Schweinepest

Wie groß ist die Gefahr?

Noch gibt es keinen Fall der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland. Horber und der BUND BaWü erklären, wie es dabei bleibt.

15.02.2018

Von Nathanael Häfner

Baden-Württembergs Wildschweine sind nicht akut von der Afrikanischen Schweinepest bedroht.Bild: Marco Schuette/ www.natuerlich-jagd.de

Baden-Württembergs Wildschweine sind nicht akut von der Afrikanischen Schweinepest bedroht.Bild: Marco Schuette/ www.natuerlich-jagd.de

Mit bis zu drei Millionen Euro und einem 12-Punkte-Plan will Landwirtschaftsminister Peter Hauk verhindern, dass die Afrikanische Schweinepest Baden-Württemberg erreicht. Aktuell breitet sich das für Schweine tödliche Virus in Osteuropa aus. Fachleute aus Horb und Umgebung äußern sich nun, wie man der Seuche präventiv entgegentritt. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Baden-Württemberg sieht noch Handlungsbedarf.

Jagd auf Wildschweine

„Die Wildschweinpopulation ist viel zu hoch“, sagt Gerhard Fassnacht aus Altheim, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Freudenstadt. Damit stimmt er mit Minister Hauk überein, der am Freitag seinen Plan gegen die Seuche vorstellte. Das Land will die Jäger unterstützen, etwa mit künstlichen Lichtquellen, die die Jagd auf die nachtaktiven Wildschweine erleichtern. Tote Tiere sollen hygienisch und vorsichtig entsorgt werden, um Ansteckungen zu
verhindern

Außerdem plant das Ministerium für Ländlichem Raum und Verbraucherschutz (MLR), die Schonzeit im März und April auszusetzen. Seit dem 18. April 2015 gelten in Baden-Württemberg neue Jagdzeiten, die insbesondere in den Frühjahrsmonaten vorsehen, Tiere nicht zu jagen.

Der BUND verteidigt die Schonzeit. „Nun wird die Afrikanische Schweinepest vorgeschoben, um die Schonzeit wieder abzuschaffen“, sagt Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg. Dies schade anderen Tieren im Wald, das Jagd- und Wildtiermanagement-Gesetz sei ein großer Erfolg für den Naturschutz.

Landschaftsplanung

Viele Wildschweine ernähren sich von Maisfeldern in Baden-Württemberg, die Maisäcker bieten dazu eine gute Deckung. Dahlbender fordert daher einen Mindestabstand von 20 Metern zwischen Maisfeld und Waldrand, wodurch weniger Wildschweine in die Felder gehen sollen. Damit die Schweinepest nicht ins Ländle
gelangt, müssten Lebensmittel
bei der Einfuhr frühzeitig kontrolliert werden, so der BUND. Das fehle dem Konzept vom Minister Hauk bislang.

Schwachstelle Mensch

Das MLR will umfassend informieren, um menschliche Fehler zu vermeiden, denn: Erreger verbreiten sich leicht über Kleidung wie Stiefel oder Handschuhe, die mit infizierten Tieren Kontakt hatten.

„Nicht das Wildschwein, sondern der Mensch ist wie so oft das Problem“, ergänzt Herbert Ade, Kreisjägermeister. Wildschweine an sich bewegten sich nur in einem Radius weniger Kilometer. Die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest sieht der Horber auch als Armutsproblem an. In Osteuropa sei die Hygiene oft nicht optimal. Kränkelnde Tiere würden in den dortigen Ländern schnell geschlachtet, um das Fleisch noch nutzen zu können. In Salami oder Schinken bleiben ASP-Viren über mehrere Monate noch ansteckend. Wenn Essensreste etwa aus dem Auto leichtfertig ins Grüne geworfen werden, lockt das Wildschweine an, das Virus verbreitet sich.

Die Jäger kommen ihrer Pflicht nach und erlegten mehr Schwarzwild, bekräftigt Ade. Allerdings müssten alle Beteiligten zusammenarbeiten, beispielsweise Landwirte genügend Jagdschneisen anlegen. „Einfach den Schalter umzulegen und 50000 Wildschweine mehr zu erschießen, wird dem komplexen Thema nicht gerecht“, sagt er. Dazu komme das Jagdethos, denn auch Jäger erlegten nicht grundlos und achteten den Tierschutz, etwa für Muttertiere.

Ade warnt vor einer Hysterie, die dazu führe, dass nur die Jagd auf Schwarzwild im Mittelpunkt stehe. Die allererste Maßnahme müssten Informationen sein: für LKW-Berufsfahrer, Urlauber, Touristen und für Jäger nahe der osteuropäischen Länder.

Auch Gerhard Fassnacht hält Vorbeugung für wichtig, denn die Seuche verbreite sich leicht über Essensreste. Den Schwarzwildbestand zu reduzieren bleibt aber wesentlich für ihn, zumal Wildschweine ohnehin oft großen Schaden auf Äckern anrichten. Dass die Seuche nach Deutschland kommt, ist aus seiner Sicht nur eine Frage der Zeit. Eine akute Gefahr für den Landkreis Freudenstadt bestehe jedoch nicht.

Restrisiko

Für Christoph Straub, Landwirt und Schweinehalter auf dem Hohenberg, bleibt immer ein Restrisiko. Das könne aber klein gehalten werden. Um Verschleppung zu vermeiden, tauscht er beispielsweise die Waldkleidung aus, bevor er im Stall weiterarbeitet. Dazu werden Maschinen regelmäßig desinfiziert.

Derlei vorbeugende Maßnahmen müsstem dauerhaft und auch in ruhigen Zeiten beherzigt werden, betont Straub, nicht nur bei Bekanntwerden einer Seuche. „Man muss handeln, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.“

Afrikanische Schweinepest

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine Virusinfektion, die das Erbgut von Schweinen befällt und nur bei ihnen auftritt. Das Virus ist für Menschen ungefährlich. Für Schweine ist das ASP-Virus hochansteckend und meistens tödlich. Es wird zumeist durch Blut und Exkremente übertragen. Der Mensch verbreitet das Virus häufiger als Wildschweine, etwa durch LKW-Transporte und Müll mit Fleischresten. Ein Impfstoff ist noch nicht in Sicht. Derzeit breitet sich die Seuche in Osteuropa aus, konkret im Baltikum, Polen, Moldawien, Rumänien und Tschechien. Im Januar 2018 erkrankten in diesen Gebieten 759 Tiere an der Schweinepest. Bisher ist die Seuche noch nicht in Deutschland aufgetreten. Das ASP-Virus gelangte mutmaßlich 2007 per Schiff aus Afrika in die georgische Hafenstadt Poti. Wildschweine sollen Proviant gefressen haben.

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Erstellt:
15.02.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 20sec
zuletzt aktualisiert: 15.02.2018, 01:00 Uhr

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