Umwelt

Wie sauber ist das Horber Neckarwasser noch?

Eine aktuelle Untersuchung malt die deutsche Gewässerlandschaft in düsteren Farben: „beklagenswerter Zustand“ ist dort zu lesen.

18.05.2018

Von Manuel Fuchs

Momentan lädt das Horber Wetter ohnehin nicht zum Neckarbaden ein. Aber wenn das Thermometer mal wieder ein bisschen höher geklettert ist ? wäre so eine Abkühlung eine gute Idee? Oder sollte man sie sich aus Gesundheitsgründen lieber verkneifen?Bild: Schmidtlein

Momentan lädt das Horber Wetter ohnehin nicht zum Neckarbaden ein. Aber wenn das Thermometer mal wieder ein bisschen höher geklettert ist ? wäre so eine Abkühlung eine gute Idee? Oder sollte man sie sich aus Gesundheitsgründen lieber verkneifen?Bild: Schmidtlein

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) präsentierte gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin seinen aktuellen Gewässerreport. Dessen Grundbotschaft: Deutsche Seen und Flüsse sind hochgradig nitratbelastet, der Artenrückgang dramatisch, und nur noch 8 Prozent der Gewässer erfüllen die Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie.

Dabei seien „die Verschmutzungen weniger offensichtlich als noch vor 40 Jahren, als Schaumberge und angespülte tote Fische an Rhein, Neckar und Co. ein untrügliches Zeichen für kranke Gewässer waren“, steht im Vorwort.

Belastungen und Ursachen

Heute sind die Belastungen unsichtbar, fährt der Report fort, und führt als Beispiele zu viele Nährstoffe, Hormone, Nitrate und Pestizide aus der Landwirtschaft auf, aber auch Schadstoffe aus der Industrie sowie Mikroplastik aus Produkten des täglichen Lebens: Flüssigseifen und Duschgels werden winzige Kunststoffkügelchen als „Peeling“ zugesetzt, die in die Gewässer wandern und nicht abgebaut werden können. Hinzu kommen Begradigungen und Vertiefungen von Flüssen, um die Schifffahrt zu erleichtern, sowie Schadstoffe aus dem Bergbau.

Bis allerspätestens 2027 sollen alle Gewässer in einem „guten Zustand“ sein. Dazu hat sich Deutschland im Jahr 2000 verpflichtet, „wird seiner Verantwortung jedoch nicht gerecht“, wie der BUND-Vorsitzende Huberg Weiger konstatiert.

Blickt man jedoch hinter die plakative und aufrüttelnde Zusammenfassung, mildert sich das Bild vom „besorgniserregenden Zustand“ aller deutschen Gewässer ein wenig ab. Der aktuelle BUND-Gewässerreport zieht jeweils neun positive und negative Beispiel heran, um die Fortschritte beim Umsetzen der Wasserrahmenrichtlinie zu dokumentieren. Von diesen 18 Beispielen stammt jedoch nur ein einziges (ein negatives) aus Baden-Württemberg: die Grundwasserversalzung am Oberrhein, wofür der Report vor allem die Kali-Minen in der Umgebung verantwortlich macht.

Bedeutung für die Region?

Der aktuelle BUND-Report basiert auf Daten, die das Umweltbundesamt im vergangenen Jahr veröffentlicht hat. Sie zeigen, dass vor allem Gewässer in dicht industrialisierten Flächenregionen unter steigenden Belastungen leiden; für den Landkreis Freudenstadt sehen die erfassten Werte deutlich freundlicher aus. Eine ähnliche Beobachtung gilt für den Nitratgehalt des Grundwassers: Die Karte zeigt hier grüne Punkte, was einem Nitratgehalt von weniger als 25 Milligramm pro Liter entspricht.

Die Wasserrahmenrichtlinie „Deutschlandgewässer 2015“ führt den Neckar von seiner Quelle mit zum Knie bei Plochingen noch als „natürlichen Wasserkörper“, ab Plochingen ist er ein „erheblich veränderter Wasserkörper“. Den ökologischen Zustand des Neckars beschreibt das Dokument jedoch durchweg als „unbefriedigend“. Das liest sich auf den ersten Blick wie „so lala“, aber: Sogar der Rhein zwischen Mannheim und Bonn kommt mit der Bewertung „mäßig“ besser weg; schlechter als um den Neckar steht es in Deutschland nach dieser Kartierung nur noch um die Weser und um den Elbezufluss Saale etwa rund um Leuna.

Zurück nach Horb

Aber das ist nur ein ganz grober Maßstab. Was sagen die lokalen Stellen? Die Stadt Horb erklärte auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE, sie unternehme keine permanente Beprobung des Neckars und könne daher keine Auskünfte zur Wasserqualität vor Ort erteilen. Das Landratsamt vielleicht? Auch nicht. Es verwies wiederum ans Regierungspräsidium nach Karlsruhe, wo man bedauerte, keine aktuellen Zahlen zur Gewässergüte in Horb vorlegen zu können. Der schiffbare Abschnitt ab Wendlingen sei im Internet bei der Landesanstalt für Umwelt in Echtzeit
dokumentiert: Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt, pH-Wert, Leitfähigkeit und Trübung. Diese Werte alleine erlaubten allerdings keinen Rückschluss auf die Wassergüte. Wäre jedoch der Neckar bei Horb ein ausgewiesenes Badegewässer, dann müsse der Landkreis in monatlichen Erhebungen die Wassergüte dokumentieren.

Hier beißt sich die Katze also in den Schwanz: Ob man bei Horb im Neckar baden kann, weiß man nicht genau, weil es kein Badegewässer ist. Wie die Bundesrepublik Deutschland mit einem solchen Zirkelschluss die Wasserrahmenrichtlinie je erfüllen will, muss an anderer Stelle geklärt werden.

Bereits 2015 sah das Umweltbundesamt die Mehrzahl der Gewässer in Deutschland im einem mäßigen oder unbefriedigenden Zustand. Neuere Untersuchungen bestätigen das Bild.Grafik: Umweltbundesamt

Bereits 2015 sah das Umweltbundesamt die Mehrzahl der Gewässer in Deutschland im einem mäßigen oder unbefriedigenden Zustand. Neuere Untersuchungen bestätigen das Bild.Grafik: Umweltbundesamt

Hubert Weiger Bild: BUND

Hubert Weiger Bild: BUND

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Erstellt:
18.05.2018, 10:48 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 52sec
zuletzt aktualisiert: 18.05.2018, 10:48 Uhr

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