Verfilmung des Romans von Evelyn Waugh: Kostüm- und Kulissenfuror überlagert die psychologische Glaubwürdigkeit.

Wiedersehen mit Brideshead

Verfilmung des Romans von Evelyn Waugh: Kostüm- und Kulissenfuror überlagert die psychologische Glaubwürdigkeit.

23.11.2015

Von Dorothee Hermann

Der Luftalarm im Vorspann deutet schon an, was Sergeant Hooper am Ende ausspricht: „Diese Art zu leben, das ist vorbei.? Für seinen Vorgesetzten, Hauptmann Charles Ryder (Matthew Goode), verbindet sich mit dem majestätischen Landsitz Brideshead (Castle Howard in Yorkshire war Vorbild wie Drehort) die entscheidende Zeit seines Lebens.

Im Film jedoch blickt Ryder, Inbegriff des britischen Gentleman, als arrivierter Society-Maler zurück. Seine geradlinige Attraktivität hatte in Oxford das Interesse des exzentrischen Kommilitonen Lord Sebastian Flyte (Ben Whishaw) erregt. Die Kamera schwelgt und inszeniert Sebastians Teddybär, handgenähte Schuhe, Blumenbouquets und Erdbeeren mit Champagner als Insignien einer lustvollen Dekadenz. Ryder brennt darauf, in Brideshead eingeführt zu werden, das Sebastians Mutter, Lady Marchmain (Emma Thompson), in erstickendem Katholizismus beherrscht.

Bald fühlt er sich von Sebastians kühler Schwester Julia (Hayley Atwell) mindestens ebenso angezogen. Sebastian driftet in die Selbstzerstörung, während Charles stets als Profiteur dazustehen scheint ? ganz gleich, was geschieht. Allerdings erreicht die verschwenderische Ausstattung nie die subtile Qualität subjektiver Erinnerung. Vielleicht rührt diese Kulissenhaftigkeit daher, dass die Glanzzeit des britischen Adels inzwischen noch weiter zurückliegt als beim Erscheinen von Evelyn Waughs gleichnamigem Roman 1945. Man sehnt sich nach Robert Altmans ironischem Zugriff aus „Gosford Park".

Wiedersehen mit Brideshead