Horb · Ärgernis

Wiedereröffnung erst 2020

Der Kinderbereich des Neckarbads ist seit April geschlossen, weil die Fliesen sich lösen. Die Schuldfrage ist noch nicht geklärt, der Schaden immens.

15.08.2019

Von Dagmar Stepper

Schwimmmeister Jürgen Bock im leeren Kinderbecken zeigt auf eine der gelösten Fliesen. Eine Sachverständige untersucht gerade, wie es so weit kommen konnte. Der Fall wird sehr wahrscheinlich vor Gericht landen. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Schwimmmeister Jürgen Bock im leeren Kinderbecken zeigt auf eine der gelösten Fliesen. Eine Sachverständige untersucht gerade, wie es so weit kommen konnte. Der Fall wird sehr wahrscheinlich vor Gericht landen. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Tauchende Kinder hoben Ende April im Kinderbereich des Neckarbads einen ungeliebten Schatz: Sie kamen an die Wasseroberfläche mit Fliesen in den Händen, die sich vom Boden gelöst hatten. Schwimmmeister Jürgen Bock war sofort alarmiert: Abgelöste Fliesen bedeuten nichts Gutes: „Stellen Sie sich mal vor, da bleibt ein Kind mit dem Zehen drin hängen und ein Erwachsener tritt drauf. Dann ist der Zeh ab“, sagt der Neckarbad-Mitarbeiter.

Bock regierte schnell: Er schloss den Kinderbereich, ließ das Wasser ab und informierte seine Vorgesetzten. Dass ein Fliesenleger das nicht kurz richten konnte, war klar. Unter den abgelösten Fliesen klaffen zentimetertiefe Hohlräume. Da war offenbar Pfusch am Werk.

Enttäuschte Eltern

Knapp fünf Monate später bietet sich immer noch das gleiche Bild: Der Kinderbereich ist seit Ende April geschlossen, kein Wasser im Becken, keine Handtücher, geschweige denn plantschende Kinder. Stattdessen öde Leere, selbst die abgelösten Fliesen liegen noch am Beckenrand. Enttäuschte Eltern fragen fast täglich nach, wann der Kinderbereich endlich wieder öffnet. „Bei 90 Prozent der Anrufe geht es um eins: Wann öffnet das Kinderbecken wieder?“, berichtet der Schwimmmeister. Die Besucherzahlen sind rückläufig.

Da stellt sich die Frage: Warum tut sich seit Monaten nichts? Die Anfrage der SÜDWEST PRESSE offenbart die Problematik, in der sich die Stadtverwaltung gerade befindet. „Wo genau der Fehler liegt, wissen wir nicht“, sagt Bürgermeister Ralph Zimmermann, „Ob der Handwerker gepfuscht hat, ein falscher Kleber verwendet wurde oder der Beton nicht richtig ausgetrocknet ist – alles ist möglich.“

Fall wird vor Gericht landen

Im Mai hat die Stadt ein Gutachten bei einer Bäder-Expertin in Auftrag gegeben, das Ergebnis liegt noch nicht vor. Bis jetzt sei alles nur Spekulation. Wer schlussendlich die Verantwortung trägt, und gegen wen die Stadt Regressansprüche erheben kann, ist daher noch völlig unklar. Man könne auch nicht mit den Sanierungsarbeiten beginnen. „Damit vernichten wir ja die Beweise“, betont Zimmermann.

Klar ist, dass die Sache vor Gericht landen wird. Das Gutachten liefert die Grundlage, wer die Verantwortung für den Schaden trägt. Dieser ist beträchtlich: Fast 90 Prozent der Fliesen sind betroffen – sowohl im Kinderbecken als auch im Babybereich mit seinen Mosaikfliesen. „Die Fliesen lösen sich großflächig ab“, informiert Fachbereichsleiter Thomas Hellener. Die Schadenssumme ist entsprechend hoch: Hellener taxiert sie im sechsstelligen Bereich. „Wenn der Betrag bei 20 000 Euro liegen würde, hätten wir den Kinderbereich schon lange saniert“, sagt Hellener. Die Sache sei „äußerst unangenehm“, so Hellener weiter. Denn dieses Jahr wird der Kinderbereich auf jeden Fall nicht mehr öffnen, wann der Betrieb 2020 wieder aufgenommen werden kann, ist unsicher. Wenn der Schuldige gerichtlich feststeht, muss dieser auch zahlungsfähig sein. Die Sanierungsarbeiten werden Zeit in Anspruch nehmen: Die zwei Becken müssen abgerissen und neu gebaut werden. Dabei wurde die Kinderlandschaft erst vor zehn Jahren eingeweiht.

Höhere Wassertemperatur

Um den Familien ein wenig entgegenzukommen, wurde die Temperatur im Schwimmerbecken von 28 auf 29 Grad erhöht, das kommt bei den Kindern gut an. Der Eintritt ist allerdings unverändert, sei aber mit 1,80 Euro für Kinder und 3,50 Euro für erwachsene relativ niedrig, sagt Fachbereichsleiter Robert Hermann. Für Eltern mit Babys ein schwacher Trost, denn für sie gibt es im Neckarbad keine Alternative zum Plantschen. Die Kinder haben wenigstens das Nichtschwimmerbecken.

Enttäuscht sind aber nicht nur Familien, sondern auch die Neckarbad-Mitarbeiter, sie bekommen alles hautnah mit. „Auf ein leeres Becken zu schauen, das macht keinen Spaß“, meint Schwimmmeister Bock, der im April den Kinderbereich schließen musste.

Fast 90 Prozent der Fliesen sind betroffen.

Fast 90 Prozent der Fliesen sind betroffen.