Wie knackt man einen Stadtbus?

Feuerwehr Die Horber Gesamtwehr nutzte in Talheim die seltene Gelegenheit, für eine Übung einen Bus zu evakuieren und mit schwerem Werkzeug zu bearbeiten. Möglich machte dies die Spende eines Busunternehmens.

07.07.2018

Von Manuel Fuchs

Ein Auto ist in einen Statdtbus geprallt und hat sich unter seiner Front verkeilt. Beide Fahrer sind schwerverletzt in ihrem Fahrzeug eingeschlossen. Im Bus sitzen etwa 20 weitere Personen, im Auto eine weitere. Zum Glück ist das kein Ernstfall, sondern das Übungsszenario, welchem sich die Horber Gesamtwehr am Donnerstagabend in Talheim mit 30 Einsatzkräften stellte.

Die Kameraden gehen die Operation zügig, aber ohne Hektik an. Wie immer wird zuerst die Einsatzstelle abgesichert, dann eine Schlauchleitung gelegt und unter Druck gesetzt, um den Brandschutz zu gewährleisten. Der Einsatzleiter verschafft sich einen Überblick über die Lage und setzt Prioritäten für die Personenrettung – Bewusstlose haben Vorrang. Ein Team öffnet mit hy draulischen Rettungsgeräten das Auto auf der Fahrerseite und befreit die 80 Kilogramm schwere Puppe, die den schwerverletzten eingeklemmten Fahrer darstellt. Mit einer Schleifkorbtrage wird sie außer aus dem Gefahrenbereich gebracht.

Der Zugang zum Bus ist für die Einsatzkräfte erschwert, da sich seine Türen nicht öffnen lassen. Sie entschließen sich, eine Fensterscheibe einzuschlagen, wobei sie die Businsassen vor Splittern und Scherben schützen müssen. Durch das Fenster werden dann die Insassen gerettet, dargestellt von Statisten der Feuerwehr-Abteilung Talheim.

Busse und Autos unterscheiden sich in ihrer Karosseriestruktur deutlich voneinander. „Deshalb ist es gut und wichtig, dass wir hier einmal am echten Objekt üben können“, erklärt Martin Nester, der die Übung gemeinsam mit Oliver Koschnick vorbereitet hat. Die letzte Übung dieser Art liegt schon 12 Jahre zurück. „Marcus Weiss hat uns den Bus großzügigerweise zur Verfügung gestellt. Es ist zwar ein Stadtbus, aber was die Einsatzkräfte hier lernen, können sie auch bei Reisebussen anwenden.“ Man braucht bei Reisebussen allerdings eine Rettungsplattform, um den Höhenunterschied zu überwinden. „Außerdem hat ein Reisebus breitere Sitze, also einen schmaleren Mittelgang. Deshalb ist für die Rettungskräfte viel weniger Platz, sie müssen oft erst die Sitze herausschneiden.“

Weiss, Geschäftsführer der Weiss Touristik und Verkehrs GmbH & Co. KG, schaut sich das Spektakel natürlich an, will seine Spende aber nicht in den Vordergrund gerückt sehen: „Das Fahrzeug stand lange mit einem Motorschaden bei mir auf dem Hof, und so erfüllt es nochmal einen guten Zweck!“ Er würde zwar im Ernstfall lieber den Bus in eine Position ziehen lassen, aus der man die Insassen durch die Türen retten kann, „aber darum geht es ja heute nicht“.

Martin Nester ergänzt: „Im Ernstfall würde die Leitstelle bei einem Busunfall automatisch weitere Feuerwehr-Abteilungen und Rettungsdienste vermutlich aus dem ganzen Landkreis alarmieren.“ Es sei mit 50 verletzten oder unter Schock stehenden Personen zu rechnen, und für die brauche man in der Anfangsphase 50 Betreuer. Zusätzlich wären beispielsweise Gullys mit Luftkissen abzudichten, damit auslaufende Betriebsmittel nicht in die Umwelt gelangen. Aber der Fokus der heutigen Übung liege nicht darauf.

Als alle Statisten in Sicherheit gebracht und erstversorgt sind, beginnt die Kür: Jetzt darf jeder mit den „großen Dosenöffnern“, der hydraulischen Schere, dem Spreizer und der Säbelsäge, ein Gespür dafür entwickleln, wie ein Bus im Ernstfall zu knacken ist, wie die tragenden Elemente, wie die großen Metallverkleidungen auf das Werkzeug reagieren. Wie immer trainieren alle in der Hoffnung, das Gelernte nie zu brauchen, aber auch in dem Wissen, sich bestmöglich auf den Ernstfall vorbereitet zu haben.

Routiniert und zügig befreien die Einsatzkräfte den eingeklemmten Autofahrer aus seiner gefährlichen Lage. Bild: Fuchs

Routiniert und zügig befreien die Einsatzkräfte den eingeklemmten Autofahrer aus seiner gefährlichen Lage. Bild: Fuchs