halt so ergeben“, sagt er und lacht. Drei Kinder bekam das Paar. Zunächst zog die Familie nach Nehren, dann baute Werner Henne das Haus seines Großvaters in Kirchentellinsfurt um, in dem seine Mutter aufgewachsen war. Seit 22 Jahren lebt die Familie nun dort.

Sein Leben sei, sagt er „ganz normal“ und „eigentlich langweilig“. Das stimmt aber nicht, denn Werner Henne hat ein großes Hobby: das Motorradfahren. Mit Freunden hat er viele Bike-Touren unternommen. „Wir haben einen Stadtbus umgebaut – da haben dann acht Motorräder reingepasst.“ Doch die Motorradfahrerei brachte ihn fast in den Rollstuhl. 2006 war er bei Dunkelheit im Schwarzwald unterwegs, als er in einer mit Rollsplitt bestreuten Kurve stürzte. 30 Meter weit flog er und landete dann auf dem Rücken. Beim Aufprall brach er sich fünf Wirbel. Danach gab Henne das Motorradfahren auf. Seither begleitet er seine Freunde auf ihren Touren mit seinem alten Fiat 600 und kocht für sie. „Aber in der Garage stehen immer noch acht Motorräder“, sagt er.

Einen Tag nach seinem Besuch in der Redaktion kommt Henne noch einmal. Diesmal mit einem alten Fotoalbum. Darin: das Original-Bild, das TAGBLATT-Fotograf Alfred Göhner einen Tag nach Hennes Geburt in der Klinik aufgenommen hat. Er hat es der jungen Familie geschickt, „zur Erinnerung an den Besuch der Presse“. Auch die Zeitungsausgabe von damals hat Anita Henne aufgehoben. Und ihr ältester Sohn bekam zum 40. Geburtstag ein weiteres Original geschenkt.

Sechs Jahre später wurde Werner Henne in Pfrondorf eingeschult. Privatbild

Sechs Jahre später wurde Werner Henne in Pfrondorf eingeschult. Privatbild

Werner Henne heute. Bild: Sommer

Werner Henne heute. Bild: Sommer